Mannheim. Wer die erbitterte Debatte um das sogenannte Heizungsgesetz verfolgt hat, kann erahnen, welche Reaktionen diese Entscheidung auslösen wird: Das Energieunternehmen MVV will bis 2035 das Mannheimer Erdgas-Verteilnetz stilllegen. Das bestätigte das Versorgungsunternehmen, das mehrheitlich der Stadt gehört, auf Anfrage. Was bedeutet das? Ein Überblick.
Was plant die MVV?
Sie will bis zum Jahr 2035 das Erdgas-Verteilnetz in Mannheim stilllegen. Das bedeutet, dass spätestens ab 2035 Gebäude, die derzeit noch mit Gas zum Heizen, Kochen oder zum Erhitzen von Wasser beliefert werden, nicht mehr versorgt werden - und zwar weder von der MVV noch von einem anderen Lieferanten: weil es kein Netz mehr gibt.
Was heißt das für Besitzer von Gasheizungen?
Ohne Gasverteilnetz keine Gasheizungen - so einfach ist es im Prinzip, sagt Norbert Ufer, Obermeister der Innung Sanitär, Heizung, Klima Rhein-Neckar. Zwar bestehe theoretisch schon die Möglichkeit, Flüssiggas in Tanks zu lagern, um damit eine Gasheizung zu betreiben, so der Fachmann. Dies könne jedoch höchstens eine „Insellösung“ für einzelne Gebäude sein, sagt Ufer, „aber nicht flächendeckend“. Das bedeutet: Wer noch eine Gasheizung hat, muss sich bis spätestens 2035 um eine Alternative kümmern.
Warum will die MVV das Verteilnetz stilllegen?
Im Kern führt das Unternehmen zwei Gründe an: Erstens die aus Klimaschutzgründen notwendige Wärmewende, die durch die jeweiligen Vorgaben von EU, Bund, Land und Kommune konkretisiert werde. Da das Heizen mit Erdgas aufgrund dieser Entwicklung absehbar jedoch immer teurer werde, erwarte man zweitens, dass zunehmend weniger Hausbesitzer sich dafür entscheiden - und somit die Kosten für die verbleibenden Kunden noch stärker steigen. Denn die erforderlichen Investitionen für das Instandhalten des Netzes etwa werden über die Netzentgelte auf die Verbraucherinnen und Verbraucher umgelegt. Sinkt deren Zahl jedoch, erhöht sich die individuelle Belastung.
Warum geht die MVV davon aus, dass die Nutzung von Erdgas „erheblich teurer“ wird?
„Die CO2-Preise werden perspektivisch deutlich steigen“, erklärt das Unternehmen. Bei den Netzentgelten sei - wie beschrieben - die gleiche Entwicklung zu erwarten. Darum hält die MVV „das Weiterbetreiben von gasbefeuerten Anlagen im Privatkundenbereich“ perspektivisch nicht für „das Mittel der Wahl“.
Vor zwei Jahren hat die MVV aber doch noch versprochen, dass sie ab 2035 eine klimafreundliche Ersatzlösung anbieten wird. Warum geschieht das nicht?
Das Unternehmen erklärt dazu, dass ein 1:1-Ersatz mit Biogas wie etwa Biomethan nicht möglich sei, „da hierfür die Mengen bei Weitem nicht ausreichen werden“.
Könnte Wasserstoff nicht die Lösung sein?
Nein, sagt die MVV: „Die Umstellung von der Gasversorgung von Endkunden im Niederdruckbereich auf Wasserstoff ist aus technischen und Kosten- und Kapazitätsgründen nicht realisierbar“, heißt es in der Stellungnahme. „Außerdem wird Wasserstoff in absehbarer Zeit nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen.“ Strombetriebene Wärmepumpen seien beim Heizen die effizientere Lösung: „Eine leitungsgebundene Versorgung mit Wasserstoff ist für Privathaushalte damit keine Alternative.“
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Wie viele Haushalte in Mannheim heizen mit Gas?
Dem Abschlussbericht für die kommunale Wärmeplanung zufolge gibt es in der Stadt rund 66 410 Heizungen. Derzeit nutzen demnach 37 Prozent davon Gas als Brennstoff - also mehr als 24 400.
Welche alternativen Wärmelösungen gibt es?
Zum einen natürlich die Fernwärme, die in den nächsten zehn Jahren weiter ausgebaut werden soll. Allerdings ist sie nicht im gesamten Stadtgebiet verfügbar. Wer wissen will, ob - und falls ja, wann - er angeschlossen werden kann, kann im „Verfügbarkeitscheck“ auf der Internetseite der MVV (www.mvv.de) nachschauen.
Was ist, wenn ich keine Fernwärme bekomme oder will?
Dann läuft es in den meisten Fällen vermutlich auf eine Wärmepumpe, eine Pelletheizung oder eine Kombinationslösung hinaus. Abhängig ist dies jeweils vom Gebäudetyp und - zustand: Eine „goldene“ Lösung für alle gibt es Experten zufolge nicht.
Was bedeutet dieser Schritt für Unternehmen in Mannheim?
Auch sie bekommen laut MVV ab 2035 kein Gas mehr, wenn sie am Verteilnetz hängen. Lediglich mit Industriekunden, die an das Hochdrucknetz angeschlossen sind, führe man Gespräche über die Nutzung von Wasserstoff. Klar sei auch da: „Das fossile Gas muss absehbar durch Alternativen ersetzt werden.“
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