Mit dem Gemeinderatsbeschluss über die Umbenennung der Straßen in Rheinau-Süd ist das Thema politisch abgeschlossen. Den Akteuren ist Erleichterung anzumerken. Die vierjährige Diskussion war mühsam, emotional, zuweilen auch unerfreulich. Aber notwendig.
Die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschiche ist so unerlässlich wie die des Dritten Reiches und der SED-Diktatur; sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und eben keine grün-linke Umerziehungsaktion, als die sie oft denunziert wird.
Deshalb hatten ja auch CDU, ML und FDP 2022 im Gemeinderat den Grundsatzbeschluss mitgetragen, dass die alten Namen verschwinden müssen. Für ihre Fraktionsspitzen Kranz, Schmid und Reinemund wäre es jetzt angemessen gewesen, diese Notwendigkeit nochmals zu bekräftigen, statt so zu tun, als hätten sie mit der Sache wenig zu tun.
Überhaupt war die Diskussion von Nebelkerzen geprägt. Die ML etwa hatte erfragt, wie teuer die Umbenennung sei - und mit der Antwort darauf ungewollt den Kritikern der Umbenennung ein Argument aus der Hand genommen. Nur 53 000 Euro kostet das Ganze. Der oft gehörte Einwand, mit dem Geld für die Straßenschilder solle man „lieber die Straßen sanieren“, wird dadurch endgültig ad absurdum geführt.
Bei der konkreten Umsetzung muss die Stadt nun helfen - den wenigen Betrieben hier, die dies brauchen, finanziell und den Anwohnern, gerade den Älteren unter ihnen, bei der Bürokratie. Denn eines steht fest: Auf die Betroffenen kommt ein Wust von Behördengängen und Schriftsätzen zu, von der Benachrichtigung der Bekannten ganz abgesehen.
Ja und die neuen Namen? Problematisch bleibt Neumayer; dies noch einmal artikuliert zu haben, war das Recht der LI.PAR.Tie. Doch als er auf der Liste stand, in der Bürgerbefragung gewählt und vom Bezirksbeirat einstimmig bestätigt wurde - da war das Ja im Rat alternativlos. Ein politisches Zeichen gegen Kolonialismus und Rassismus ist das zwar nicht. Doch bei aller Kritik bleibt ein großer Erfolg: Drei erwiesene Kolonialverbrecher und ein Hitler-Fan verlieren ihre Würdigung. Und durch Ersatznamen, die sogar den Anwohnern gefallen.
Und wie weiter? Die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte geht jetzt erst richtig los. Der Oberbürgermeister hat dies jüngst im Salon Diplomatique dem Botschafter von Namibia persönlich zugesagt. In der Erinnerungsarbeit der Stadt muss dies nun aber auch konkrete Folgen haben.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Erinnerungskultur Neue Straßennamen in Rheinau-Süd doch ein Erfolg
Die neuen Namen für vier Straßen im Ortsteil Rheinau-Süd sind nicht optimal, aber dennoch ein Erfolg, findet Konstantin Groß. Denn drei Kolonialverbrecher und ein Hitler-Verehrer verlieren damit ihre Würdigung