Mannheim. Eine Wolke hellgrauer, feinster Baustellenstaub wirbelt wie ein kleiner Tornado durch die Luft, genau in Richtung der elegant gekleideten Leute, die zum Schutz vor dem Staub die Augen zusammenkneifen. „Jetzt gehen wir hier mal weg. Das ist ja furchtbar“, sagt Intendant Albrecht Puhlmann halb im Spaß und nimmt Reißaus. Aber nicht allzu weit - denn die im Bau befindliche Oper am Luisenpark (Opal), künftige Ersatzspielstätte des Nationaltheaters Mannheim (NTM), will noch entdeckt werden, bevor es für die 14 Reisenden der Morgentouren zur Opern-Premiere von „Cosi fan tutte“ ins Schwetzinger Schlosstheater geht.
Die „MM“-Leser, allesamt passionierte Theatergänger, nehmen den Staub auf ihrer Kleidung gelassen. „Wir wussten ja, dass wir eine Baustelle angucken, da kann man keinen Parkettboden erwarten“, meint Maria Hanf, die zusammen mit Freundin Christiane Stolpmann unterwegs ist. Die beiden Frauen haben einfach ein zweites Paar Schuhe für die Aufführung dabei und können deswegen ganz entspannt das Opal betreten.
Gigantischer Orchestergraben
Die Baustelle ist in der Tat sehenswert: In schwindelerregender Höhe wird mittels einer Hebebühne an der Decke gearbeitet. „Acht, neun Meter über Bühnenhöhe bedeutet, dass bei den Vorstellungen Kulissen und Requisiten aus dem Blickfeld der Zuschauer gezogen werden können“, sagt Christian Hauss, der als Architekt für die NTM-Generalsanierung zuständig ist. Die Bestandshalle aus Fertigbetonteilen war schon einmal aufgebaut und wird nach der Nutzung als Interimsspielstätte weiterverkauft. Denn die Leichtbauhalle ist aus energetischen Gründen nur für die temporäre Nutzung ausgelegt.
Beeindruckt sind die Gäste aber vor allem von dem gigantischen Orchestergraben, auch wenn er noch im Rohbau ist. Ausgelegt für große Opern wie die von Wagner und Verdi, werden ab dem 7. Dezember 760 Menschen den Klängen aus ebendiesem Graben lauschen. Damit der Klang zum Genuss wird, wird die Leichtbauhalle mit einer Kombination aus Schallreflektoren und elektroakustischer Unterstützung ausgestattet. „Es soll ja keine chorale Nachhallzeit haben, aber auch nicht staubtrocken sein“, erklärt Puhlmann, der die Lösung mit den Interimsspielstätten des Nationaltheaters - nicht ohne Schwärmerei - als Riesen-Rochade bezeichnet.
Gebäude auf Franklin bleibt
Anders als die Oper, die in fünf Jahren nach der Sanierung des NTM am Goetheplatz abgebaut wird, bleibt die Ersatzspielstätte auf Franklin bestehen - zumindest, was das Gebäude angeht. Das ehemalige Kino der amerikanischen Soldaten wird zum Theater umgebaut, das Gebäude wird aber nach der NTM-Zeit weiter für Veranstaltungen genutzt.
Der schräge Boden ist wegen seiner vorherigen Nutzung bereits vorhanden, ein Anbau ist die Hinterbühne, im Containerdorf werden Büros, Maske und Requisiten untergebracht. Die Container sind ein Provisorium für die NTM-Zeit und werden danach abgebaut.
Das Kinofoyer wird um einen Anbau für die Gastronomie und eine Terrasse erweitert. „Es ist kleiner als das NTM, aber groß genug für große Inszenierungen - und hat vor allem eine Drehbühne. Darauf freuen sich alle Mitarbeiter und Bühnenbildner“, berichtet Intendant Christian Holtzhauer. Mit 500 Plätzen und 22 Reihen wird die Franklin-Spielstätte etwas kleiner als das Nationaltheater.
Nach den Baustellen geht es für die „MM“-Leser mit dem Bus weiter zum krönenden Abschluss, zum künftigen Spielort Nummer drei: dem Schwetzinger Schlosstheater, wo die Premiere der Oper „Cosi fan tutte“ gegeben wird. „Die Aufführung hat uns sehr gut gefallen, es war humorvoll und burlesque, gab viel fürs Auge und natürlich fürs Ohr. Sehr komödiantisch aufgemacht, besonders im zweiten Akt“, fasst Maria Hanf zusammen.
Beim abschließenden Treffen mit Intendant Puhlmann und „MM“-Kulturchef Stefan M. Dettlinger dann die Überraschung: Anstatt einer Sängerin kam das ganze Ensemble zum Meet & Greet. „Das war sehr unerwartet. Wir standen dabei und konnten uns noch für die wunderbare Aufführung bedanken“, sagt Hanf. Die Sanierung des Nationaltheaters wird sie jedenfalls nicht vom Theaterbesuch abhalten. Die Viernheimerin überlegt bereits, ob sie zur Ausweichspielstätte auf Franklin mit dem Fahrrad kommen wird.
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