Mannheim. Es klingt märchenhaft oder wie eine Geschichte aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten – aber es wird wahr, mitten in Mannheim: Marcus Walker, als Heimkind aufgewachsen, verwandelt sich zum Prinzen. Am Samstag, beim „Weißen Ball“ im Rosengarten, inthronisiert der Feuerio den 31-jährigen selbstständigen Glas- und Gebäudereiniger aus Neckarau zum Prinz „Marcus I. von Blitz und Blank“. Gestern Abend wurde er offiziell vorgestellt.
„Meine Mutter und mein Vater waren zu jung, als ich auf die Welt kam“, begründet Marcus Walker offen, warum er einige Jahre in einem Kinderheim aufwuchs. Umso mehr habe er den Wunsch gehabt, so bald als möglich das Leben in die eigene Hand zu nehmen – das soll jetzt gekrönt werden, indem er zum närrischen Regenten aufsteigt.
Initiative beim Stadtfest
Im Alter von zehn Jahren kommt Marcus Walker aus dem Heim nach Mannheim, wo der Vater lebt. Nach dem Hauptschulabschluss macht er eine Lehre als Glas- und Gebäudereiniger. Noch während der Lehre, mit 15 Jahren, zieht er zu Hause aus und ins Jugendwohnheim des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend in C 2. Um das Geld für die Miete zu verdienen, arbeitet er parallel zur Lehre noch abends.
„Im Stillen“, so sagt er, hat er sich dadurch einen Kundenstamm aufgebaut. Gleich nach der Lehre und dem 18. Geburtstag macht er sich selbstständig. Glas- und Gebäudereinigung, Hausmeisterdienste, Winterdienst sowie Gartenarbeiten bietet er ebenso an wie Innenausbau. Auch wenn inzwischen knapp 20 Mitarbeiter ganz oder in Teilzeit für ihn tätig sind, greift er oft und gerne noch selbst zu Schaufel und Besen, Putzlappen und Mopp. „Ich liebe es einfach, wenn ich etwas mit den Händen tun und bewegen, dann das Endresultat sehen kann“, sagt er, „ich bin jetzt nicht so der Schreibtischmensch“, gesteht er. Auch mit Fasnacht hatte er bislang „nicht so viel zu tun“, räumt Marcus Walker ein. „Eigentlich feiere ich gerne, aber in den vergangenen Jahren hab ich nur gearbeitet.“ Seit vier Jahren nehmen ihn jedoch Freunde zum „Weißen Ball“ mit, wo er die Inthronisation des Stadtprinzen erlebt. „Das hat mir imponiert, das hat mir gefallen. Und dann stand für mich irgendwann fest: Das will ich auch machen“, so Walker.
Eine Weile habe er „schon hin- und herüberlegt“, doch beim Stadtfest Ende Mai ergreift er die Initiative, erkundigt sich beim Feuerio-Stand „nach dem Klääne“, wie er sagt. Er meint damit Ex-Prinz und Feuerio-Elferrat Oliver Althausen: „Ich habe gehört, den muss man kennen, wenn man Prinz werden will!“ Da er Althausen nicht gleich findet, fragt er nach „dem Chef“, wird zu Feuerio-Präsident Bodo Tschierschke geschickt und verabredet sich mit ihm für den folgenden Tag. „Dann habe ich ihm gleich zugesagt“, so Walker. Althausen und Ex-Prinz Steffen Baumann führen ihn nun für den Feuerio als „Prinzenväter“ in die närrische Welt ein.
Warum er Prinz werden will? „Weil es gut für mich ist“, lautet seine spontane erste Antwort. Er wolle so „natürlich mein Unternehmen voranbringen, neue Leute, neue Dinge kennenlernen“, so Walker.
Unverkennbar schwingt da aber auch der Stolz mit, dass der von Freunden als bodenständig, sehr gutmütig und mitmenschlich wie auch zupackend charakterisierte Unternehmer zeigen will, dass er es trotz schwieriger Startbedingungen jetzt geschafft hat, in der Mannheimer Stadtgesellschaft angekommen zu sein.
„Und ich will die Chance nutzen, etwas zu bewegen – denn ich habe gesehen, dass das als Prinz geht“, sagt er. Dabei hat er Heimkinder im Blick, wie er es selbst war. „Mir war verwehrt, Fußball zu spielen, weil mein Bruder es schon gemacht hat und die Erzieher wollten, dass ich etwas anderes mache“, erzählt Walker. Doch der VfR, für den er sich schon lange engagiert, plane bei seinen neuen Kunstrasenplätzen den Bau eines Kinder- und Jugendsportzentrums mit Duschen und Umkleiden. Da wolle der Verein auch für Heimkinder ein Sportangebot machen. Dafür will der 31-Jährige als Prinz werben, Spenden sammeln.
Marcus Walker
- Marcus Walker ist am 28. August 1986 in Albstadt-Ebingen (Zollernalbkreis) geboren, wuchs dort zeitweise in einem Kinderheim auf. Er ist 1,84 Meter groß, hat braune Augen und ist ledig. Er wohnt in Neckarau.
- Nach Mannheim kam er mit zehn Jahren, erst Waldhof, dann Rheinau. Nach dem Hauptschulabschluss an der Pfingstbergschule lernte er Glas- und Gebäudereiniger. Mit 18 Jahren machte er sich selbstständig.
- Er mag Fußball, ist Mitglied im Marketingkreis vom VfR Mannheim, hilft dort bei der Organisation von Veranstaltungen. Vier Jahre machte er Capoeira, manchmal spielt er Schach.
- Walker mag Spaghetti Bolognese, trinkt gerne Wodka Red Bull.
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