Mannheim. Es gibt Menschen, bei denen man sich vorkommt wie der Hase gegenüber dem Igel: Egal, wie schnell und in welche Richtung man rennt, sie sind meilenweit voraus und längst da. Oskar Weiß aus Feudenheim ist so einer.
Während andere 15-Jährige mit der Schule kämpfen, sammelte der Techniknerd vom Feudenheim Gymnasium an den Wochenenden schon Erfahrungen als Tontechniker im Veranstaltungsmanagement. Während andere Studierende in Kneipen kellnern, organisierte der Sohn eines Ärztepaars als Werkstudent die Öffentlichkeitsarbeit des FDP-Bundestagsabgeordneten Konrad Stockmeier. Und während andere angehende Wirtschaftsingenieure mit ihrer Bachelorarbeit ausgelastet sind, leitet er nebenher zusätzlich ein Musik-Unternehmen.
Mannheimer FDP-Politiker will „Öko-Liberale“ wiederbeleben
Nun will er auch noch dem Umweltschutz zu mehr Durchschlagskraft verhelfen. Dafür hat er zusammen mit anderen einen neuen Verein gegründet. Dieser wird jetzt von „Join Politics“ gefördert. Die Berliner Organisation will Nachwuchskräften Starthilfe auf ihrem Weg in die Politik geben. Eines der bundesweit sieben Talente, die sie jährlich auswählt, ist Oskar Weiß.
Und so bekommt der 22-jährige Mannheimer, der nächstes Jahr bei den Landtagswahlen als FDP-Kandidat im Norden der Stadt antritt, in den kommenden Monaten eine Art Politik-Crashkurs. Dazu gehören etwa Seminare, wie man eine Rede verfasst, auf was man an Wahlkampfständen achten muss oder wie man mit Journalisten umgeht.
Zudem hat er einen Mentor: den 32-jährigen Grünen-Politiker Joschka Knuth. Der war in Schleswig-Holstein einst ein enger Mitarbeiter von Robert Habeck und ist mittlerweile im hohen Norden Staatssekretär im Ministerium für Energiewende und Umweltschutz. Mit ihm berät sich der Feudenheimer einmal wöchentlich eine Stunde lang.
Im Mittelpunkt der Gespräche steht häufig der Verein „Ökologische Marktwirtschaft“. Den hat Weiß vergangenes Jahr zusammen mit zwei anderen jungen Liberalen gegründet, dem Heidelberger Studenten Maximilian Hartlieb und der Ludwigsburger BWL-Studentin Helena Herzig, die ebenfalls als politisches Talent ausgewählt worden ist.
Zusammen mit dem Urgestein Hartmut Knüppel, der ihren Angaben nach 1981 für die FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale (Julis) das Konzept der „Ökologischen Marktwirtschaft“ verfasst und damit den Begriff als Erster geprägt habe, wollen sie die „Öko-Liberalen“ auferstehen lassen.
„Eigentlich ist jetzt der Zeitpunkt, um das wieder aufleben zu lassen und darauf den Fokus zu setzen“, haben sie sich gedacht, erzählt Weiß. So soll innerhalb der FDP, aber auch weit darüber hinaus der Umweltschutz eine viel wichtiger Rolle einnehmen. „Denn ohne Klimaschutz ist alles nichts.“
Das Motto: Mehr Umweltschutz in der Marktwirtschaft – mehr Marktwirtschaft im Umweltschutz
Der Verein sei überparteilich organisiert, erklärt Weiß: „Es kann jeder mitmachen, der Bock auf effektiven Umweltschutz hat.“ Etwa 60 Aktive täten das bereits. „Es wächst kontinuierlich.“ Der Ansatz ist ein typisch liberaler, das Motto lautet: Mehr Umweltschutz in der Marktwirtschaft – mehr Marktwirtschaft im Umweltschutz.
„Wir halten es für das effektivste Konzept, wie Klimaschutz funktionieren kann“, erklärt Weiß. Das klassische Beispiel dafür ist der CO₂-Preis, den es in vielen Bereichen bereits gibt. Er sorgt dafür, dass Verbraucher, die viel klimaschädliches Treibhausgas verursachen, viel bezahlen müssen. Wer wenig ausstößt, zahlt weniger.
Ähnliche Mechanismen will der Verein in insgesamt neun Bereichen entwickeln, etwa Artenvielfalt, Kreislaufwirtschaft, Finanzen, aber auch Digitalisierung oder Wasser, Boden, Luft. Sie sollen innerhalb sogenannter Fachforen diskutiert und dann als mögliche Lösungen in die „große“ Politik eingespeist werden.
Ob Oskar Weiß dieser einmal selbst angehören wird, ist aber noch offen. „Ich habe explizit nicht das Ziel, ein Mandat zu erreichen“, stellt er klar, dass aktuell eine politische Karriere für ihn nicht im Vordergrund steht. „Ich mache Politik nicht aus opportunistischen Gründen, sondern weil ich motiviert bin, was anders zu machen.“ Noch wichtiger ist ihm nämlich eine andere Leidenschaft: die Musik.
Vorgängerin von Oskar Weiß ist jetzt Bundesbauministerin
Der 22-Jährige spielt nicht nur Gitarre, ist DJ, macht zusammen mit seinem Kumpel Felix Wacker unter dem Künstlernamen White x Wakeup Musik und ist professionell für den Sound großer Veranstaltungen wie etwa der Beach-Volleyballserie German Beach Tour zuständig. Er betreibt zusammen mit Felix und Rouven Gruber zudem auch noch die Firma Hafen Music. Diese managt unter anderem junge Künstler und betreibt in der Nähe des Neuen Messplatzes ein großes Tonstudio.
Dem ehemaligen Mannheimer Stadt-Schülersprecher wird es also auch ohne das politische Engagement nicht langweilig. Aber wer weiß, vielleicht landet er eines Tages ja doch noch in Berlin: Ein Talent, das „Join Politics“ vor ihm gefördert hat, ist Verena Hubertz. Die 37-jährige SPD-Politikerin hatte zunächst das Unternehmen „Kitchen Stories“ gegründet, eine Koch-Plattform, die so erfolgreich wurde, dass sogar mal Apple-Chef Tim Cook zu Besuch vorbeikam. Heute ist Hubertz Bundesbauministerin.
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