Tödlicher Polizeieinsatz

Nach Vorfall an Uni: Hat Täter schon früher Politiker bedroht und Vater angegriffen?

Er soll zwei Wahlveranstaltungen gestört und Lokalpolitiker bedroht haben: Nach dem tödlichen Polizeieinsatz an der Uni Mannheim soll der verstorbene Mann schon vorher öffentlich negativ aufgefallen sein

Von 
Lisa Uhlmann
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In diesem Hörsaal hatten die Polizisten den bewaffneten Mann entdeckt und einen Schuss auf ihn abgegeben. © Kilian Harmening

Mannheim. Bedrohte Kommunalpolitiker und ein Angriff auf den eigenen Vater: Nach Informationen dieser Redaktion ist der 31-Jährige, auf den Polizisten bei einem Einsatz in der Uni Mannheim geschossen und ihn tödlich verletzt haben, schon mehrfach öffentlich negativ aufgefallen. So berichten dieser Redaktion gleich zwei Lokalpolitiker aus Mannheim, dass der 31-Jährige sie auf einer Veranstaltung verbal bedroht haben soll.

Derselbe Mann hatte vor knapp zwei Wochen einen Polizeieinsatz an der Uni Mannheim ausgelöst. Trotz Hausverbots hatte er laut dem jetzigen Stand der Ermittlungen mit einer Machete im Gepäck zunächst die BWL-Bücherei besucht. Dort soll er laut Augenzeugenberichten versucht haben, selbst hergestellte Sticker auf Tische zu kleben.

Verteilte Aufkleber weder extremistisch noch religiös

Die Sticker, die der Redaktion vorliegen, haben weder einen extremistischen noch einen religiösen Hintergrund. Vielmehr zeigt einer der Sticker den Mann selbst und verweist auf seine verschiedenen Online-Auftritte samt auf seinen Youtube-Kanal. Auf einem anderen wiederum ist die US-Werbefigur Uncle Sam zu sehen, mit der die US-Regierung Soldaten für den Ersten Weltkrieg rekrutiert hat.

Solche Aufkleber hatte der 31-Jährige in der Uni Mannheim verteilt. © Kai Plösser

Darauf ist in Englisch zu lesen: „Bist du komplett untalentiert? Bist du pleite? Hat dich niemand in der Kindheit geliebt? Dann werde Wissenschaftler!“ Auf einem Tisch direkt daneben ist außerdem der vermeintliche Uni-Abschluss des Mannes zu sehen. Genau diese Aufkleber wollte der 31-Jährige, nachdem er deswegen mit einer Mitarbeiterin der Bücherei aneinandergeraten war, am selben Tag in einem Hörsaal anbringen.

Dort entdeckten ihn die zwei alarmierten Polizisten mit einer schwarzen, circa 40 Zentimeter lange Machete in der Hand. Versuche, verbal auf den Mann einzuwirken und ihn dazu zu bewegen, die Machete aus der Hand zu legen, schlugen laut einer Pressemitteilung des Landeskriminalamts (LKA) fehl. Daraufhin kam es zu einem Schuss aus der Dienstwaffe eines Beamten, um den Mann zu stoppen. Der Schuss traf den Mann in den Oberkörper. Laut vorläufigem Obduktionsergebnis soll der Schuss tödlich gewesen sein. Wenig später verstarb der 31-Jährige im Krankenhaus.

31-Jähriger soll Vater mit Messer angegriffen haben 

Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt auch die Staatsanwaltschaft Mannheim, die gemeinsam mit dem LKA die Ermittlungen leitet, dass es vor zwei Jahren, im April 2022, bereits ein Verfahren gegen den gebürtigen Saarbrücker gegeben hat. Damals soll er in Mannheim seinen eigenen Vater mit einem Messer angegriffen haben. Als Familienangehöriger hatte der Vater allerdings im deswegen eröffneten Verfahren nicht gegen seinen Sohn ausgesagt, also von seinem Zeugenverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

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Das Verfahren wurde daraufhin eingestellt, der Mann somit vor einer Verurteilung bewahrt. Aus diesem Grund ist der 31-Jährige eben nicht rechtskräftig verurteilt und damit auch nicht vorbestraft, sondern gilt lediglich als polizeibekannt. Ein weiteres Mal angezeigt wegen Körperverletzung wurde der 31-Jährige in diesem Jahr, nämlich zwei Wochen vor der Tat an der Uni.

Der Grund: Schon damals soll er gegenüber einer Mitarbeiterin in der Bücherei handgreiflich geworden und an verschiedenen Stellen in der Uni als Störer aufgefallen sein. Offenbar ist der Mann aber nicht nur in der Universität negativ aufgefallen, sondern bereits in der Vergangenheit auf politischen Wahlkampfveranstaltungen von zwei Mannheimer Lokalpolitikern.

Politiker verbal bedroht - aus dem Saal verwiesen

Zum ersten Mal aufgefallen war der Mann laut „MM“-Informationen auf einer Wahlveranstaltung eines bekannten Lokalpolitikers in Mannheim im vergangenen Jahr. Der zweite Vorfall soll sich dann auf einer Wahlveranstaltung der SPD zur Europawahl Ende März dieses Jahres ereignet haben. Dabei soll der Mann als Zuhörer im Publikum gesessen und eine Frage gestellt haben.

Als Reaktion auf die Antwort der Politiker soll er einem davon den Tod gewünscht haben. Daraufhin sei er vom Moderator als Störeraus des Saales verwiesen worden. Im Beisein seines Vaters, der sich für das Verhalten seines Sohnes entschuldigt hatte, soll der Mann dann ohne weitere Widerworte oder Widerstand die Veranstaltung verlassen haben. So berichten es die Betroffenen dieser Redaktion vertraulich.

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Unterdessen hat auch die Universität Mannheim bekanntgeben, ihren geplant Universitätstag am 19. Juni nachzuholen. Der Tag war wegen des tödlichen Polizeieinsatzes nur einen Tag vor Veranstaltungsbeginn abgesagt worden. Der reguläre Universitätsbetrieb dagegen war einen Tag nach dem Einsatz wieder wie gewohnt angelaufen.

Bislang haben die Ermittler des Landeskriminalamts mehr als 25 Zeugen vernommen sowie den Tatort per Laserscanner vermessen. Inwieweit bei dem 31-Jährigen eine etwaige psychische Erkrankung vorlag, ist laut Staatsanwaltschaft und LKA weiterhin Gegenstand der Ermittlungen.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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