Oberbürgermeisterwahl

OB-Wahl in Mannheim: Das war los an den Urnen

Bis zum frühen Nachmittag blieb bei der Oberbürgermeisterwahl in Mannheim der große Andrang an den Urnen aus. Die Wählerinnen und Wähler haben dafür klare Vorstellungen vom neuen Stadtoberhaupt

Von 
Kai Plösser
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Das Wahllokal in der Keppler-Schule in der Mannheimer Innenstadt. © Kai Plösser

Mannheim. Es geht heiß her in Mannheim. Nicht nur temperaturtechnisch, sondern vor allem auch wegen der mit Spannung erwarteten Oberbürgermeisterwahl. Wie immer hatten die Wahllokale an diesem Sonntag bis um 18 Uhr geöffnet. Auch wenn sich bis zum Nachmittag mit 15,3 Prozent (mit Briefwahl 29,2 Prozent, Stand 16 Uhr) eine höhere Wahlbeteiligung als noch bei der Wahl 2015 (16,4 Prozent, mit Briefwahl 25,2 Prozent, ebenfalls Stand 16 Uhr) abzeichnete, blieb der große Andrang an den Urnen zunächst aus. Die Wählerinnen und Wähler haben dafür klare Vorstellungen von der neuen Bürgermeisterin oder dem neuen Bürgermeister.  

Überschaubar geht es am Mittag in der Humboldt-Schule in der Neckarstadt-West zu. Bis um 12 Uhr  hatten in einem der Wahlräume rund 70 Menschen ihr Kreuz gesetzt. Etwa 1700 Wahlberechtigte durften in dem Raum wählen, im Vorfeld waren bereits 230 Briefwahlunterlagen angefordert worden, so ein Wahlhelfer, der damit rechnet, dass der Andrang zum Nachmittag zunehmen könnte. „Nach dem Schwimmbad“, sagt er. In der Neckarstadt-West ist die Wahlbeteiligung in der Regel gering. Bei der letzten OB-Wahl 2015  lag sie in dem Stadtteil bei 14,6 Prozent. Vor acht Jahren stimmten im gesamten Stadtgebiet 30,7 Prozent der Wahlberechtigten ab.

Ann-Cathrin Mayer hat sich vor etwa einer Woche entschieden, wen sie wählt. © Kai Plösser

Eine, die in der Humboldt-Schule ihr Kreuz gesetzt hat, ist Ann-Cathrin Mayer. „Ich hab eine klare Wahlentscheidung gehabt. In dieser Woche habe ich mich entschieden“, erzählt sie. Informiert über die Kandidaten und Kandidatinnen habe sie sich im Vorfeld auf den Homepages. Auch den Kandidat-O-Mat habe die 29 Jahre alte Anwältin benutzt, um die Meinungen der Bewerber und Bewerberinnen zu vergleichen.

Nun hoffe sie, „dass der neue Oberbürgermeister oder die neue Oberbürgermeisterin den Kontakt zur Zivilgesellschaft sucht und in dieser bunten Stadt versucht, auf eine gewisse Art nahbar für diejenigen zu sein, die sich ins Stadtgeschehen einbringen wollen.“ Mit einer Entscheidung schon nach dem ersten Wahlgang, rechnet Mayer nicht: „Es gibt so viele unterschiedliche Kandidaten, sodass ich davon ausgehe, dass es einen zweiten Wahlgang gibt.“

Zwischen Überzeugung und Strategie

Anders sieht das ein 66 Jahre alter Rentner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte und ebenfalls in der Humboldt-Schule wählen war. „Ich denke, dass der Herr Riehle sehr gute Chancen hat, das zu packen“, sagt er. Wen er selbst gewählt hat, verrät der Mann nicht. Doch habe er dies mit Überzeugung getan: „Ich hatte schon länger jemanden im Visier.“ Ein weiterer Kandidat habe ihn dabei gar nicht zugesagt. Von dem neuen Oberbürgermeister oder der neuen Oberbürgermeisterin erhofft sich der Mann, dass die Stadt sauberer wird und künftig mehr Kita-Plätze zur Verfügung gestellt werden. „Und dass man ans eigene Wohl denkt“, fügt er hinzu. „Nicht nur die anderen. Es ist Krieg, das verstehe ich, aber man muss auch an die eigenen Mitmenschen denken.“

Sarah Müller (li.) wünscht sich, dass mehr in Richtung der Klimaziele getan wird. Thomas Heitkamp verweist auf den Wohnraummangel. © Kai Plösser

Sarah Müller und Thomas Heitkamp, die sich gerade an der Kreuzung Mittelstraße/Pestalozzistraße vom Wählen auf dem Weg nachhause befinden, haben anderer Prioritäten. Müller wünscht sich, dass mehr in Richtung der Klimaziele getan wird. „Ich finde es wichtig, dass Mannheim da mehr vorankommt“, sagt die 25-jährige Studentin. Heitkamp verweist auf den Wohnraummangel. Bei ihrer Wahl gingen beide unterschiedlich vor, erklären sie. Müller sei schon seit mehreren Wochen überzeugt von einer Kandidatin oder einem Kandidaten gewesen.

Der 39 Jahre alte Barkeeper Heitkamp betont dagegen: „Ich habe strategisch gewählt, nicht weil ich überzeugt war.“ Leichter wäre es ihm gefallen, wenn Peter Kurz noch einmal angetreten wäre. „Es wäre vielleicht klarer gewesen, dass er es geworden wäre.“ Nun habe er eben strategisch wählen müssen und muss hoffen, dass es ein bestimmter Kandidat oder eine Kandidaten auf jeden Fall nicht wird.

Für Leo Beloussow hatten die Kandidatinnen und Kandidaten ähnliche Ziele. © Kai Plösser

So geht es auch Leo Beloussow, der gegen 13 Uhr aus der Johannes-Keppler-Schule in der Innenstadt kommt. Einer der Kandidaten habe ihn zumindest nicht überzeugt, sagt er lachend. Seine Entscheidung sei kurzfristig gefallen. Alle Bewerberinnen und Bewerber hätten ähnliche Ziele. Wichtig sei  Beloussow vor allem der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. „Jeder, der was für den ÖPNV tut, hat meine Stimme“, betont der 19-jährige Student, der vor einem Jahr aus Hamburg nach Mannheim gezogen ist. „Ich erhoffe mir vom neuen Bürgermeister mehr Straßenbahnen. 45-Euro-Ticket, 9-Euro-Ticket - was auch immer in die Richtung geht“, sagt er und bekräftigt noch mal:  „Der ÖPNV sollte vorangetrieben werden. Und die zweite Bahntrasse nach Frankfurt sollte gebaut werden.“

Geringe Wahlbeteiligung zeichnet sich ab 

Auch in der Keppler-Schule ist die Wahlbeteiligung zu dem Zeitpunkt noch niedrig. Zwar hatte der dortige Wahlleiter Thomas Bauer keine konkreten Zahlen. Aber: „Die OB-Wahl in der Keppler-Schule ist immer zurückhaltend“ erläutert er. „Ich glaube wir hatten 20 Prozent Wahlbeteiligung bei der letzten Wahl. Also sehr gering“ Das könnte hinkommen, hatte der Bereich Innenstadt/Jungbusch vor acht Jahren eine Wahlbeteiligung von 18,1 Prozent.  Mit mehr rechne er auch nicht in diesem Jahr, sagt Bauer, der Personalratsvorsitzender im Fachbereich Bildung bei der Stadt Mannheim ist. Er schildert aus seinen Erfahrungen: „Bei  der letzten OB-Wahl hatten wir zwei Wahlgänge. Am zweiten Tag war es heiß, da sind noch weniger gekommen als bei der ersten Wahl. Und das, obwohl es die eigentliche Entscheidung war.“

Wahlleiter Thomas Bauer rechnet an der Keppler-Schule mit einer niedrigen Wahlbeteiligung. © Kai Plösser

Nicht anders sieht es bei der Wahlbeteiligung an der Jungbuschschule aus. Das rege Treiben an den Wahlurnen blieb bis zum späten Mittag aus. Etwa 150 von rund 4000 Wahlberechtigten gaben bis 13:30 Uhr ihre Stimme ab, sagt Wahlleiter Sören Landmann, der sonst LSBTI-Beauftragter der Stadt Mannheim ist. Rund 350 Briefwahlunterlagen waren vor der Wahl verschickt worden, erläutert er. Pech hatte in der Jungbuschschule eine Frau. Sie habe nach Angaben von Landmann gerne wählen wollen, durfte aber nicht, da sie aus einem nicht EU-Land komme und somit nicht wahlberechtigt sei.

Wählen durften dafür die Studentinnen Elena Fettel und Silvia Hauschild. Beide hatten den Wahlkampf nach eigenen Angaben intensiv verfolgt und sind von demselben Kandidaten oder derselben Kandidatin überzeugt. Vom neuen Bürgermeister oder der neuen Bürgermeisterin erhofft sich die 21 Jahre alte Hauschild nun, dass Mannheim ein bisschen grüner gestaltet wird. „Es gibt viele Flächen, die nicht richtig genutzt werden.“

Dem schließt sich Fettel an. Die 24-Jährige fügt noch an, dass auch der Personennahverkehr und die Fahrradfreundlichkeit der Stadt gefördert werden solle. Silvia wirft ein: „Andererseits ist auch die Auto- und Parkplatzsituation untragbar.“ Sie habe zwar selbst kein Auto, „aber man muss teilweise im Parkverbot stehen, weil es keine andere Möglichkeit gibt.“ Und noch eins war Hauschild wichtig zu erwähnen: Der neue Bürgermeister oder die neue Bürgermeisterin solle „mehr auf die Bedürfnisse der einzelnen Menschen eingehen.“

Redaktion

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