Aktionstag

Platz für Menschen statt Autos: Parking Day in Mannheim zeigt, was möglich wäre

Einen Tag müssen die Autos weichen. Beim Parking Day in der Jungbuschstraße in Mannheim zeigen über 20 Infostände eine alternative Nutzung von Autoparkplätzen. Das gefällt längst nicht allen

Von 
Christian Hoffmann
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Infos statt Blech: 20 Initiativen zeigten am Samstag in Mannheim, wie Parkplätze alternativ genutzt werden könnten. © Michael Ruffler

Mannheim. Ein ungewohnt freier Anblick bot sich am Samstag in der Jungbuschstraße: Alle Parkplätze entlang der von Altbaugebäuden gesäumten Einbahnstraße waren unbelegt. Für den diesjährigen Park(ing) Day wurde die Jungbuschstraße als Austragungsort dieses internationalen Aktionstags an beiden Enden gesperrt.

Statt Autoblech verteilten sich in der Straße über 20 Informationsstände von Organisationen und Initiativen wie Parents & People for Future, Grüne Jugend, Fuß Mannheim, QuadRad Entscheid, RadKultur Baden-Württemberg, Lastenvelo Mannheim (LaMa), Klimaliste Deutschland, Surfrider Foundation Baden-Pfalz und Klimaschutzagentur.

Parking Day in Mannheim: Ein Bewusstsein schaffen für den Raum, den Autos einnehmen

Mit dem politischen Aktionstag möchten die umweltbewussten Teilnehmer ein schärferes Bewusststein dafür schaffen, wie man für Autos gedachte Parkplätze alternativ nutzen kann, um dem zunehmenden Verkehrsinfarkt entgegenzuwirken. Deshalb veranstaltete zum Beispiel die Klimaliste ein Banner-Malen mit bunten Farben für Kinder auf dem Asphalt einer befreiten Parkbucht neben der Onkel Otto Bar.

Büsra Dogan sammelt Abfall ein beim Parking Day in der Jungbuschstraße. © Michael Ruffler

Für einen Samstag widmete der Park(ing) Day öffentlichen Straßenraum vorübergehend um. An einem Stand informierte Jan Nehmiz, der federführende Organisator des Mannheimer Park(ing) Days, der in den letzten beiden Jahren in der Langen Rötterstraße stattgefunden hatte, über seine daheim genutzte Wurmkiste.

In dieser Holzkiste, die man von verschiedenen Hersteller kaufen kann, kompostiert der 35-Jährige seinen persönlichen Hausmüll in der eigenen Wohnung. "Das fing bei mir an, da wir keine Biotonne hatten. Wir gaben alle organischen Abfälle in den Restmüll", erklärte Jan Nehmiz, der in einer Wohngemeinschaft in der Oststadt lebt und beruflich als Programmierer arbeitet.

Im Internet erkundigte sich Nehmiz über das Thema Wurmkiste, in der bis zu 3000 Würmer wühlen und aus Abfall feinste Erde machen, auf natürliche Weise. "Die Kompostwürmer zersetzen den Abfall in feinkörnige Erde", erläuterte Jan Nehmiz, der einen Blick in seine mitgebrachte Wurmkiste gewährte, die mit einer Klappe verschlossen wird.

Auch Initiativen, die sich für das Fahrrad einsetzen, waren vor Ort. © Michael Ruffler

"Die Erde nehme ich für meine Balkonpflanzen, als Nährstoff", schilderte Nehmiz. "Umwelt und Natur stellen für mich einen Ausgleich dar zu meinem Beruf am Schreibtisch", verdeutlichte der 35-Jährige, dem durch die Wurmkiste die Erkenntnis kam, dass Abfall wertvoll ist. Selbst besitzt Jan Nehmiz kein Auto, der mit seinem Fahrrad überall hinkommt.

Es gibt auch Kritik am Parking Day in Mannheim

Doch nicht jeder Bürger reagierte wohlwollend auf den Park(ing) Day. Ein sichtlich erboster Mann zeigte für das politische Anliegen dahinter kein Verständnis. "Anstatt ein Parkhaus hier hinzubauen, veranstalten die so einen Tag. Im Viertel gibt es eh zu wenige Parkplätze", kritisierte der ältere Bürger.

Auf ausgelegten Bodenmatten saß unterdessen die gelernte Yoga-Lehrerin Silke Ullmann, die mit den Besuchern verschiedene Übungen machte. Über die sportlichen Methoden des Yogas sollen Geist und Körper in Einklang miteinander gebracht werden. "Es gibt verschiedene Formen, ich mache Hatha  Yoga, das ist der grundlegende Stil, bei dem es um Atmung geht, die man mit den Posen in einen Flow zusammenbringt", führte Yoga-Lehrerin Ullmann ein, die im Hauptberuf als Ernährungswissenschaftlerin für eine Tochtergesellschaft der Südzucker AG tätig ist.

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Für die 42-Jährige, die sich in Indien in dieser Disziplin hat ausbilden lassen, verkörpere Yoga eine Lebenseinstellung, wie man dadurch mit seinen Mitmenschen umgehen kann. An einem anderen Stand sammelte das Projekt QuadRad Entscheid, das zum Verein Changing Cities gehört, Unterschriften für ein Bürgerbegehren zugunsten einer fahrrad- und fußverkehrsfreundlichen Stadt.

Dabei steht die Silbe "Quad" im Namen der Gruppe für das charakteristische Quadrat in Mannheim. In diesem Zusammenhang möchte das Projekt ein sicheres Hauptradroutennetz, Mindeststandards für weitere Radwege und verkehrsberuhigte Stadtquartiere von der Stadtverwaltung umgesetzt wissen. Verbunden mit mehr Fahrradabstellplätzen. "Es kommen Leute nicht nur mit dem Auto nach Mannheim, sondern auch mit dem Fahrrad", unterstrich Mitglied Bettina Kornmayer, die gemeinsam mit Ina Schäfers den Stand von QuadRad Entscheid betreute.

DJ Chirssah und Fanboy sorgen für den Beat beim Parking Day

Darüber hinaus nahmen 15 Aktivistinnen und Aktivisten der örtlichen Seebrücke am Aktionstag Park(ing) Day teil, um Broschüren und Aufkleber über das Thema Flüchtlingsroute Balkan zu verteilen. In Mannheim ist die 2018 gegründete Seebrücke, die auf die im Mittelmeer ertrinkenden Flüchtlinge aufmerksam macht, eine personell lose Institution.

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Als musikalische Hintergrundbeschallung ließen die beiden Techno-DJs Chrissnah und Fanboy an ihren Plattentellern wummernde Beats durch die Jungbuschstraße erklingen, auf dem Bürgersteig vor der Friends Bar. "Ich bin Pfälzer, aber Kulturmannheimer", erzählte DJ Fanboy, der um seinen bürgerlichen Namen ein Geheimnis macht und barfuß an seinem technisch modernen Equipment elektronische Tanzmusik erzeugte. 

Freier Autor

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