Mannheim. Die Fassade ist weiß gestrichen, ein großes Schild vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) montiert. Die Hallen der ehemaligen Kfz-Werkstatt in der Innstraße stehen zwar noch leer. Doch ab Oktober soll von hier ein Rettungswagen ausrücken.
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Der ASB habe das Gebäude angemietet, bestätigt ASB-Geschäftsführer Joachim Schmid. Man wolle von dort „die durch den Bereichsausschuss beschlossene dynamische Gebietsabdeckung im Bereich Casterfeld durchführen“. Das Gremium aus Krankenkassen und Hilfsorganisationen hatte beschlossen, so Schmid, „einen neuen/weiteren Tag-Rettungswagen im Versorgungsbereich Süd“ zu stationieren. Dieses Fahrzeug werde durch den ASB betrieben. Der hatte bisher im Mannheimer Norden seinen Schwerpunkt, während die Johanniter von Friedrichsfeld aus den Süden abdeckten.
Gutachter sieht Defizite in mehreren Teilen Mannheims
Der Rettungsdienst in Mannheim gilt schon lange als mehr als ausgelastet, zu Spitzenzeiten auch als überfordert. Das gilt bereits dann, wenn man bei der Berechnung der Kapazität als Hilfsfrist, wie zuletzt das Land, von 15 Minuten ausgeht, in denen Hilfe da sein muss. Immer öfter schickt die Leitstelle daher Löschfahrzeuge der Feuerwehr los, damit die Beamten lebensrettende Sofortmaßnahmen einleiten können, bis ein Rettungswagen kommt. „First Responder“ nennt man solche qualifizierten Ersthelfer. Daher war der Einsatz von zusätzlichen Rettungswagen und der Betrieb neuer Rettungswachen bereits in einem Gutachten vom August 2022 gefordert und mehrfach diskutiert, aber immer wieder verschoben worden. Defizite stellte der Gutachter dabei im Mannheimer Norden, im Süden (Rheinau-Süd/Hochstätt), im Neubaugebiet Franklin und Teilen der Neckarstadt fest. Basis waren die Einsatzzahlen von 2021, aber die sind seither weiter gestiegen.
Mit Blick auf seinen neuen, vom VGH aber für rechtswidrig erachteten Rettungsdienstplan untersagte das Land indes Alleingänge in einzelnen Kommunen und wollte ein Strukturgutachten für den gesamten Rettungsdienst im Land in Auftrag geben. Dazu ist es vor dem Urteil nicht mehr gekommen.
Mannheim liegt im Vergleich weit hinten
Legt man die vom VGH vorgegebene Hilfsfrist von zehn Minuten zugrunde, liegt Mannheim ganz weit hinten. Internen Zahlen zufolge – offizielle Daten gibt es für die Zehn-Minuten-Frist nicht – werden die zehn Minuten in Mannheim höchstens bei 60 bis 65 Prozent der Notfälle erreicht. Zum Vergleich: Hessen verlangt generell zehn Minuten in 90 Prozent der Fälle. Um das zu erreichen, wären in Mannheim aber deutlich mehr Rettungswagen nötig – und ebenso das entsprechende Fachpersonal.
In zwei anderen Punkten werden die Vorgaben des VGH in Mannheim gleichfalls nicht erreicht. Auch die Rettung schwergewichtiger Patienten sei „hilfsfristrelevant“, so die Richter. Realität ist aber, dass bei einem solchen Patienten (über 140 Kilo) erstmal das Spezialfahrzeug mit gefederten Fahrgestell und bis 300 Kilo belastbarer, elektrohydraulischer Trage besetzt und losgeschickt werden muss. Für Neugeborene und Säuglinge hat der reguläre Rettungsdienst überhaupt nichts vorgesehen, obwohl die Richter auch da unter Hinweis auf das Grundrecht auf Leben einen Bedarf sehen. Das Mannheimer Baby-Notarzt-Einsatzfahrzeug ist durch Spenden finanziert und wird vom Klinikum besetzt.
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