Mannheim. Am Rosenmontag warten Katze Wölkchen und die beiden Kaninchen Pauline und Paulino vergebens darauf, dass ihr Frauchen wieder nach Hause kommt. Die 73-jährige Mannheimerin wird schwer verletzt, als ein 40-Jähriger mit seinem Auto Hunderte Meter weit über die Mannheimer Planken rast und absichtlich Menschen erfasst. Noch immer muss die Frau in einer Klinik behandelt werden.
Verletzte 73-Jährige sitzt nach Mannheimer Amokfahrt noch im Rollstuhl
Ihrem Nachbarn ist es zunächst zu verdanken, dass die Tiere nicht verhungern. Er kümmert sich um das Trio, kann die Pflege alleine aber nicht stemmen. Marcel D., der seinen richtigen Namen nicht nennen möchte, hört von der Not und springt ein. Seit gut zwei Wochen geht er nun jeden Tag nach der Arbeit mit seiner Frau in der Wohnung vorbei, füttert die Tiere, macht sauber und sorgt für ausreichend Streicheleinheiten. „Vor allem die 18 Jahre alte Katze braucht sehr viel Zuwendung“, berichtet er.
Täglich rund zwei Stunden investiert das Paar in die Pflege von Wölkchen, Pauline und Paulino. Und nicht nur das: Die beiden kaufen auch Futter, Streu und andere Dinge, die erforderlich sind. „So teuer ist das nicht, das ist kein Problem für uns“, wehrt der Mann, der nicht im Mittelpunkt stehen will, bescheiden ab. Das hätte auch jeder andere getan, der von der Notlage gehört hätte, sagt er.
Bilder seiner Schützlinge und kurze Berichte, wie es den dreien geht, schickt er regelmäßig in die Klinik. Dass es ganz entscheidend für seine Mandantin sei, ihre Lieblinge gut versorgt zu wissen, bestätigt ihr Rechtsbeistand Thomas Franz aus Ketsch auf Anfrage. Als „überraschend gut“ bezeichnet der Anwalt den aktuellen Zustand der 73-Jährigen. Sie sei zwar noch ans Bett gebunden und könne sich nur im Rollstuhl fortbewegen, weil sie ihre Beine noch nicht belasten dürfe. „Aber mental fand ich sie in einem sehr reflektierten Zustand“, so Thomas Franz.
Tieren fehlen Gesellschaft und Streicheleinheiten
Da ein Ende des Klinikaufenthalts noch nicht absehbar ist und die Tiere besser mehrmals am Tag versorgt werden müssten, schalten Marcel D. und die Opferhilfe Weißer Ring die „Silberpfoten“ ein. Dieser Verein aus Stuttgart unterstützt ältere Menschen bei der Versorgung ihrer Haustiere, damit beide trotz alters- oder gesundheitsbedingter Einschränkungen der Tierhalter so lange wie möglich zusammenbleiben können.
Über die Website und die Social Media-Kanäle der „Silberpfoten“ werden ehrenamtliche Helfer aus der Nachbarschaft gesucht, die die Senioren bei der Tierhaltung unterstützen. Die 73-jährige Mannheimerin sei hier bereits seit gut einem Jahr registriert und hatte bereits Unterstützung für Tierarztfahren sowie eine Tierbetreuung für mögliche Krankenhausaufenthalte gesucht, erzählt „Silberpfoten“-Leiter Marcel Yousef.
„Es geht vor allem um das Füttern, die Wassergabe und die Kontrolle, ob mit dem Trio alles in Ordnung ist, sowie um etwas Gesellschaft insbesondere für Wölkchen. Die Perserkatzen-Oma ist sehr verschmust, und ihr fehlen die Gesellschaft und die Zuwendung sehr, die sie von ihrem Frauchen gewöhnt ist. Auch Löwenkopf-Kaninchen Pauline und Holländer-Kaninchen Paulino sind freundlich und handzahm und freuen sich über etwas Abwechslung“, heißt es in dem online veröffentlichten Hilfegesuch.
Es schlägt ein wie eine Bombe. Allein auf Facebook wird der Post knapp 2000 Mal geteilt. „Sehr, sehr viele Menschen haben sich gemeldet. Wir sind überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft“, berichtet Marcel D. und fügt hinzu: „Ich wäre ja schon froh gewesen, wenn es nur einer gewesen wäre. Aber jetzt ist eine optimale Versorgung der drei Tiere über den ganzen Tag hinweg gewährleistet.“
Viele Leute bieten auch an, Futter zu kaufen. Ein mobiler Katzensalon möchte Wölkchen kostenlos entfilzen und bürsten. „Ich bin ganz weit weg von Mannheim. Aber die Hilfsbereitschaft ist echt toll. Ich danke allen, die helfen wollen. Ihr seid die Besten“, kommentiert Facebook-Nutzerin Susanne Köhler.
Und nicht zuletzt denken die User auch an das verletzte Frauchen. „Ich wünsche der Besitzerin der kleinen Fellmäuse gute Besserung. So traurig, dass sie bei der unfassbaren Tat verletzt wurde. Wenn es den Tieren gut geht, kann sie auch schneller gesund werden“, schreibt Tina Riesch.
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