Rhein-Neckar. Die spannendste Frage ist noch immer nicht beantwortet: Wohin genau kommen in der Region die Geothermie-Kraftwerke, die heißes Wasser aus einer Tiefe von 3000 bis 4000 Metern hervorholen sollen? Die Frage wird wohl auch noch ein paar Monate unbeantwortet bleiben. Bekanntlich gibt es vor allem zwei Unternehmen, die die Tiefengeothermie in der Region vorantreiben wollen - wenngleich mit unterschiedlichen Zielsetzungen.
Das Unternehmen GeoHardt, ein Joint Venture der Energieversorger MVV (Mannheim) und EnBW (Karlsruhe), will bis zum Jahr 2030 umweltfreundlich Fernwärme produzieren - also nicht mehr durch Kohleverbrennung im Grosskraftwerk Mannheim, sondern durch Erdwärme. Den Grundlast-Bedarf der Kunden sollen drei Geothermie-Kraftwerke decken. Das Karlsruher Unternehmen Vulcan Energy dagegen will vor allem das Leichtmetall Lithium aus dem Thermalwasser lösen. Lithium ist höchst begehrt unter anderem für den Bau von Batterien elektrischer Fahrzeuge. Mittelfristig will Vulcan 48 000 Tonnen pro Jahr aus dem Oberrheingraben fördern.
Beide Unternehmen hüllen sich allerdings seit einem Jahr in Schweigen, wo genau sie bohren wollen.
Wie ist der Stand der Untersuchungen?
Anfang 2023 haben beide Unternehmen seismische Messungen durchgeführt. Mit Spezialfahrzeugen schickten die GeoHardt-Experten an 4000 Stellen Schallwellen in den Boden. An 7000 Stellen zeichneten Geophone die Echos aus dem Untergrund auf. Mittlerweile sind die Datenmengen aufbereitet. Es gibt 3-D-Modelle von den Gesteinsschichten. Damit wissen die GeoHardt-Geologen auch, wo sich das heiße Thermalwasser befindet und an welcher Stelle es sich idealerweise fördern lässt. „Der riesige Aufwand hat sich tatsächlich gelohnt“, sagt GeoHardt-Geschäftsführer Matthias Wolf, „die geologische Eignung im Aufsuchungsgebiet ist nicht nur sehr gut, sondern noch wesentlich besser als erwartet“. Im Grunde lohne sich eine Förderung des Wassers fast an jeder Stelle innerhalb des Aufsuchungsgebietes.
Warum dauert es solange, bis eine Bohrstelle gefunden ist?
Der geologische Standort ist das eine, die Rahmenbedingungen an der Oberfläche das andere. Auf der Fläche zwischen dem Mannheimer Süden und Hockenheim gibt es eine dichte Bebauung, die schon mal aus der Planung herausfällt. Ebenso gibt es zahlreiche Natur-, Vogel- und Wasserschutzgebiete, die eine geothermische Bohrung ebenfalls unmöglich machen oder zumindest hohe Hürden in den Genehmigungsverfahren vorsehen. Dann muss es einen Zugang zum regionalen Fernwärmenetz geben. Ein Geothermiekraftwerk müsse auch wirtschaftlich arbeiten können.
Wie viele Geothermiekraftwerke soll es in der Region geben?
Beide Anbieter sprechen von bis zu drei Kraftwerken jeweils in ihrem Aufsuchungsfeld. Es sei auch vorstellbar, dass es zwei Bohrungen an einem Standort geben könne, sagt Matthias Wolf für GeoHardt.
Bleibt es bei dem Zeitplan, bis 2030 den Umstieg zu schaffen?
Üblicherweise dauert es sieben bis zehn Jahre von der Idee eines Geothermiekraftwerks bis zur ersten Einspeisung der Wärme. Man sei ja mit den Planungen hier schon drei Jahre unterwegs, sagt Matthias Wolf. Allerdings stehen die Genehmigungsverfahren noch aus. Und auch der technische Aufbau benötigt Zeit. Wolf ist dennoch optimistisch: „Wir sind davon überzeugt, dass wir es bis 2030 schaffen werden.“
Nach wie vor gibt es Bürgerinitiativen und Kritiker der Geothermie. Wie will GeoHardt mit ihnen im Gespräch bleiben?
In den kommenden Wochen wird das Unternehmen GeoHardt auf Wochenmärkten in der Region präsent sein. In den Mannheimer Stadtteilen Neckarau, Rheinau und Niederfeld sowie in Schwetzingen. Plankstadt und Ketsch wollen die Experten mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen, die Technik erläutern und die nächsten Schritte auf dem Weg zu Geothermie als Teil der kommunalen Wärmewende erläutern.
Wo gibt es die Gelegenheit, sich ein funktionierendes Kraftwerk anzuschauen?
In Bruchsal läuft das erste Geothermiekraftwerk Baden-Württembergs seit 2009 störungsfrei. Die Bohrung reicht knapp 2500 Meter tief. Das Tiefenthermalwasser ist an dieser Stelle 130 Grad heiß. Wer sich das Kraftwerk, das von EnBW betrieben wird, anschauen will, hat dazu am 27. November von 16.30 Uhr bis 18.30 Uhr die Gelegenheit. GeoHardt organisiert mit dieser Redaktion einen Besuch. Interessenten melden sich unter redaktion@mannheimer-morgen.de und vermerken, ob sie mit einer oder zwei Personen teilnehmen möchten. Es gibt Platz für 20 Teilnehmer. Die Interessenten fahren gemeinsam mit einem Bus von Mannheim nach Bruchsal. Dort steht unter anderem auch Thomas Kölbel, Chefgeologe der EnBW und Leiter des Bruchsaler Kraftwerks, Rede und Antwort.
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