Fünfte Folge

Podcast "Migrationsstadt Mannheim" analysiert umstrittenen Polizeieinsatz

Etwa zwei Wochen nach den Ausschreitungen auf der Schönau: Eine Demonstration am Pfingstsamstag 1992 in der Mannheimer Innenstadt will sich mit den Geflüchteten in der Gendarmeriekaserne solidarisieren. Sie eskaliert

Von 
Joschka Moravek
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Eine Demonstration am Pfingstsamstag 1992 in der Mannheimer Innenstadt eskalierte. © RNF GmbH

Mannheim. Mannheim ist nach den rassistischen Ausschreitungen auf der Schönau 1992 rund um die Asylunterkunft in der Lilienthalstraße in Aufruhr. In den Tagen nach Christi Himmelfahrt protestieren immer wieder Menschen gegen oder für die Bewohner der ehemaligen Gendarmeriekaserne. Für Pfingstsamstag ist eine Demonstration in der Innenstadt angekündigt. Die Teilnehmenden wollen Solidarität mit den Asylsuchenden bekunden. Vor Ort ist damals auch Thomas Reutter, der davon in der aktuellen Folge des Podcasts „Migrationsstadt Mannheim“ berichtet. Darin werden die damaligen Ereignisse rund um die rassistischen Ausschreitungen auf der Schönau eingeordnet.

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Besonders der Polizeieinsatz bei der Demonstration am Pfingstsamstag ist umstritten. Hunderte Beamtinnen und Beamte sind damals im Einsatz. Die Demonstration wurde im Vorfeld von der Stadt aus Sicherheitsgründen verboten. Die Polizei kontrolliert die Zufahrtsstraßen nach Mannheim und beschlagnahmt verschiedene Waffen.

Die Ereignisse bei der Demonstration an Pfingstsamstag 1992 haben ihn dazu bewogen, Journalist zu werden. Thomas Reutter wurde damals verletzt. © SWR

Geschockt von Demo-Auflösung

Auf dem Paradeplatz versammeln sich am frühen Abend die Demonstrierenden, teilweise vermummt. Zunächst bleibt alles friedlich. Weil die Versammlung verboten wurde, ordnet die Polizei an, dass die Menge sich innerhalb von fünf Minuten auflösen soll. Weil sich die Menge nicht schnell genug zerstreut, ordnet der zuständige Polizist den Zugriff an. „Ich habe mir angeschaut, wie die Polizei vorgegangen ist und wie sich die Demonstrierenden verhalten haben und war geschockt“, erzählt Thomas Reutter.

Kulturwissenschaftler analysiert

In der Folge kommt auch der Kulturwissenschaftler Matthias Möller zu Wort. Er hat eine Diplomarbeit über die Ausschreitungen auf der Schönau 1992 geschrieben. Im Podcast ordnet er die damaligen Ereignisse ein und bewertet das Verhalten von Stadt, Polizei und lokalen Medien.

Ordnet im Podcast die Rolle von Stadt, Polizei und Medien ein: Kulturwissenschaftler Matthias Möller. © Finn Hagen

Die Demonstration in der Mannheimer Innenstadt am 6. Juni 1992 eskaliert. Es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. Das Rhein-Neckar-Fernsehen filmt damals und spricht in einem Beitrag von „Straßenschlachtcharakter“. Ausschnitte der Aufnahmen sind auch im Podcast zu hören. Thomas Reutter wird bei der Demonstration verletzt. Was er dort gesehen und erlebt hat, bringt ihn dazu, Journalist zu werden. Heute arbeitet er beim SWR. Nie wieder habe er solche Schmerzen gespürt, erzählt er in der aktuellen Podcastfolge.

Die Folgen von "Migrationsstadt Mannheim"

Folge 1 „Schicksal“ ab 19. Januar: Merve Uslu ist in Mannheim geboren und aufgewachsen. Lange hat sie ihre türkische Biografie verdrängt. Doch am Ende ihres Bachelorstudiums fliegt sie in den Süden der Türkei. Dorthin, wo ihre Großväter aufgewachsen sind. Sie fragt nach, warum sie damals nach Deutschland ausgewandert, aber ihre Brüder zurückgeblieben sind.

Folge 2 „Friss oder stirb“ ab 26. Januar: Giuseppe Londero kam in den 1950er-Jahren mit seinen Eltern aus Italien nach Deutschland. Als Kind musste er sich in einem fremden Land zurechtfinden. Im Podcast erzählt er davon, wie er Liebesbriefe für Gastarbeiter schrieb und wie ein spontaner Urlaub fast seine Zukunft kaputt gemacht hätte.

Folge 3 „Die Unmündigen“ ab 2. Februar: In den 90er-Jahren wachsen in Deutschland viele Nachkommen von Gastarbeitern auf. Sie sind hier zur Schule gegangen, aber ohne deutschen Pass sind sie politisch benachteiligt. Also schließen sich in Mannheim, im Jugendkulturzentrum Forum, junge Migranten zusammen, um etwas dagegen zu unternehmen.

Folge 4 „Vergessen“ ab 9. Februar: Safet Zivkovic floh vor den Jugoslawienkriegen nach Deutschland. Mit seiner Familie wurde er in einer Asylunterkunft auf der Schönau untergebracht. Dort will an Christi Himmelfahrt 1992 eine aufgebrachte Menge die ehemalige Gendarmeriekaserne stürmen.

Folge 5 „Erinnern“ ab 16. Februar: Nach den Ereignissen auf der Schönau ist Mannheim in Aufruhr. Am Pfingstsamstag 1992 eskaliert eine Demonstration in der Mannheimer Innenstadt. Es kommt zu Straßenschlachten zwischen Demonstrierenden und der Polizei. Thomas Reutter war damals vor Ort und wurde sogar selbst verletzt.

Folge 6 „Gast auf unbestimmte Zeit“ ab 23. Februar: Ein Jahr ist vergangen, seit Russland die Ukraine angegriffen hat. Vor dem Krieg sind mittlerweile mehr als 16 Millionen Menschen geflohen. Einige davon auch nach Mannheim. Sängerin Yaroslava Yurchenko erzählt, wie es sich anfühlt, nach ihrer Flucht aus Kiew komplett bei Null anfangen zu müssen.

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