Mannheim. Das eine oder andere Mitglied des Gemeinderats befindet sich nach der offiziellen letzten Sitzung vergangene Woche bereits im Urlaub oder zumindest auf dem Weg dorthin. Nachdem aber der scheidende Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) zu einer Sondersitzung des Gremiums an diesem Donnerstag geladen hat, um den designierten Nachfolger Christian Specht zum Amtsverwalter zu bestellen, gibt es bei dem einen oder der anderen wohl Änderungen in der Planung.
Eigentlich sollte Specht ja in dieser Woche das Amt des Oberbürgermeisters antreten. Drei Einsprüche gegen das Wahlergebnis vom 9. Juli sorgen nun aber dafür, dass sich der Amtsantritt womöglich verschiebt. Damit die Verwaltung handlungsfähig bleibt, kann die Mehrheit des Gemeinderats Specht nun als Amtsverwalter bestellen.
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Eine Umfrage dieser Redaktion unter den Fraktionen im Gemeinderat am Dienstag lässt darauf hoffen, dass zumindest eine komfortable Mehrheit der 49 stimmberechtigten Mitglieder des Gemeinderats (48 Stadträte und Stadträtinnen sowie der Oberbürgermeister) am Donnerstag in Mannheim sein wird. Zählt man die Angaben der sieben Fraktionen zusammen, werden mindestens 33 Stadträte und Stadträtinnen abstimmen. Einige, heißt es, beenden ihre Urlaube oder unterbrechen sie.
Zwei Fälle in der Vergangenheit
Die größte Fraktion am Donnerstag dürfte die SPD stellen, die laut ihrem Vorsitzenden Thorsten Riehle „nach jetzigem Stand“ mit neun Mitgliedern an der Sitzung teilnimmt. Die Grünen rechnen mit sieben bis acht Anwesenden ihrer Fraktion, die mit zwölf Köpfen die insgesamt größte des Gemeinderats ist. Die CDU rechnet laut ihrem Fraktionsvorsitzenden Claudius Kranz „auf jeden Fall“ mit fünf, vielleicht sogar sechs Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Nach wie vor nicht klar ist, wer die drei Einsprüche gegen das Ergebnis eingelegt hat, nach dem Specht am 9. Juli mit 49,89 Prozent der Stimmen vor Riehle (48,7) zum Nachfolger von Kurz und neuen Oberbürgermeister gewählt worden war. Nach Informationen dieser Redaktion ist es allerdings keiner der Unterlegenen, die das Ergebnis anfechten. Dass das Ergebnis einer Oberbürgermeisterwahl angefochten wird, ist keinesfalls Alltag - allerdings auch kein Novum. Weder in anderen Städten noch in Mannheim.
So wurde nach der Wahl von Hans Reschke 1955 Einspruch eingelegt, weil politische Kontrahenten den Wahlsieger als politisch untragbar hielten. Deutlich mehr als ein Jahr nach seinem Wahlsieg wurde der auch von CDU und FDP unterstützte Reschke schließlich 1956 ins Amt eingeführt - und füllte dies bis 1972 aus, nachdem er 1964 mit 99,8 Prozent wiedergewählt wurde.
1980 war es Florian Burlafinger selbst, der gegen seine Niederlage gegen Wilhelm Varnholt Einspruch einlegte. „Die Demokratie muss eine ganze Menge aushalten. Auch Leute wie Florian Burlafinger, die sich zwar demokratischen Wahlen stellen, deren eindeutiges Ergebnis aber nicht anerkennen wollen“, berichtete der „Mannheimer Morgen“ am 8. August 1980.
Burlafinger war einer von sieben Kandidaten, die sich um die Nachfolge von Ludwig Ratzel bewarben. Bereits 1976 hatte er gegen eine verlorene Wahl in Mosbach Einspruch eingelegt. Der Einspruch wurde ebenfalls abgewiesen und Varnholt im November 1980 - also vier Monate nach seinem Wahlsieg am 20. Juli - ins Amt eingeführt.
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