Mannheim. Herr Specht, viele haben mit Ihrer Kandidatur gerechnet. Warum hat es nach der Rückzugs-Ankündigung von Peter Kurz trotzdem noch zwei Monate gedauert?
Christian Specht: Ich habe immer gesagt, dass ich als Erster Bürgermeister nicht gegen den amtierenden OB antreten würde. Vom Rückzug des OB war ich überrascht, meine Entscheidung zu kandidieren ist aber dann schon im Dezember gefallen. Die letzten Wochen habe ich genutzt, um weitere politische Partner zu gewinnen.
Wer sind Ihre Unterstützer, welche anderen Parteien gehören dazu?
Specht: Ich bin in den vergangenen Wochen unzählige Male auf eine mögliche Kandidatur angesprochen worden. Das hat mich unglaublich motiviert. Besonders freue ich mich darüber, dass sich mit der FDP und der Mannheimer Liste (ML) zwei Parteien aus der politischen Mitte sehr konkret vorstellen können, mich zu unterstützen. Ich werde mich den jeweiligen Parteigremien vorstellen und bin zuversichtlich, das Vertrauen ausgesprochen zu bekommen. Es reizt mich ungemein, fortführen zu können, was ich schon seit Jahren lebe: die Interessen aller Mannheimerinnen und Mannheimer zu vertreten.
Wie würden Sie damit umgehen, wenn die AfD ankündigt, Sie unterstützen zu wollen.
Specht: Mit der AfD habe ich keine Gespräche geführt und habe dies auch nicht vor.
Christian Specht
- Christian Specht ist Erster Bürgermeister der Stadt Mannheim und als Dezernent zuständig für Finanzen, Beteiligungsvermögen, IT sowie Sicherheit und Ordnung.
- Specht wurde in Mannheim geboren und wuchs auf dem Waldhof auf, wo seine Eltern eine Drogerie betreiben. Er studierte Jura in Mannheim, Heidelberg und Genf. Von 1997 bis 2001 war er Referent beim Raumordnungsverband Rhein-Neckar, seit 2001 dann dessen Direktor und außerdem auch Chef des Regionalverbandes Rhein-Neckar-Odenwald und der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz.
- 2005 wurde er zum Bürgermeister der Stadt Mannheim gewählt, 2007 zum Ersten Bürgermeister und 2015 im Amt bestätigt.
- Der 56-Jährige lebt gemeinsam mit seiner Partnerin in Mannheim, er hat zwei erwachsene Töchter.
Im Gegensatz zu SPD-Kandidat Thorsten Riehle haben Sie schon viel Führungserfahrung in einer Verwaltung. Was qualifiziert Sie sonst noch als Oberbürgermeister? Sie haben zu unserem Gespräch hier ja eigens den ersten „MM“-Artikel über Sie von 1988 mitgebracht. Darin steht, dass Sie als Schüler Oberbürgermeister von Mannheim werden wollten.
Specht: Erstens brenne ich seit vielen Jahren für Mannheim, die Stadt ist für mich als geborenen Waldhöfer eine Herzensangelegenheit. Es tut mir fast schon körperlich weh, wenn Menschen schlecht über Mannheim reden. Zweitens bringe ich natürlich die beruflichen Qualifikationen mit, die es für ein solches Amt und die Leitung einer Stadt mit fast 8000 Mitarbeitern braucht. Drittens habe ich bereits mehrere Verwaltungen geführt, darunter drei Regionalverbände, habe die Metropolregion mitkonzipiert und den Staatsvertrag dafür verhandelt und umgesetzt. 2005 wurde ich erstmals zum Bürgermeister gewählt, habe den Haushalt in schwieriger Lage konsolidiert und leite seitdem das Finanz-Dezernat. Ich bin vorbereitet auf die Herausforderungen, die vor uns liegen, und habe einen klaren Gestaltungswillen.
Was wollen Sie als Oberbürgermeister anders machen?
Specht: Ich will die Wirtschaftskraft unserer Stadt stärken und die damit verbundenen Arbeitsplätze sichern. Eine Schlüsselfrage ist dabei: Wie schaffen wir es, den Klimawandel einzudämmen, ohne die wirtschaftliche Basis zu gefährden? Dazu gehören nicht nur die großen Unternehmen, sondern auch die kleinen, mittelständischen, insbesondere im Handel. Wir leben von dem, was die Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Stadt erwirtschaften. Wenn wir geringere Steuereinnahmen hätten, würden viele Projekte nicht möglich sein.
Was wollen Sie tun, um die wirtschaftliche Basis zu sichern?
Specht: Es geht mir um förderliche Rahmenbedingungen, realistische Steuersätze, die verkehrsmäßig gute Erreichbarkeit unserer Stadt und nicht zuletzt eine gut funktionierende Verwaltung.
Sehen Sie die Sicherung der Wirtschaftskraft bei Ihrem Chef Peter Kurz nicht stark genug vertreten?
Specht: Ich habe das Gefühl, dass sich eine Reihe von Unternehmerinnen und Unternehmern momentan nicht mitgenommen fühlen von der Stadtpolitik. Das ist eine große Gefahr. Wir sehen viele Geschäftsaufgaben, gerade von kleinen Unternehmen. Ich weiß, wovon ich rede: Meine Eltern haben eine kleine Drogerie, in der ich schon als Kind mitgeholfen habe. Ich kenne die Sorgen, die solche Betriebe umtreiben.
Sie haben eben auch den Verkehr angesprochen. Wie soll der in Mannheim aussehen?
Specht: Seit vielen Jahren setze ich mich unter anderem als Vorsitzender des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar dafür ein, den umweltfreundlichen ÖPNV und die Erreichbarkeit unserer Stadt zu verbessern. Es gibt nach wie vor viele Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind, auch die müssen wir im Blick behalten. Gleichzeitig müssen wir auch das Radwegenetz ausbauen – nicht nur Radschnellwege, sondern auch Lückenschlüsse in den Stadtteilen. Ich stehe für ideologiefreie Mobilität.
Wie autofrei soll die Innenstadt sein?
Specht: Ich stehe zu dem Ziel, den Durchgangsverkehr im Zentrum der Quadrate zu reduzieren. Die Erreichbarkeit der Innenstadt muss aber gewährleistet sein. Die Verkehrsinfrastruktur in Mannheim muss wieder funktionieren.
Wir haben über Wirtschaft und Verkehr gesprochen. Was ist Ihnen politisch noch wichtig?
Specht: Wir müssen die Stadt generell vom Bürger her denken. Das gilt etwa für den Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Besonders am Herzen liegen mir auch die Vereine in den Stadtteilen, die für den sozialen Zusammenhalt eine große Rolle spielen und unsere Stadt besonders lebens- und liebenswert machen.
In Mannheim gab und gibt es viele Großprojekte, etwa die Nationaltheater-Sanierung. Was kann sich Mannheim künftig noch leisten?
Specht: Entscheidend ist, dass wir den Kurs von soliden Finanzen nicht verlassen. Insofern ist klar, dass wir bei unseren größeren Projekten nochmal priorisieren müssen.
Also keine sanierte Multihalle und keine neue Stadtbibliothek?
Specht: Das ist nicht gesagt. Die Stadtbibliothek hat eine große Bedeutung, auch für die Digitalisierung unserer Stadt. Die Frage ist nur, ob wir es uns erlauben können, ein Gebäude mit einem Kostenrahmen von jetzt schon fast 80 Millionen Euro zu bauen.
Die Mannheimer CDU hat in der Vergangenheit wegen der finanziellen Unregelmäßigkeiten unter Nikolas Löbel keine positiven Schlagzeilen gemacht. Ihnen wurde vorgeworfen, Sie hätten sich bei der Aufklärung der ganzen Sache damals zu sehr rausgehalten. Wird die CDU-Vergangenheit zur Bürde im Wahlkampf?
Specht: Nein, das glaube ich nicht. Ich war in die Vorgänge nicht verwickelt und habe auch zu der Zeit keine Verantwortung im Kreisvorstand getragen. Die Mannheimer CDU hat sich übrigens seither sehr positiv entwickelt.
Ihre Amtszeit als Kämmerer endet ausgerechnet in diesem Jahr, am 31. August. Die rechtliche Vorgabe ist, dass der Gemeinderat für die Zeit zwischen 31. Mai und 31. Juli einen Wahltermin für das Amt festlegen muss, also möglicherweise mitten im OB-Wahlkampf. Würden Sie dann zuerst als Dezernent antreten und dann weiter OB-Kandidat sein?
Specht: Mein Ziel ist es, Oberbürgermeister zu werden. Die Entscheidung über einen Wahltermin trifft der Gemeinderat.
Wenn Sie nicht Oberbürgermeister werden – sehen Sie sich dann weiter als Dezernenten?
Specht: Ja. Auch dann werde ich alles dafür tun, dass sich Mannheim positiv entwickelt. Mein Herz hängt ohne Wenn und Aber an dieser Stadt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar CDU-Kandidat Christian Specht: Erfahren und beliebt