Wenn Liam Gutknecht der Corona-Krise etwas Positives abgewinnen soll, dann ist es die Zeit mit seiner Familie. „Dafür bin ich letzten Endes dankbar. In den letzten Jahren habe ich selten so viel Zeit mit der Familie verbracht, und ich habe den einen oder anderen sogar ein bisschen besser kennengelernt“, sagt der 18-Jährige in einer neuen Folge des Podcasts „Leben in Zeiten von Corona“. In dem Spezial, das bis zu den Sommerferien Ende Juli läuft, haben Mannheimer Schülerinnen und Schüler das Wort.
Gutknecht geht auf das Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium und macht kommendes Jahr Abitur. Seine Freunde habe er – trotz Familie – vermisst. Zwar seien digitale Treffen möglich gewesen. „Aber spätestens beim zweiten Shutdown hat sich der Kontakt zu vielen verlaufen. Man hatte einfach keine Motivation mehr zu schreiben. Zum einen, weil man wusste, dass man sich ohnehin nicht richtig sehen kann, zum anderen, weil man keine Gesprächsthemen mehr hatte. Zum vierten Mal zu erzählen, dass man heute auf der Couch gesessen hat, wird irgendwann auch uninteressant.“
Paul Dunder geht wie Gutknecht auf das Bach-Gymnasium. Er ist 16 Jahre alt und erzählt, dass ihm der Lockdown nicht so viel ausgemacht habe, er verstehe sich gut mit seinen Eltern. „Aber es sind auf jeden Fall Kinder und Jugendliche auf der Strecke geblieben, sozial wie schulisch, eben weil die Bedingungen zu Hause andere waren.“
„Hey, ich bin Mensch“
Die Erleichterung sei deshalb groß gewesen, als im Februar zumindest für die Abschlussklassen die Schulen wieder geöffnet wurden. „Das war der erste Moment, in dem ich wieder Leute gesehen habe, und ich habe mir gedacht: Hey, ich bin Mensch, ich brauche soziale Kontakte“, sagt Gutknecht. Zugleich betont er, dass es ihm und anderen nicht darum gegangen sei, endlich wieder Party zu machen. Vielmehr hätten sich viele Kinder und Jugendliche in den Wochen des Lockdowns isoliert und einsam gefühlt. „Das ging auf die Psyche.“ Darüber zu sprechen, sei jedoch nicht einfach gewesen. „Man wusste ja, da liegen Corona-Patienten auf den Intensivstationen, die sterben. Man wusste, es gibt Menschen, die sind gerade viel, viel schlimmer dran als ich. Aber trotzdem muss ich ja das Recht haben zu sagen, dass es mir schlecht geht“, sagt Gutknecht.
So ist auch für Dunder eine Erkenntnis der Krise, wie wichtig es ist, gute Freunde zu haben. „Teilweise rückt das schon wieder in den Hintergrund, weil wir uns jeden Tag sehen. Dann ist es eine Selbstverständlichkeit, aber das ist es eben nicht.“
Der Schüler-Spezial-Podcast läuft bis zu den Sommerferien Ende Juli immer freitags. Wie habt ihr, die Kinder, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, die Corona-Krise erlebt? Schickt dem „Mannheimer Morgen“ Texte, Bilder, Gedanken, Forderungen an Politik und Gesellschaft! Wir sammeln und berichten. E-Mail an lokal@mamo.de oder per Post an die Lokalredaktion, Dudenstraße 12-26, 68167 Mannheim
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-podcast-leben-in-zeiten-von-corona-ueber-das-recht-sich-schlecht-zu-fuehlen-_arid,1814215.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.demailto:lokal@mamo.de
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Schüler während Corona: Gebt Kindern und Jugendlichen ihre Rechte