Wie bitte? So in etwa dürfte die Reaktion der meisten Mannheimerinnen und Mannheimer auf die Ankündigung der MVV ausfallen, das Erdgas-Verteilnetz bis 2035 stillzulegen. Denn de facto heißt das, dass in etwa zehn Jahren Gasheizungen in unserer Stadt nicht mehr betrieben werden können. Das unterscheidet sich wesentlich von den früheren Aussagen des Energieversorgers, der vor zwei Jahren noch versprochen hat, den fossilen Ausstieg ab 2035 durch die Lieferung klimafreundlicher Alternativen abzufedern. Nun wird der sanfte Übergang in die erneuerbare Welt durch einen harten Bruch ersetzt. Auf den Berliner „Heizungshammer“ folgt der Mannheimer Gas-Hammer.
Rein wirtschaftlich gesehen mag das aus der Perspektive des Netzbetreibers die logische Konsequenz der politisch eingeleiteten Wärmewende sein. Aber wo bleibt da die wirtschaftliche Perspektive der Mannheimer Hauseigentümer, die sich in den vergangenen Jahren eine neue Gasheizung haben einbauen lassen – im Vertrauen darauf, diese etwa 20 Jahre nutzen zu können?
Selbst wenn man die Notwendigkeit der Wärmewende anerkennt, erscheint der Zeitpunkt für den erzwungenen Ausstieg, der die Kunden machtlos zurücklässt, zu früh gewählt. Tausende neuwertige Anlagen bekommen damit ein Verfallsdatum aufgestempelt. Und reichen die Handwerkerkapazitäten überhaupt, um die knapp 25 000 Gasheizungen in der Stadt in den nächsten zehn Jahren auszutauschen?
Eine weitere Frage lautet: Dürfen die das? Rein juristisch gesehen mag die MVV Eigentümerin des Gasnetzes sein und damit über dieses verfügen. Aber ein Unternehmen, das mehrheitlich der Stadt Mannheim gehört, muss man auch politisch betrachten. Das lenkt den Blick auf den Aufsichtsrat, ohne den, davon darf man getrost ausgehen, solch ein Beschluss nicht fällt – und auf dessen Vorsitzenden, Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU).
Der ist schon durch manches aufgefallen, aber als vehementester Klimaschützer bislang nicht. Und nun setzt er an, selbst den „Vater des Heizungsgesetzes“, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), links zu überholen? Das wirft Fragen auf: Sind die notwendigen Investitionen zur Instandhaltung des Gasnetzes so gewaltig? Oder will die MVV Druck aufbauen, um staatliche Förderungen zu reklamieren? Oder soll hier im Vorfeld von richtungsweisenden Bundes- und Landtagswahlen demonstriert werden, welche Auswirkungen die grüngefärbte Klimapolitik hat? Die Diskussion ist eröffnet.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Der Mannheimer Gas-Hammer wirft viele Fragen auf
Das Energieunternehmen MVV will das Erdgas-Verteilnetz in Mannheim bis 2035 stilllegen - und damit praktisch alle Gasheizung in der Stadt. Das ist zu früh, findet Martin Geiger - und es wirft etliche Fragen auf