Interview mit SPD-Bewerber

OB-Kandidat Thorsten Riehle: "Mehr Mannheim, weniger New York“

Für die Mannheimer SPD soll bei der Oberbürgermeister-Wahl Thorsten Riehle antreten. Im Interview geht der bisherige Fraktionsvorsitzende darauf ein, was ihn von Amtsinhaber und Parteifreund Peter Kurz unterscheidet

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Steffen Mack
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Thorsten Riehle (r.) mit seinem Mann Markus Schwarz-Riehle und Hündin Fee beim Spaziergang rund um den Rheinauer See, wo er sich mit den „MM“ zum Interview verabredet hat. © Christoph Blüthner

Mannheim. Herr Riehle, welche drei Eigenschaften qualifizieren Sie am meisten als Oberbürgermeister?

Thorsten Riehle: Nach meiner Wahrnehmung suchen die Menschen derzeit vor allem jemanden, der ihnen auch mal zuhören kann, der eine gewisse Empathie hat . . .

Fehlt es daran dem Amtsinhaber?

Riehle: Ich meine das überhaupt nicht als Kritik an Peter Kurz! Er ist für mich über Mannheim hinaus einer der erfolgreichsten Oberbürgermeister in den letzten Jahrzehnten. Was diese Stadt alles erreicht hat, hätten wir ohne ihn nie geschafft.

Einfach „Weiter so“ dürfte Ihre Devise jedoch kaum lauten?

Riehle: Nein, wir sind ja auch ganz unterschiedlich. Er ist der Kopftyp, ich bin eher der Bauchmensch. Weniger New York, mehr Mannheim. Jemand zum Anfassen, der für die Leute ansprechbar ist. Das heißt nicht, dass ich die ganze Stadt zu mir nach Hause einladen kann . . .

. . . aber vielleicht die halbe?

Riehle: Die war gefühlt schon da! Nein, Scherz beiseite: Durchaus vorstellen kann ich mir, häufig Menschen ins Rathaus einzuladen. Nach meiner Beobachtung werden Politik und Verwaltung zunehmend als distanziert wahrgenommen. Ich bin zwar auch seit 14 Jahren lokalpolitisch aktiv, habe mir aber in einigen Punkten vielleicht doch noch stärker als andere den Blick von außen bewahrt. Wir müssen auch mehr erklären, und wenn ich eines gut kann, dann ist es kommunizieren.

Thorsten Riehle - gelernter Journalist

  • Am 16. April 1970 ist Thorsten Riehle in Mannheim geboren. Am Friedrich-List-Wirtschaftsgymnasium machte er Abitur.
  • Nach einem Grundstudium in Politologie, Betriebswirtschaftslehre und Erziehungswissenschaften wurde er bei der „Schwetzinger Zeitung“ zum Redakteur ausgebildet.
  • Anschließend arbeitete Riehle als Pressesprecher bei der Johanniter-Unfall-Hilfe. Dann produzierte er das Musical „Human Pacific“ und kam dadurch zum Capitol, dessen Chef er seit 1997 ist.
  • 2014 wurde Riehle in den Gemeinderat gewählt, Ende 2020 zum SPD-Fraktionschef.
  • Mit seinem Mann Markus Schwarz-Riehle lebt er auf der Rheinau

Welche Eigenschaften zeichnen Sie aus Ihrer Sicht noch aus?

Riehle: Ich habe ein starkes Gerechtigkeitsstreben. Dazu gehören für mich etwa auch gleiche Bildungschancen und ausreichend Kita-Plätze. Außerdem bin ich einfach jemand, der Lust auf dieses Amt hat. Ich kann das, und ich will das auch!

Ihre Kandidatur für den Fall, dass Kurz am 18. Juni 2023 nicht mehr antritt, soll bereits im letzten Sommer verabredet worden sein.

Riehle: Ganz so war das nicht. Wir haben da nur mit allen Gesprächen geführt, die für eine Kandidatur theoretisch in Frage kommen würden. Sie sollten sich darüber klar werden, ob sie wollen oder nicht.

Wollte noch jemand außer Ihnen?

Riehle: Mancher konnte es sich schon vorstellen. Wir haben dann aber gemeinsam festgestellt, dass bei mir die persönlichen Voraussetzungen am besten sind. Mir hat auch meine Familie gleich volle Rückendeckung gegeben. Schwierig war nur, eine berufliche Lösung zu finden. Auch das ist gelungen.

Wie sieht die Lösung aus?

Riehle: Ich werde mich im Sommer aus dem Capitol komplett zurückziehen. Auch für den Fall, dass ich nicht gewählt werde. Das ist ein Schritt, der mir nach 25 Jahren zwar sehr schwer fällt. Aber wir haben ein gutes Nachfolgemodell entwickelt, das wir im Februar oder März der Öffentlichkeit vorstellen. Daher mussten wir mit der Bekanntgabe meiner Kandidatur auch warten, bis alles in trockenen Tüchern ist.

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Hätte Kurz ein drittes Mal kandidiert, hätten ihn vielleicht die Grünen erneut unterstützt. Haben Sie mit denen mal gesprochen, wie es bei Ihnen aussieht?

Riehle: Nein. Ich gehe davon aus, dass die Grünen als größte Fraktion im Gemeinderat eine eigene Kandidatin aufstellen. Finde ich auch richtig so, ich will erstmal keinen Rechts-Links-Lagerwahlkampf. Ich bin ja nicht der klassische ganz linke, grüne Kandidat, sondern auch im bürgerlichen Lager beheimatet. Das ist mir sehr wichtig.

Bei der CDU gilt Christian Specht, wenn er antreten will, als aussichtsreichster Kandidat. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm?

Riehle: Ich arbeite vernünftig mit Christian Specht zusammen. Aber als Erster Bürgermeister ist er eben maßgeblicher Teil der Verwaltung. Trotz der vielen großen Projekte ist in den vergangenen Jahren auch einiges liegengeblieben. Etwa bei der Sauberkeit, dem Zustand der Straßen, den Fahrradwegen und manchem mehr. Da sind wir zwar überall dran. Aber ich meine, da müsste mehr gehen. Ich bin auch weder Jurist, noch denke ich in Verwaltungsvorschriften. Vielmehr bin ich jemand, der auch mal das Fenster öffnet und frische Luft reinlässt.

Kommen wir zu konkreten Themen. Teilen Sie das Fernziel einer autofreien Innenstadt?

Riehle: Nein. Es geht mir darum, den Durchgangsverkehr aus den Quadraten herauszuhalten. Darauf haben wir uns auch beim Verkehrsversuch verständigt. Der Unmut vieler Menschen darüber liegt in meinen Augen vor allem an den vielen parallelen Baustellen rund um die Innenstadt.

Mit das größte Problemfeld der Stadt ist das Klinikum. Was ist, wenn die Landesregierung die ersehnte Fusion mit Heidelberg unverändert blockiert?

Riehle: Ich kann absolut nicht nachvollziehen, warum die grün-schwarze Koalition diesem ja nicht für Mannheim, sondern für die ganze Region so wichtigen Projekt nicht längst grünes Licht gegeben hat. Davon würde doch das ganze Land profitieren. Da muss es endlich vorangehen, wir brauchen die Fusion.

Und wenn sich das Land oder speziell der Ministerpräsident weiter bockig stellen sollten?

Riehle: Das darf nicht passieren. Es gibt keine Alternative, eine Privatisierung des Klinikums kommt für mich nicht in Frage. Die Gesundheitsversorgung muss eine öffentliche Aufgabe bleiben. Nach den jüngsten Signalen aus Stuttgart bin ich aber hoffnungsvoll, dass es da endlich vorangehen wird.

Und wie ist Ihre Haltung in der Debatte um das Waldhof-Stadion?

Riehle: Ich war einer der Ersten, die darauf gedrängt haben, auch mal den Großparkplatz am Maimarktgelände als neuen Standort zu prüfen. Sofern das mit dem Flugverkehr am City-Airport vereinbar ist. Ich mag zwar auch das Carl-Benz-Stadion. Aber dort ist aufgrund der rechtlichen Vorgaben eben nur eine eingeschränkte Nutzung möglich.

Das Geld für einen Neubau müsste zum Großteil von Waldhof-Mäzen Bernd Beetz kommen, oder?

Riehle: Genau, und zwar als Investition, nicht als Darlehen. Wenn der SV Waldhof Ansprüche an ein neues Stadion stellt, sollte er sich daran beteiligen. Aber wir müssen auch schauen, wie sich die Verhältnisse im Sportpark rund ums Carl-Benz-Stadion verbessern lassen, etwa durch einen Umzug der Baseball-Tornados und des Reitervereins. Das sind ergebnisoffene Diskussionen, die wir auf alle Fälle führen sollten.

Zu den großen Projekten der Stadtspitze, die Sie – wie auch die Nationaltheater-Sanierung – stets mitgetragen haben, zählt die Buga . . .

Riehle: Absolut, ich bin schon immer ein leidenschaftlicher Fan der Bundesgartenschau! Das ist eine Riesen-Chance für Mannheim!

Werden Sie beim Blick über die Baufelder nicht langsam nervös?

Riehle: Kein bisschen. Das wird wie bei jedem Neubau: Wenn vorne die ersten Gäste reinkommen, geht hinten der letzte Handwerker raus.

Sie glauben, dass bis zur Eröffnung im April alles fertig sein wird?

Riehle: Vermutlich nicht in allen Bereichen, aber das finde ich nicht schlimm. Auch bei anderen Bundesgartenschauen war nicht gleich alles von Anfang an fertig. Ich freue mich jedenfalls tierisch auf den Start am 14. April. Wird für uns eine Feierwoche: Mein Mann hat am 15. April Geburtstag, ich am 16. April.

Falls Sie gewählt werden, sind Sie Mannheims erster homosexueller Oberbürgermeister. Wäre das etwas Besonderes für Sie?

Riehle: Für mich war das nie ein Thema, ich habe mich wegen meines Schwulseins auch nie diskriminiert gefühlt. Aber mir ist bewusst, dass andere Homosexuelle da negative Erfahrungen haben. Insofern könnte man meine Wahl schon auch als Symbol für Toleranz und Vielfalt begreifen. Doch darum geht es nicht. Sondern darum, wie wir Mannheim gemeinsam besser machen können.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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