Landgericht

Prozess wegen versuchten Mords: Fatales Ende einer toxischen Beziehung?

Sie lernen sich im Februar 2023 kennen, wenige Monate später wäre Maria P. fast gestorben. Ihr Freund soll sie mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben. Jetzt steht der Mann in Mannheim vor Gericht

Von 
Stefanie Ball
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Das Landgericht Mannheim: Hier läuft der Prozess gegen einen 38-Jährigen, der seine Freundin mit einem Messer verletzt haben soll. © Bernd Weißbrod/dpa

Mannheim. Nur knapp entgeht Maria D. dem Tod. Beinahe wäre die 46-Jährige Opfer eines Femizids geworden, der Tötung durch ihren Freund. Am helllichten Tag greift Michel R., 38 Jahre alt, mutmaßlich die Frau in einem Café in der Neckarstadt-West an. Mit einem Messer soll er auf sie eingestochen haben, die Klinge ist 20 Zentimeter lang. Maria D. wird schwer verletzt, nur durch eine Not-Operation am Universitätsklinikum kann sie gerettet werden.

Maria D. lernt den Angeklagten in einer Mannheimer Bar kennen

Am Freitagmorgen sitzt die Frau dem mutmaßlichen Täter, ihrem Ex-Liebhaber, im Mannheimer Landgericht gegenüber. Sie tritt als Nebenklägerin in dem Verfahren vor dem Schwurgericht auf. Der 38-Jährige, der sich unter anderem wegen des Verdachts des versuchten Mordes verantworten muss und seit der Tat am 11. Mai vergangenen Jahres in Untersuchungshaft befindet, sitzt zusammengesunken auf seinem Stuhl, neben ihm die Dolmetscherin, Michel R. spricht nur Spanisch. Der gebürtige Kubaner kam nach eigenen Angaben vor sechs Jahren nach Deutschland, seine Mutter und seine Halbschwester leben hier.

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Maria D. stammt aus Rumänien, seit rund zehn Jahren ist sie in Deutschland. Auch sie benötigt eine Dolmetscherin. Sie lernt Michel R., wie sie dem Gericht berichtet, als sie am Nachmittag als Zeugin vernommen wird, im Februar vergangenen Jahres in einer Mannheimer Bar kennen. Maria D. ist verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne, doch ihre Ehe, so sagt sie, sei zu jener Zeit am Ende gewesen.

Michel R. soll seine Freundin misshandelt und geschlagen haben

Mit Michel R. entwickelt sie in den folgenden Monaten eine toxische Beziehung, in deren Verlauf Michel R. die Frau immer wieder bedroht, er werde sie umbringen, einmal schlägt er ihr mit einem Schlüssel ins Gesicht. So zumindest erzählt es Maria D. während ihrer Zeugenvernehmung. Sie habe oft Angst vor Michel R. gehabt, und eben wegen dieser Angst habe sie sich weder getraut, zur Polizei zu gehen, noch, sich von dem Mann zu trennen.

An jenem Vormittag im Mai eskaliert die Situation. Weil jeder die Sprache des anderen nicht spricht, kommunizieren sie über eine Sprach-App auf dem Handy. Michel R. will, dass Maria D. mit ihm nach Hause kommt. Maria D. lehnt ab, Michel R. habe die Nacht zuvor viel Alkohol getrunken, das habe ihr eine Freundin erzählt, und immer, wenn er betrunken gewesen sei, sei er extrem eifersüchtig geworden, er habe sie angeschrien und bedroht.

Opfre schildert den Messerangriff in einem Mannheimer Café

Sie verlässt das Café, will mit ihrem Fahrrad davonfahren, doch Michel R. sei ihr nachgelaufen, habe wieder gesagt: „Komm nach Hause“. Er habe ihr ein Messer am Hosenbund gezeigt, und schon habe er danach gegriffen und auf ihre Hand eingestochen. In Panik sei sie zurück ins Café gelaufen, Michel R. sei ihr gefolgt und habe ihr das Messer mit Wucht in den Bauch gerammt. Sie sei, so erinnere sie sich, durch die Küche des Cafés zunächst in den Hinterhof, dann über einen weiteren Zugang hinaus auf die Straße gelaufen. Ihre Wunde habe stark geblutet, sie habe die Straße überquert, ein Büro der GBG betreten und der Angestellten gesagt: „Rufen Sie bitte die Polizei“.

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Michel R. gibt die Verfolgung auf, als er erkennt, dass Passanten Maria D. helfen. Das Messer, so berichtet es eine Polizeibeamtin, habe er über einen Zaun in eine Hofeinfahrt geworfen. Kurz darauf stellt er sich auf der Polizeiwache in der Neckarstadt-West selbst. Blutüberströmt, so schildert es ein Polizist dem Gericht, habe der Mann im Wachraum gesessen. Durch die Messerstecherei habe er sich eine schwere Verletzung an der Hand zugezogen.

Maria D. leidet bis heute

Ein Alptraum - und für Maria D. ist er noch nicht zu Ende. Wie sie dem Gericht berichtet, leidet sie seit der Tat unter Angstzuständen und Schlafstörungen, lange konnte sie nicht arbeiten, inzwischen ist sie in einem Altenheim tätig.

Der Verteidiger von Michel R., Ekkart Hinney, fragt Maria D., ob sie bereit wäre, sich eine Entschuldigung seines Mandaten anzuhören. „Es ist zu spät“, entgegnet die Frau, „er kann nichts mehr tun, er hat sich schon früher immer entschuldigt und dann trotzdem weitergemacht.“

Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

Freie Autorin

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