Rotlichtmilieu  

Pläne zum Umzug der Mannheimer Lupinenstraße: Parteien fordern mehr Einsicht

Was genau ist geplant, wo sollen wie welche Wohnungen entstehen und wie könnte ein neues Rotlichtviertel im Mannheimer Hafen aussehen? Die Antworten auf diese Fragen fordern die Mannheimer Fraktionen von der Stadt

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
Lesedauer: 

Mannheim. Für kommunalpolitische Debatten sorgen Pläne der früheren Stadtspitze, in der Lupinenstraße als Bordelle genutzte Immobilien zu kaufen, damit dort die kommunale GBG rund 400 Wohnungen bauen kann und so Prostitution aus der dicht bevölkerten Neckarstadt-West verschwindet. Das Thema birgt auch deshalb Zündstoff, weil die bisherigen Eigentümer ein attraktives Ersatzareal fordern.

Unsere Redaktion erkundigte sich bei den Fraktionen, was sie von den Rotlicht-Verlegungsplänen halten. So unterschiedlich die Stellungnahmen ausfallen, sie eint die Aussage: Angesichts offener Fragen hat sich noch keine endgültige Meinung herausgebildet.

Das sagen die Fraktionen zu den Plänen der Stadt mit der Lupinenstraße

Und so teilt der Fraktionsvorstand der Grünen mit, derzeit noch kein Statement abgeben zu können: „Gerade die Frage, was die Ausweisung eines neuen Sperrbezirks in allen Konsequenzen bedeuten würde, muss fachlich diskutiert werden.“

Die CDU lässt ebenfalls wissen, dass sie noch keine Gelegenheit hatte, sich mit dem „in keiner Weise fertigen Konzept“ zu beschäftigen. Als Fraktionsvorsitzender führt Claudius Kranz in einer „groben Ideenskizze“ aus, dass er als „problematisch“ erachte, bei einem Erwerb von Immobilien in der Lupinenstraße den Verkäufern an anderer Stelle ein kommunales Grundstück samt planungsrechtlicher Erlaubnis für ein Eros-Center zuzusichern.

Kranz: „Damit befördern wir Prostitution.“ Und dies könne er sich „nur schwer vorstellen“, weil schließlich die CDU in der Bundespolitik für das „Nordische Modell“ eintritt - und damit für jenes spezielle Verbotskonzept, das als erstes Land Schweden einführte.

Vielfältige Fragezeichen treiben ebenfalls die SPD um. Auch wenn der Fraktionsvorsitzende Reinhold Götz „höchstwahrscheinlich einmalige Chancen“ bei der Aufwertung der Neckarstadt-West, insbesondere im Bereich der Mittel- und Untermühlaustraße, sieht.

Allerdings sei für die Sozialdemokraten unklar, unter welchen „wirtschaftlichen Prämissen“, nämlich Ankauf, Abriss und Neubau, bis zu 400 Wohnungen von der kommunalen Baugesellschaft geschaffen werden könnten. Es gelte zu klären, ob die Stadt darauf Einfluss nehmen könne, dass an einem Ersatzstandort - im Gespräch ist die Bonadiesstraße im Industriehafen - nicht etwa „Luxus-Bordelle“ entstehen, die Freier aus der gesamten Region anziehen.

Kommentar Umzug des Mannheimer Rotlichtmilieus ist eine große Chance

Veröffentlicht
Kommentar von
Steffen Mack
Mehr erfahren

Von einer „ersten Einschätzung“ , aber noch keiner „abschließenden Meinung“ spricht Stadtrat Achim Weizel im Namen der Mannheimer Liste (ML). Zwar könne eine Verlegung der Prostitution aus der Lupinenstraße zur Erneuerung des kinderreichen Stadtteils beitragen, allerdings sollte bei dem Entscheidungsprozess die Meinung von „Amalie“ unbedingt einfließen: Die Beratungsstelle für Frauen in der Prostitution warnt vor einem ausgelagerten Groß-Bordell fernab sozialer Kontrolle. Die ML plädiert dafür, „nichts zu überstürzen“ und erst dann weitere Schritte konkret anzupeilen, wenn „100 Prozent der Gebäude zur Verfügung stehen“. (Bislang ist davon die Rede, dass sich ungefähr 90 Prozent der Immobilien in einer Hand befinden.)

Kritik an „Geheimniskrämerei“ der Stadtverwaltung

„Uns hat überrascht, dass wir von den offensichtlich langen Vorgesprächen unter Alt-Ob Kurz bisher absolut nichts erfahren haben“, moniert die Vorsitzende der FDP/ MfM Birgit Reinemund. Ob und wie eine Verlagerung des Mannheimer Rotlichtbezirks sinnvoll beziehungsweise umsetzbar ist, dazu könne derzeit nicht im Detail Stellung bezogen werden. Auch wenn die Fraktion „eine gewisse Chance“ für die Weiterentwicklung des Stadtteils sehe, werde ein Bordellneubau im Hafengebiet gleichwohl „kritisch“ betrachtet.

Ziemlich konkret äußert sich die Fraktion Li.Par.Tie und teilt mit, dass sie eine Verlagerung des Sperrbezirks in den Industriehafen für „keine gute Idee“ hält. Vorsitzender Dennis Ulas argumentiert: Zwangsprostitution und andere illegale Formen des Gewerbes könnten dort schlechter kontrolliert werden. Außerdem sollten Sexarbeiterinnen mit einem legalen Beruf nicht an den Stadtrand gedrängt werden.

Mehr zum Thema

Rotlichtmilieu

Lupinenstraße: Entstehen in Mannheim 400 neue Mietwohnungen anstelle von Bordellen?

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren
Prozess

Warum Bordellverlegungen im Mannheimer Gerichtssaal öffentlich wurden

Veröffentlicht
Von
Waltraud Kirsch-Mayer
Mehr erfahren
Prostitution

Was es mit Umzugsplänen fürs Mannheimer Rotlichtmilieu auf sich hat

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren

„Grundsätzlich“ unterstütze die AfD Pläne, Bordelle von der Lupinenstraße in ein neues Rotlichtviertel im Hafengebiet zu verlegen, führt Bernd Siegholt als Fraktionsvorsitzender aus - schränkt aber ein: „Nicht um jeden Preis.“ Es müsse auf jeden Fall verhindert werden, dass sich die derzeitigen Immobilieneigentümer beim Verkauf „eine goldene Nase verdienen“.

Wie unterschiedlich auch immer die kommunalpolitischen Aussagen ausfallen: Rathaus-Chef Christian Specht ist jetzt in Zugzwang. Unisono fordern die Fraktionen von der Stadtspitze ein Ausleuchten des kontrovers diskutierten Projekts. Reinhold Götz formuliert es für die SPD so: „Wir erwarten vom Oberbürgermeister, dass wir zeitnah die Sicht der Verwaltung als erste schriftliche Bewertung des Vorgangs mit einer Chancen-Risiko-Abwägung erhalten.“ Und Birgit Reinemund, die im Namen der FDP/MfM rund um das brisante Thema während der Ära Kurz praktizierte Geheimniskrämerei kritisiert, merkt süffisant an: „Vielleicht bringt ja unser neuer Oberbürgermeister Licht ins Dunkel dies Vorgangs.“

Freie Autorin

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke