Kindertagesstätten

Neues Fördermodell für freie Träger in Mannheim löst keinen Jubel aus

Mehr Geld für freie Träger - aber viel weniger, als sie sich erhofft haben: Die neuen Förderrichtlinien der Stadt für Kita-Betreiber stehen. Entscheidend ist eine Frage: Werden dadurch neue Plätze geschaffen?

Von 
Bertram Bähr
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Die Richtung bei der finanziellen Unterstützung der freien Träger stimmt nach Ansicht der Politiker zwar. Aber geht die Förderung auch weit genug? © dpa

Mannheim. Nach jahrelangen Vorgesprächen und mehreren Monaten, in denen Stadt und freie Träger um Kompromisse gerungen haben, steht ein neues Modell zur Kita-Förderung. Es soll die Träger finanziell besser stellen und so zur Schaffung neuer oder zumindest zum Erhalt bestehender Plätze beitragen. Ob das gelingt, ist offen. Der Jugendhilfeausschuss hat das Paket am Dienstag gebilligt, jetzt steht noch das Votum des Gemeinderats aus, damit das Ganze ab 1. Januar 2023 in Kraft treten kann. Fragen und Antworten zum Thema.

Gibt es grundsätzliche Änderungen an der derzeitigen Fördersystematik?

Ja. Bisher berechnete die Stadt die Zuschüsse für die freien Träger auf der Basis der Fachkräfte. Künftig sollen Betriebsausgaben die Grundlage für die Zuschüsse sein. So sieht es auch das Landesgesetz vor.

Wie stehen die freien Träger zu dieser Umstellung?

Die beiden großen freien Träger, evangelische und katholische Kirche, begrüßen die neue Systematik. Dadurch würden beispielsweise die Lasten durch steigende Energiepreise berücksichtigt, sagt Steffen Jooß von der evangelischen Kirche. Auch Eckhard Berg von der katholischen Kirche sieht das positiv.

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Verbessert sich, wie von der Stadt angekündigt, die finanzielle Förderung der freien Träger?

Grundsätzlich ja. Für die Umsetzung des neuen Modells rechnet die Stadt für die Jahre 2023 bis 2026 mit Mehrausgaben von 14,5 Millionen Euro. Außerdem gibt sie für das laufende Jahr einen einmaligen Sonderzuschuss zu den Personalkosten in Höhe von einem Prozent der Gesamtausgaben.

Davon müssten die freien Träger doch begeistert sein, oder?

Das kann man so nicht sagen. Sie hatten angesichts jahrelang zu verzeichnender Defizite mit einer deutlich höheren Förderung gerechnet. Denn seit Februar liegt nach Gesprächen zwischen ihnen und dem städtischen Fachbereich ein „Eckpunktepapier“ vor, dass über das jetzt vorliegende Paket hinausgeht. Es hätte beispielsweise eine Förderung von 70 Prozent der Ausgaben schon rückwirkend für 2022 vorgesehen. Jetzt werden erst ab 2023 zunächst 68 Prozent gefördert, die bis 2026 auf 69 Prozent ansteigen.

Hat sich deshalb die Verabschiedung des Modells verzögert?

So ist es. Wegen des Protests der freien Träger nahm der Fachausschuss das Thema im Juli von der Tagesordnung. Im September wurde es wegen andauernden Gesprächsbedarfs erneut verschoben – auf 25. Oktober. Zwischenzeitlich ist die Stadt den freien Trägern ein wenig entgegengekommen, zum Beispiel durch den erwähnten Sonderzuschuss für 2022 und eine frühere Berücksichtigung eines Bonus für Elternbeiträge.

Was hat es mit diesem Bonus für Elternbeiträge auf sich?

Der Stadt geht es dabei um möglichst einheitliche und möglichst niedrige Beiträge. Deshalb fördert sie freie Träger mit weiteren zwei Prozent der Kosten, wenn die Elternbeiträge maximal zehn Prozent über denen liegen, die Kirchen und Kommunale Landesverbände empfohlen haben. Wenn die Beiträge exakt der Empfehlung entsprechen, gibt es ab September 2025 sogar drei Prozent der Kosten der freien Träger.

Heißt das aber nicht auch, dass freie Träger weniger Einnahmen durch Beiträge erzielen würden?

Das stimmt. Und das ist auch ein Problem. Schon jetzt können mehrere freie Träger nur dann annähernd kostendeckend arbeiten, wenn die Beiträge deutlich höher liegen. Das gilt insbesondere für die Kleinen Freigemeinnützigen Träger (KFT), wie Sprecherin Andrea Gerth betont. Ihnen fehle nämlich eine Querfinanzierung, wie sie beispielsweise konfessionellen Trägern möglich sei, die Steuereinnahmen erzielen. Deshalb werde man in aller Regel die Elternbeiträge nicht auf das gewünschte Niveau senken können. Damit gehe die Schere zwischen den städtischen und den eigenen Beiträgen weiter auseinander. Gerth hält deshalb eine stärkere Förderung der KFT für unabdingbar.

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Sind die die Kirchen als große freie Träger zufrieden?

Nicht wirklich. Für Steffen Jooß bringt das neue Modell „keinen Durchbruch im Sinne einer gesunden Kita-Finanzierung“, man werde sehr bald nachverhandeln müssen. Auch Eckhard Berg betont: „Weitere Gespräche sind zeitnah nötig.“

Zeigt sich die Stadt offen dafür, die Diskussion fortzusetzen?

Grundsätzlich ja. „Wir werden auch weiter mit den Trägern in Verhandlung bleiben wollen und müssen“, betont Bürgermeister Dirk Grunert. Deshalb soll das neue Modell auch von Beginn an auf seine Wirksamkeit überprüft (evaluiert) werden. Um die Finanzierung generell zu verbessern, denkt die Stadt auch an eine Erhöhung der Elternbeiträge. Dazu will sie einen Vorschlag erarbeiten.

Immerhin haben im Ausschuss alle zugestimmt.

Schon. Aber mit mehr oder weniger großen Bauchschmerzen. Regina Jutz (Grüne) und Heidrun Kämper (SPD) heben zwar hervor, dass nun Planungssicherheit bestehe. Aber Christiane Fuchs (Freie Wähler/ML) sieht in dem Modell eher einen „Zwischenschritt zu einer angemessenen Kita-Finanzierung“, es sei „weiter nachzubessern“. Die deutliche Kritik der freien Träger müsse man ernst nehmen. Katharina Funk (CDU) wünscht sich ebenfalls eine „Lösung, mit der die kleinen freien Träger besser leben können, als sie es jetzt tun.“ Sie und auch Kathrin Kölbl (FDP/MfM) hätten es besser gefunden, sich auf das „Eckpunktepapier“ zu verständigen.

Mehr Geld – mehr Kita-Plätze, kann man das so sagen?

Das ist eine spannende Frage – und für Christiane Fuchs ein „Gradmesser“ für die Qualität des Modells. Skeptisch zeigt sich auch Katharina Funck. Die Rückmeldungen von freien Trägern stimmten da „eher pessimistisch“. Nalan Erol (Linke) hält indes überhaupt nichts davon, die Elternbeiträge zu erhöhen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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