Wohnen

Neue Zweifel am Mannheimer Mietspiegel

Nach einem richterlichen Hinweis ist die Debatte über den Mannheimer Mietspiegel neu entfacht. Diesen hatte die Stadt verspätet vorgelegt - und das könnte nun einige Mieterinnen und Mieter teuer zu stehen kommen

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Martin Geiger
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Die Durchschnittskaltmiete in der Stadt liegt laut Mietspiegel derzeit bei 8,48 Euro pro Quadratmeter. © Bernhard Zinke

Mannheim. Um den Mietspiegel hat es vor mehr als einem Jahr große Diskussionen gegeben: Zum einen, weil die Stadtverwaltung ihn verspätet vorgelegt hat - und zum anderen, weil dies nach Auffassung des Eigentümerverbands Haus und Grund seine Wirksamkeit einschränkt. Jetzt ist die Diskussion erneut entfacht. Denn die Einschätzung von zwei Richtern näheren Zweifel am Mietspiegel. Ein Überblick.

Welche neue Entwicklung gibt es in dem Streit?

Nach Angaben des Eigentümerverbands Haus und Grund sind zwei Richter des Mannheimer Amtsgerichts in zwei Verfahren zu der Rechtsauffassung gekommen, dass der Mietspiegel wohl nicht als qualifiziert anzusehen ist. Stattdessen handele es sich um einen einfachen Mietspiegel.

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Was sagt das Mannheimer Amtsgericht dazu?

Sprecher und Richter Christoph Streiß erklärt: „Ob es sich bei dem aktuellen Mietspiegel der Stadt Mannheim um einen qualifizierten oder um einen einfachen Mietspiegel handelt, ist durch das Amtsgericht Mannheim, soweit ich weiß, noch nicht entschieden worden.“ Allerdings habe er selbst ein Verfahren, in dem diese Frage relevant sei: „In der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2024 habe ich nach vorläufiger Auffassung den Hinweis erteilt, dass es sich lediglich um einen einfachen Mietspiegel handeln dürfte.“ Dies sei jedoch lediglich „eine vorläufige Rechtsauffassung“. Ob die Frage in diesem Verfahren überhaupt entschieden werden müsse, sei offen, da die streitenden Parteien einen Widerrufsvergleich abgeschlossen hätten.

Warum ist diese Frage überhaupt relevant?

Ein qualifizierter Mietspiegel hat im Vergleich zu einem einfachen einen entscheidenden Vorteil: Bei Streitigkeiten über die Miethöhe wird vor Gericht prinzipiell davon ausgegangen, dass er die ortsübliche Vergleichsmiete darstellt - die bei Mieterhöhungen, aber auch bei Neuvermietungen der entscheidende Faktor ist. Fachleute bezeichnen das auch als Vermutungswirkung. Liegt lediglich ein einfacher Mietspiegel vor, gibt es größere Spielräume für Mieterhöhungen: Hausbesitzer haben dann deutlich bessere Chancen, Erhöhungen zu begründen, indem sie drei vergleichbare Wohnungen mit höheren Preisen benennen.

Wie verhält sich die Stadtverwaltung?

„Die Stadt Mannheim geht weiterhin von einem rechtsgültigen qualifizierten Mietspiegel aus“, erklärt eine Sprecherin des zuständigen Dezernats von Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD). Die Begründung: „Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anpassung und für die Neuerstellung ist der Stichtag, zu dem die Daten für den Mietspiegel erhoben wurden. Dieser lag für den Mietspiegel 2023/ 2024 am 1. Juli 2022. Damit sind die Anforderungen gemäß Paragraf 558d BGB erfüllt.“

Welche Auffassung vertritt der Eigentümerverband Haus und Grund?

Für ihn ist nicht der Stichtag relevant, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Datenerhebung sowie der Veröffentlichung des Werks. Und bei beidem sei die gesetzlich geforderte Zwei-Jahres-Frist nicht eingehalten worden, erklärt Vorstand Josef Piontek. Darum sei der vorliegende Mietspiegel lediglich ein einfacher. Diesen Standpunkt hatte der Verband bereits bei der Vorstellung des Werks Anfang 2023 vertreten - und seine Mitglieder entsprechend beraten. Piontek zufolge ist es so auch zu den strittigen Fällen beim Amtsgericht gekommen.

Warum hatte die Stadt den Mietspiegel zu spät vorgelegt?

Aus verschiedenen Gründen, erklärte eine Sprecherin des Baudezernats seinerzeit: „Sowohl in der Vorbereitung der Befragung als auch aufgrund des Rücklaufes der Unterlagen ergaben sich Verzögerungen gegenüber der ursprünglichen Zeitplanung.“

Wie positioniert sich der Mieterverein in der Frage?

Auch für ihn ist der Mietspiegel ein qualifizierter, erklärt Vorsitzender Gabriel Höfle und verweist ebenfalls auf den Stichtag. Bei den Einschätzungen der Richter handele es sich lediglich um vorläufige Rechtsauffassungen, nicht um Urteile: „Somit hat der aktuelle Mietspiegel noch volle Gültigkeit.“

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Warum ist der Mietspiegel eigentlich so wichtig?

Weil er für rund 115 000 frei finanzierte Wohnungen in der Stadt die „ortsübliche Vergleichsmiete“ definiert. An ihr bemisst sich die angemessene Miete - und damit der Spielraum für Mieterhöhungen. In der Regel können die Besitzer die Mietpreise bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Allerdings nur, wenn vorher 15 Monate lang keine Steigerung erfolgte. Zudem darf in Mannheim die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 15 Prozent erhöht werden. Auch bei Neuvermietungen spielt der Mietspiegel eine wichtige Rolle: Da in der Stadt die Mietpreisbremse gilt, darf der Wert um maximal zehn Prozent überschritten werden.

Wie lange gilt der Mietspiegel noch?

Bis Dezember - dann soll nach Angaben der Stadtverwaltung der nächste erscheinen. Der Prozess zur Erarbeitung sei bereits gestartet worden. Bis dahin gilt weiterhin der Durchschnittswert von 8,48 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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