Das Beben an der Parteispitze der Grünen im Bund beschäftigt natürlich auch die Grünen in Mannheim. „Es kommt für alle überraschend“, sagt Tamara Beckh, eine der beiden Vorsitzenden der Mannheimer Grünen, auf Anfrage. „Es verdient Respekt, dass sie sich trauen, diesen Schritt zu gehen. Ricarda und Omid haben beide gute Arbeit gemacht. Dass sie hier Verantwortung übernehmen, anstatt ihre eigenen Interessen vorne anzustellen, zeugt von großer Professionalität“, so Beckhs Reaktion zum angekündigten Rücktritt von Ricarda Lang und Omid Nouripour.
Die Entscheidung der beiden sieht Beckh nun als Signal, dass die Grünen bereit für eine Erneuerung sind. Hinweise, dass die Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP dadurch auseinanderbrechen könnte, sieht sie aber nicht: „Es ist auch ein Zeichen, dass sie bereit sind, in der Ampel weiter Verantwortung zu übernehmen.“
Dennoch setzt Beckh ihre Hoffnungen auf den Neustart. Der neue Bundesvorstand, der beim Parteitag im November gewählt wird, müsse sich nun ausführlich damit beschäftigen, die Grünen wieder auf Kurs zu bekommen. An Spekulationen, wer auf Lang und Nouripour folgen könnte, will sich Beckh zwar nicht beteiligen. Sie denkt aber: „Es würde Sinn machen, wenn wir neue Gesichter sehen, die noch nicht vorbelastet sind.“
Rücktritt des Bundesvorstands hat wenig Auswirkungen auf die Mannheimer Grünen
Nina Wellenreuther, Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Gemeinderat, will ebensowenig spekulieren. „Ich bin gespannt, wer beim Bundesparteitag den Hut in den Ring werfen wird“, sagt sie. Zwar habe die Entscheidung wenig Auswirkungen auf die Kommunalpolitik der Grünen. Wellenreuther will aber z2025 für den Bundestag kandidieren, weswegen sie das Thema umso mehr umtreiben dürfte. „Ich war erst überrascht, aber eigentlich war es der logische Schritt. Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung.“ Sie sagt aber auch: „Die Wahlergebnisse waren schlecht, und es musste sich etwas ändern.“
Alle sollten noch mal ihre Position reflektieren, um das letzte Jahr konstruktiv zu Ende zu bringen
Langs und Nouripours Arbeit will sie aber nicht kleinreden: „Gerade in der derzeit aufgeheizten Stimmung war das nicht einfach. Da muss man den Hut vor der Arbeit ziehen.“ Der Rücktritt komme zum richtigen Zeitpunkt, um die Partei für die künftigen Aufgaben und die Bundestagswahl gut aufzustellen. „Dafür braucht es Persönlichkeiten, die Vertrauen in die Grüne Politik zurückgewinnen.“ Dazu müssten die Ängste der Menschen ernst genommen werden, aber vor allem auch Lösungen, die einen Mehrwert böten, präsentiert werden. „Die gilt es, klar verständlich nach außen zu geben und uns natürlich auf unsere Kernthemen zu fokussieren, um somit die Debatte wieder selbst mitzubestimmen und sich nicht treiben zu lassen“, fordert Wellenreuther.
Trotz der jüngsten Ereignisse an der Parteispitze geht sie nicht davon aus, dass die Koalition auseinanderbricht. Sie wäre auch nicht unbedingt dafür: „Alle sollten noch mal ihre Position reflektieren, um das letzte Jahr konstruktiv zu Ende zu bringen“, sagt Wellenreuther. Für einen Neustart innerhalb der Partei sei eine Auflösung der Ampel auch nicht nötig. Sie denkt vielmehr, dass der Wechsel an der Parteispitze „neue Impulse und auch neue Akzente mit sich bringt“, die sich positiv auswirken könnten. „Ich kann mir vorstellen, dass das durch einen neuen Bundesvorstand gelingt, der eine größere Akzeptanz erringen und so die Grünen in ein anderes Licht rücken kann.“
Auch Landtagsabgeordnete Elke Zimmer hat „großen Respekt“ vor der Entscheidung des Bundesvorstands und begreift den Rücktritt als „Chance“, wie sie sagt: „Es kann für die Partei eine Art Neuanfang sein und Aufbruchstimmung erzeugen.“ Wie Wellenreuther und Beckh spricht sie von einem Signal, dass es vielleicht gebraucht habe, um wieder aus dem Tief zu kommen. Sie befürchtet ebenso wenig, dass der Wechsel an der Spitze der Grünen eine Auswirkung auf die Ampel hat. Wichtig sei jedoch, dass die Wähler in Zukunft wieder Vertrauen in die handelnden Personen aufbauen können und sie so auch wieder die Grüne Politik anspricht: „Es ist Aufgabe des neuen Bundesvorstands dieses Vertrauen bei den Menschen zu erreichen“, sagt Zimmer.
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