Mannheim. Der prominenteste Radtour-Teilnehmer trifft als letzter am Neckarplatt ein. Er bittet, die rund 15-minütige Verspätung zu entschuldigen. Ein vorheriger Termin am Mannheimer Hafen habe sich verzögert. Dann herzt er seine Staatssekretärin und Grünen-Parteifreundin Elke Zimmer. Der Verkehrsminister raunt ihr zu: „Grad so gschafft.“ Seinen Helm hat Winfried Hermann aus Stuttgart mitgebracht. Er steigt auf eines der an der Auffahrt zur Feudenheimer Schleuse stehenden Leihräder. Es kann losgehen.
An der ersten Kreuzung zeigt ein Ortskundiger, dessen Fahrradhelm in der Mitte in den Stadtfarben blau, weiß, rot markiert ist, nach rechts. „Hier zweigt der Radschnellweg Mannheim-Heidelberg ab“, informiert Christian Specht seine auswärtigen Gäste. Dann fährt der illustre Tross geradeaus weiter Richtung Norden. An diesem sonnigen Freitagnachmittag wird ein anderer Radschnellweg offiziell eingeweiht: der nach Viernheim und Weinheim. Eines sehr fernen Tages soll er sogar bis nach Darmstadt führen. Aber immerhin sind auf Mannheimer Gemarkung jetzt bereits rund 75 Prozent fertiggestellt, nur das letzte Teilstück fehlt noch.
Nicht fest im Sattel: Christian Specht muss kurz stoppen
Bei der Tour radelt Hermann neben Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell, Specht zunächst neben Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder. Auch aus Gemeinderat, Bezirksbeiräten und Verwaltung sind einige gekommen, so der Bundesgartenschau- und jetzige Stadtpark-Chef Michael Schnellbach. Als Erstes geht es in sein früheres Terrain, durch die Feudenheimer Au auf Spinelli. In der Frischluftschneise weht ein leichter Wind, der die 28 Grad deutlich angenehmer macht.
Kurz nach der früheren Panzerwaschanlage muss plötzlich das Stadtoberhaupt abrupt anhalten. Sein Sattel hat sich gelockert und nach hinten gedreht. Auf den verwunderten Einwand des „MM“, eigentlich sitze der Christdemokrat mit der bürgerlich-konservativen Mehrheit seit der Kommunalwahl vor einem Jahr doch fest im Sattel, verweist Specht auf die Finanznöte der Stadt. Um mit gutem Beispiel voranzugehen, habe er aus deren Beständen eines der ältesten Fahrräder genommen. Schnellbach und Verkehrsbürgermeister Ralf Eisenhauer bieten Hilfe beziehungsweise einen Radtausch an, aber Specht hat das Problem schnell behoben.
Dann biegt der Tross links ab in die Völklinger Straße. Einige spekulieren freudig auf einen Zwischenstopp an einer Eisdiele. Doch hier hat nur irgendwer aus der Spitzengruppe kurz zum Grüßen gebremst. Dann geht es weiter über die B38-Unterführung durch Käfertal, vorbei am OEG-Bahnhof, über den neuen Radweg an der Birkenauer Straße bis zum Alten Kino auf Franklin, wo jetzt ja das Nationaltheater gastiert. Am Platz der Freundschaft warten weitere Prominente aus Politik und Verwaltung im Schatten bei kalten Getränken. Einige äußern bestimmt aufrichtiges Bedauern, wie gerne sie die Radtour mitgemacht hätten. Leider sei das ihnen allein aus zeitlichen oder logistischen Gründen nicht möglich gewesen.
Laut Google-Maps werden für die 4,1 Kilometer lange Strecke 16 Minuten benötigt, der Tross mit Hermann und Specht brauchte mehr als 20. Aber beide zeigen sich danach in ihren Reden ganz begeistert.
Mannheim ein Vorbild? „Das denken die meisten nicht.“
Der Oberbürgermeister schwärmt, dieser stark frequentierte Radweg schaffe eine höhere Lebensqualität. „Man kann auch mal überholen, man kann auch mal nebeneinander fahren, und man muss keine Panik kriegen, wenn einem mal ein Lastenrad entgegenkommt.“ Das letzte Teilstück Richtung Viernheim im Mannheimer Stadtgebiet sei bereits in planerischer Vorbereitung. Nun sieht Specht die anderen Kommunen auf der Strecke am Zug.
Ins selbe Horn stößt Hermann. Die mehr als fünf Kilometer in Mannheim seien der neue Standard. Jetzt müssten andere ran, „damit es passt“, schickt der baden-württembergische Verkehrsminister schöne Grüße nach Hessen. Er kämpfe schon so viele Jahre für Radschnellwege und wisse, welche Widerstände und Konflikte es da immer gebe, „auch mit Besserwissern“.
Mannheim spricht der Minister seinen „herzlichen Glückwunsch“ dazu aus, was mit diesem bereits fertigen Stück gelungen sei. Überhaupt habe er bei seinen häufigen Besuchen in dieser Stadt immer den Eindruck, dass hier etwas vorangehe. Das würde er sich auch mal in Stuttgart wünschen, scherzt Hermann unter allgemeiner Heiterkeit.
Ein leichtes Raunen löst er dagegen mit einer Bemerkung über den Ruf dieser Stadt im Lande aus: „In Baden-Württemberg denken die meisten nicht, dass Mannheim ein Vorbild sein könnte.“ Doch in der Verkehrspolitik und in den weiteren Bemühungen als Klimamodellstadt sei es das durchaus.
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