Kindertagespflege

Neuer Verein "Tageseltern Mannheim" vertritt Interessen von Betreuungskräften

Als Initiative gestartet, jetzt als Verein aktiv: Was die "Tageseltern Mannheim" ihren Mitgliedern bieten - und was sie sich von der Stadt wünschen

Von 
Bertram Bähr
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Die Kinder der von Jessica Klingbeil und Elke Helfert geleiteten Tagespflegestelle „Kleine Raupe“ halten sich oft im Freien auf. © Jessica Klingbeil

Mannheim. Farbige Wäscheklammern liegen neben einer runden Scheibe mit Farbfeldern. Kleinkinder stehen jetzt vor gleich zwei Herausforderungen: Sie sollen die Klammern an der Scheibe befestigen – und zwar auf dem passenden Farbfeld. Oder sie versuchen, einen Strick durch Lockenwickler zu fädeln, mit einer Pipette Flüssigkeiten umzufüllen, mit einer Pinzette kleine Pompoms zu greifen und zu transportieren.

Kindertagespflege als dritte Säule der vorschulischen Betreuungsangebote

  • Kitas und Krippen sind in der öffentlichen Wahrnehmung fest verankert. Das gilt weniger für die Kindertagespflege (KTP) – obwohl sie einen wesentlichen Beitrag zur Betreuung leistet.
  • Die Stadt Mannheim nennt die KTP denn auch „eine der drei Säulen der vorschulischen Kinderbetreuungsangebote“.
  • Knapp 300 Tagespflegemütter oder -väter stellen in Mannheim rund 894 Plätze zur Verfügung (Stand 1. Juli 2022).
  • Fast 90 Prozent der betreuten Kinder ist unter drei Jahre alt. Dass daneben Ältere KTP nutzen, liegt am Mangel an Kita-Plätzen.
  • Der Verein TeMa vertritt die Interessen von Tagespflegeeltern. Umfangreiche Informationen dazu gibt es auch im Internet (unter tageselternmannheim.de).
  • Wer TeMa helfen möchte, kann dies durch Mitgliedschaft, Mitarbeit oder Beitritt zum Freundeskreis.
  • Bei der Stadt gibt’s Infos zur KTP unter cutt.ly/108bNyq

All das und noch vieles mehr steckt in der „Bildungsbox“ zum Thema Feinmotorik. Sie ist eine von einem guten Dutzend, die die Initiative Tageseltern Mannheim (TeMa) konzipiert hat. Andere Boxen wecken „Spaß am Musizieren“, enthalten eine „Bibel für Kleinkinder“, Materialien zu „Garten, Obst, Gemüse“ oder Mülltrennung.

Platzbörse rege genutzt

Die Inhalte sämtlicher Bildungsboxen sind abgestimmt auf Kinder unter drei Jahre. Denn um die dreht sich alles in der Kindertagespflege (KTP). TeMa stellt nicht nur pädagogische Materialien zur Verfügung: Die Initiative sieht sich ganz generell als Interessenvertretung derjenigen, die in der KTP in Mannheim arbeiten. Das sind nach den Zahlen der Stadt knapp 300 Personen. Von ihnen haben sich inzwischen rund 40 TeMa angeschlossen, wie Jessica Klingbeil und Michael J. Busch im Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“ berichten.

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Es sei schwierig, Tagespflegeeltern zu erreichen. Denn es gibt kein zentrales Verzeichnis, das öffentlich einsehbar wäre – auch nicht bei der Stadt. Die Verwaltung argumentiere mit Datenschutz. Klingbeil und Busch bedauern das – nicht nur wegen TeMa, sondern auch wegen der Eltern, die einen Platz suchen.

Unter tageselternmannheim.de bietet die Initiative eine Übersichtskarte mit einem Teil der KTP-Stellen und eine Platzbörse, die gut genutzt werde. Die Nachfrage sei allerdings deutlich höher als das Angebot. Michael J. Busch zum Beispiel bekommt bis zu zwei Dutzend Anfragen, wenn mal wieder einer seiner fünf Plätze frei ist. Es mache sich deutlich bemerkbar, dass viele Krippenplätze fehlten, „die Eltern sind total verzweifelt“.

Jetzt ein eingetragener Verein

TeMa ist seit ein paar Monaten ein eingetragener Verein, den Klingbeil und Busch gemeinsam leiten. Das sei nie ihr Wunsch gewesen, betonen beide, der bürokratische Aufwand sei hoch. Aber um als Ansprechpartner ernst genommen zu werden und um dringend notwendige Spenden zu akquirieren, habe daran kein Weg vorbeigeführt.

Schon zuvor allerdings hatte TeMa einiges erreichen können. In der Corona-Zeit habe man bewirkt, dass nicht nur Kitas und Schulen, sondern auch KTP-Personen und Betreuungskinder kostenlose Testmöglichkeiten bekamen „und wir, wie Lehrer und Erzieher, auch bei den Impfungen gegen Corona nicht außen vor blieben“. Seinen Mitgliedern bietet TeMa neben Arbeitsmaterialien, Platzbörse und Übersichtskarte Musterformulare zu Betreuung, Vollmachten und vielem mehr.

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Für ausbaufähig halten die beiden Vorsitzenden die Zusammenarbeit mit der Stadt Mannheim. Sie könnten sich zum Beispiel gut vorstellen, bei KTP-Qualifizierungsangeboten mitzuwirken und Interessierten Fragen aus der Praxis zu beantworten oder Tipps zu geben. Bisher seien entsprechende Offerten aber auf keine Resonanz gestoßen.

Umso mehr freuen sich Jessica Klingbeil und Michael J. Busch darüber, dass sie beim bundesweiten Wettbewerb „startsocial“ unter die ersten Hundert gekommen sind. Im nächsten Frühjahr wählt eine Jury davon 25 Projekte aus. Bei der Preisverleihung im Frühsommer entscheidet sich, welche sieben Bewerber zu Gewinnern werden und sich ein Preisgeld von 5000 Euro sichern können. Im vergangenen Jahr hatte das aus Mannheim „Das andere SchulZimmer“ geschafft.

Stipendium von „startsocial“

Für TeMa ist schon der Einzug in die erste Runde ein Riesen-Erfolg. Denn das ist verbunden mit einem Stipendium in Form eines viermonatigen Coachings, bei dem den Tagespflegeeltern eine Fachfrau von Roche und ein Fachmann von Mercedes bei der Entwicklung von Konzepten zur Seite stehen. „Für uns ist das eine Ehre und Ansporn zugleich, mit einem Leuchtturmprojekt auch die Stadt Mannheim bundesweit ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken“, freuen sich Klingbeil und Busch.

Allerdings liegt auch eine Menge Arbeit vor ihnen. Vor der Aufnahme in die „Top 100“ haben sie einen Projektplan erstellt – ihn gilt es derzeit mit Unterstützung der Coaches umzusetzen. Zu den Zielen, die sich TeMa gesetzt hat, gehören verstärkte Öffentlichkeitsarbeit in der Presse und auf Social Media, Mitgliedergewinnung und Ansprache neuer Zielgruppen zum Beispiel durch regelmäßige Infoveranstaltungen. Michael J. Busch ist zuversichtlich, bei „startsocial“ damit „unter die letzten 25 zu kommen“.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim. Schwerpunkte: Schulen und Kitas

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