Mannheim. „Nach Messerstecherei am Mannheimer Wasserturm: Opfer überlebt nur mit Not-OP“ – so titelte der „MM“ vor sieben Monaten. Am Freitag hat vor der Großen Jugendkammer der Prozess begonnen. Den beiden Angeklagten werden versuchter Totschlag beziehungsweise schwere Körperverletzung zur Last gelegt. Sie waren in der folgenschweren Juninacht 19 und 21 Jahre alt.
Beim Auftakt des Verfahrens, das am Mannheimer Landgericht mit acht Sitzungstagen bis 22. Februar terminiert ist, erklärt der Kammervorsitzende Joachim Bock: „Es hat keine Vorgespräche mit dem Ziel einer Verständigung gegeben.“ Die Anklage, die Oberstaatsanwalt Frank Höhn vorträgt, ist kurz und bündig. Nach Ermittlungen der Strafverfolger hat sich am 12. Juni gegen zwei Uhr morgens Folgendes ereignet: Ibrahim Ö. und Sergen T. – beide in Ludwigshafen geboren - waren mit Kumpels unterwegs.
Bei der Begegnung mit einer anderen Freundesgruppe sollen drei Frauen angesprochen worden sein – was zu einer verbalen Auseinandersetzung führte. Laut Anklage hat der damals 19-jährige Ibrahim Ö. einem 22-Jährigen unvermittelt mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Wenig später soll Sergen T. zu seinem silbernen Klappmesser gegriffen und zwei Mal zugestochen haben. Außerdem soll das bereits am Boden liegende Opfer mehrfach getreten worden sein, ehe die jungen Männer flohen.
Hauptschule abgeschlossen, Ausbildung abgebrochen
Der Staatsanwalt geht davon aus, dass bei der gemeinschaftlichen Attacke die Tötung des Streitkontrahenten „billigend in Kauf genommen wurde“. Bei der Körperverletzung komme erschwerend hinzu, dass die zwei Stiche in den Rücken zwischen zwei Rippen im Uni-Klinikum eine Notoperation notwendig machten.
Für Sergen T., der in Untersuchungshaft sitzt, gibt dessen Anwältin eine „pauschale Erklärung“ ab: Ihr Mandant habe zwar das ihm gehörende Messer geführt, aber „die Umstände“ seien anders gewesen, als in der Anklage geschildert. Dazu wolle Sergen T. zu einem späteren Zeitpunkt Angaben machen. Aus dessen handschriftlich verfassten und vorgelesenen Lebenslauf geht hervor, dass der eher zierlich wirkende junge Mann, der bei der Familie in Ludwigshafen lebt, zwar einen Hauptschulabschluss besitzt, aber seine Ausbildung abbrach. Vor seiner Inhaftierung hatte er als angelernte Kraft einen Teilzeitjob mit Nachtdiensten. In der Verhandlung kommt zur Sprache, dass Sergen T. bereits durch einen Diebstahl mit Waffen aufgefallen ist – was mit Sozialstunden geahndet wurde.
Prozess wird im Februar fortgesetzt
Weil Ibrahim Ö. bei dem ihm zur Last gelegten Faustschlag samt Fußtritten erst 19 Jahre alt war, nimmt an der Sitzung ein Vertreter des Jugendamtes der Stadt Kaiserlautern teil – denn dorthin ist die Familie vor einigen Jahre von Ludwigshafen gezogen. Derzeit absolviert der junge Angeklagte eine Ausbildung als Kfz-Mechatroniker. Gefragt nach Hobbys antwortet er: „Mit Freunden am Wochenende etwas unternehmen“ – wie es auch in jener sommerlichen Samstag-Nacht der Fall war. Ibrahim Ö. wie Sergen T. geben an, keinerlei Drogen konsumiert zu haben.
Da zum Prozessauftakt noch keine Zeugen geladen sind, endet der erste Verhandlungstag nach einer guten Stunde. Nächster Termin: 21. Januar 9. Uhr.
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