Festival

„ObenDrauf & ZwischenDrin“: Spannende Einblicke in versteckte Mannheimer Orte

Bei „ObenDrauf & ZwischenDrin“ gibt es für die Besucher neue Perspektiven auf altbekannte Mannheimer Gebäude. Wo eine ganz besondere Überraschung wartete.

Von 
Sylvia Osthues
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Der Pater Noster in der Galeria Kaufhof ist einzigartig in Mannheim. © Sylvia Osthues

Mannheim. Beste Aussichten beim Blick von den Dächern bekannter Innenstadt-Einrichtungen oder Geschäfte, beziehungsweise beim Blick hinter die Kulissen von Kultureinrichtungen als Zwischennutzung leerstehender Gebäude. „ObenDrauf & ZwischenDrin“ so lautet das Motto der zwei gut besuchten Spaziergang-Touren, die am Samstag im Rahmen des Mannheimer Dächer-Festivals stattfanden.

Zusammen mit den Stadtführern Jutta Becher und Steffen Weber erkundeten insgesamt fast 50 Interessierte Orte, die sonst nicht zugänglich, nur temporär nutzbar oder bewusst als Zwischenraum gedacht sind: Dachflächen und kreative Zwischennutzungen. Im Mittelpunkt standen dabei neue Perspektiven, alternative Nutzungen und die Frage, was „Stadt“ noch sein kann. Organisiert wurde das Dächer-Festival von Valentin von der Haar, Simon Bretz und Anne Lamprecht vom Studio over and odd, das für das Projekt StartRaum von FutuRaum verantwortlich zeichnet.

Wie kann die Stadt der Zukunft aussehen?

Die drei Macher hatten auch den Club Hauruck im ehemaligen Gravis-Shop im Stadthaus N1 ins Leben gerufen, wo die „ObenDrauf & ZwischenDrin“-Tour startete. „Es geht darum, wie die Stadt der Zukunft aussehen soll und welche Räume, wenn vorhanden, umgestaltet werden können“, erklärte Steffen Weber.

So sei im ehemaligen Gravis-Store mit Einverständnis von Eigentümer Diringer & Scheidel auch Club Hauruck eingerichtet worden, wo Künstler temporär ihre Werke ausstellen können. „Ein Problem in Innenstädten ist, dass Geschäfte sterben, wegziehen und viele Läden in der Stadt leerstehen. Da muss die Stadt überlegen, wie man die Räume nutzen kann, in Mannheim beispielsweise durch das StartRaum-Programm von FutuRaum“, erläuterte Jutta Becher.

Jutta Becher (2. v. rechts) zeigt den Teilnehmenden Bilder aus dem Inneren der Trinitatiskirche. © Sylvia Osthues

Ein Beispiel dafür, wie man Geschäftsadressen in bester Lage retten und wieder aufbauen kann, ist Galeria Kaufhof am Paradeplatz. Vor dem Zweiten Weltkrieg stand hier das mondäne Kaufhaus der Gebrüder Schmoller. Wie viele jüdische Geschäfte in Mannheim wurde es von den Nazis enteignet und im Zweiten Weltkrieg zerstört. In den 50er Jahren hat die Kaufhof AG das Grundstück gekauft und in den späten 50er Jahren eine Filiale eröffnet. Als die Kunden wegblieben, erlebte die Galeria zweimal Insolvenzen, bis ein neuer Investor das Haus übernahm.

Seit einem Jahr ist Niko Rauch Geschäftsführer. „Es ist noch viel zu tun, um das Haus auf einen modernen Stand zu bringen“ sagte er. Ein Beispiel für das, was noch im Argen liegt, war die Rolltreppe, die nicht lief, so dass die Besuchergruppe die Treppenstufen hochsteigen musste. Doch auf sie wartete eine echte Überraschung. In der Galeria gibt es noch einen Pater Noster – einzigartig in Mannheim und vermutlich auch in Deutschland.

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Und noch etwas war einzigartig: der Blick vom Dach des Hauses auf die Innenstadt. „Was für ein großartiger Blick, den möchte man gern öfter genießen“, schwärmte FDP-Stadträtin Birgit Reinemund. „Kann man das Dach nicht, wie in vielen Städten in Europa, als Roof nutzen, auch um Kunden zu gewinnen und so den Bestand des Hauses zu sichern?“, fragte ein Besucher. „Viel zu teuer, das hätte man von Anfang an machen müssen“, meinte Nico Rauch. Er erklärte: „Wir versuchen durch mehr Events eine neue Kundschaft zu gewinnen.“ Das Mannheimer Dächer-Festival sei eine gute Gelegenheit.

Auf die Teilnehmenden, denen die beiden Stadtführer auf dem Weg durch die Innenstadt viel über die Geschichte der Quadratestadt erzählten und ihre Augen öffneten für manche Sehenswürdigkeiten, wartete schon das nächste Highlight: die Trinitatiskirche in G4 – ein Beispiel für eine gelungene Zwischennutzung. Das Gebäude in Zeltform ohne skulpturales Zierwerk, aber mit in die Fassade eingelassenen bunten Glasbausteinen, die im Inneren einen ganz eigenen spirituellen Zauber entfalten, wurde zwischen 1956 und 1959 nach den Plänen des Mannheimer Architekten Helmut Striffler erbaut und fand weltweit Beachtung. In das evangelische Kirchengebäude, das seit 2003 nicht mehr für Gottesdienste genutzt wird und seitdem lange Zeit leer stand, ist nach einem Wettbewerb 2015 das Eintanzhaus eingezogen. „Seitdem ist mit vielerlei kulturellen Angeboten und Events auch wieder Leben in das unter Denkmalschutz stehende Gebäude eingezogen“, berichtete Stefan Grieshaber vom Eintanzhaus.

„Papa Uhu“ heizt zum Abschluss ordentlich ein

Krönender Abschluss des „ObenDrauf & ZwischenDrin“-Spaziergangs war ein Besuch auf dem Dach der Abendakademie, wo „Papa Uhu“ mit fetzigem Sound dem Publikum im loungigen Dachgarten-Roof noch einmal ordentlich einheizte. Die Besucher waren begeistert. „Die Tour, die zu Orten führt, die man sonst nicht sieht, hat mir sehr gut gefallen, so was sollte es öfter geben“, sagte Marion Troschke. „Die Tour war wunderschön,“ schwärmte Dorothee Höfert. Sie habe zwar gewusst, dass es an Orte geht, wo man sonst nicht hinkommt, aber nicht erwartet, dabei auch noch so viel Interessantes über die Stadt zu erfahren durch die Tourführer. Dominik Püthe fand die Tour „sehr interessant, besonders die Trinitatiskirche – so was Buntes und Lebendiges“.

Freie Autorin

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