Mannheim. Nazis satirisch den nackten Hintern zeigen? Das klang zunächst nach einer guten Idee beim großen Fasnachtszug Mannheim/Ludwigshafen. Am 2. März zieht er nach sechs Jahren Pause wieder durch die Quadrate. Aufgewertet werden sollte er durch einen Motivwagen vom Kölner Rosenmontagszug. Doch diese Idee ist nun aus juristischen Gründen gescheitert.
Veranstalter des Fasnachtszugs ist erstmals nicht mehr die Karnevalskommission als Dachorganisation der Vereine. Sie hatte 2023 erklärt, dass das ehrenamtlich nicht mehr zu leisten ist. Den Auftrag erhielt daher eine städtische Tochtergesellschaft - wie in Ludwigshafen. Die Organisation läuft nun über die Veranstaltungen Tourismus – Marketing GmbH (VTM). Die nahm schon vor Monaten Kontakt mit dem Festkomitee des Kölner Rosenmontagszugs auf und fragte, ob sie vielleicht einen Motivwagen aus dem Vorjahr für Mannheim ausleihen könnten, um den hiesigen Umzug abwechslungsreicher zu gestalten.
Entblößter Hintern und ausgestreckte Arme
Marc Michelske, Prinz im Kölner Dreigestirn 2019 und seit 2024 der Zugleiter des Kölner Rosenmontagszuges, sagte gerne zu. Und er entschied sich, einen ganz bestimmten Wagen nach Mannheim zu schicken. Auf dem Persiflagewagen reckt eine Figur ihren blanken Hintern vielen – wie beim Hitlergruß – ausgestreckten Armen entgegen. Auf einem dieser Arme befindet sich der nach oben gerichtete Pfeil aus dem Logo der AfD, aber nicht deren Schriftzug. Bei der Figur handelt es sich um eine Art historisch-kölsches Original („Kallendresser“), das seine Notdurft in der Regenrinne erledigt. Das Männchen solle „symbolisch, stellvertretend für alle Karnevalisten, auf die Rechtspopulisten in unserem Land quasi sein Geschäft“ verrichten, erklärten die Kölner Karnevalisten den Wagen, ehe er 2024 durch die Domstadt fuhr.
Das Besondere an dem Wagen ist, dass er – sonst absolut unüblich – schon vor dem Rosenmontagszug gezeigt wurde, nämlich bereits im Januar 2024 bei einer Demo „Gemeinsam gegen rechts!“ Damit war er aber auch ein politisches Symbol.
Ein Schwertransport brachte den Wagen nach Mannheim, wofür eigens Teile abmontiert werden mussten. Dennoch kam er beschädigt an. Repariert wird er aber nicht. Die Geschäftsführung der VTM entschied „in Absprache mit der Stadt“, so ein Sprecher des Oberbürgermeisters auf Anfrage, darauf zu verzichten - nach einer rechtlichen Prüfung.
„Das ergibt sich aus der gesteigerten politischen Neutralität, die vor Wahlen für Organe, Amtsträger und Beschäftigte von Städten und Gemeinden gilt“, so der Sprecher. In Köln veranstaltet ein Tochterunternehmen des Festkomitees Kölner Karneval den Rosenmontagszug, in Mannheim jetzt eine 100-prozentige städtische Tochtergesellschaft. Die unterliegt nicht nur normalen, sondern vor Wahlen noch strengeren Neutralitätsregeln: „Die Nutzung eines Persiflagewagens mit parteipolitischem Inhalt durch die städtische Tochtergesellschaft und eine vorangehende Diskussion könnte eine neutralitätsrechtlich relevante Wirkung bereits in der Vorwahlzeit entfalten“, erklärt der Sprecher.
Das gelte freilich nur für die städtische Gesellschaft. Vereine könnten „selbstverständlich weiter Persiflagen auf politische oder gesellschaftliche Entwicklungen zeigen“.
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