Mannheim. Die Fahrt mit dem Frauen-Nachttaxi endet beinahe, bevor sie begonnen hat. Denn die Nummer, die ich von meinem digitalen Nutzerkonto dem Fahrer diktiere, scheint nicht zu stimmen. Der schrille Piepton im Innern des Taxis und ein Stirnrunzeln verheißen nichts Gutes. „Tut mir leid, es geht nicht. Ist das die richtige Nummer?“, fragt mich der Fahrer etwas ratlos. Verzweifelt stehe ich im Regen, überlege, was ich falsch gemacht habe. Später wird mir der Fahrer verraten, dass es auch für ihn die erste Fahrt mit dem neuen System ist.
Wie das funktioniert, wo es noch hakt und ob Nutzerinnen und Taxifahrende damit zurechtkommen, will ich mit einem Selbstversuch an diesem verregneten Mittwochabend herausfinden. Die Stadt hatte im Vorjahr beschlossen, die neuen Regeln für das Frauen-Nachttaxi umzustellen.
Die neuen Regeln auf einen Blick
- Seit dem 17. Januar müssen sich Frauen vor jeder Fahrt anmelden, um in ein Frauen-Nachttaxi einsteigen zu dürfen. Dazu muss sich jede vorab entweder online über das Bürgerportal der Stadt registrieren oder persönlich vor Ort bei der Verwaltung. Außerdem wird das Angebot für jede Nutzerin begrenzt, auf genau zwölf Fahrten pro Jahr.
- Wer sich online angemeldet hat und ein Smartphone besitzt, meldet sich vor Fahrteintritt auf der mobilen Frauen-Nachttaxi-Seite (https://fnt.taxi-mannheim.de) mit dem persönlichen Passwort an. Dann direkt auf den roten Button mit der Aufschrift „Für Taxifahrt anmelden“ klicken. Um die Berechtigung zu überprüfen, gibt der Taxifahrer dann die angezeigte Kontonummer in sein System ein.
- Das Frauen-Nachttaxi ist von 22 Uhr abends bis 5 Uhr morgens im Einsatz und kann auch über die Taxizentrale explizit bestellt werden. Pro Fahrt erhalten Nutzerinnen dann sechs Euro Rabatt.
Der Grund: Schlicht zu viele Frauen hatten den vergünstigten nächtlichen Fahrservice in Anspruch genommen – manche ihn sogar ausgenutzt, indem sie etwa für eine Strecke mehrere Taxen buchten und so für jede Fahrt Rabatt bekamen. Die Folge: Das 2020 bewilligte Budget von 175 000 Euro hatte nicht ausgereicht, bis Mitte Juni 2021 meldeten die Taxiunternehmen bereits 11 000 Fahrten – mit steigender Tendenz. Und so stockte der Gemeinderat zwar das Budget erneut auf – entschied sich aber auch dafür, die vergünstigten Fahrten in Zukunft auf zwölf pro Jahr zu begrenzen. Seit Januar 2022 gilt also: Einsteigen ist nur mit vorheriger Registrierung möglich.
Zurück im Regen schluckt das System dann doch meine Nummer, und ich steige erleichtert ein. Ob ich die Erste bin mit einem holprigen Start, will ich vom Fahrer wissen. Aber der zuckt nur mit den Schultern, schließlich ist es auch sein erstes Mal mit dem neuen System. Dabei hat er dafür eine Bedienungsanleitung bekommen, erklärt der Mann kurz angebunden.
Oft nur Rabatt aufgebraucht
Welche Erfahrungen die anderen Kollegen mit den neuen Regeln gemacht haben, versuche ich mit der Frage das Gespräch am Laufen zu halten. „Mittlerweile wollen eh nicht mehr viele Kollegen bei dem Service mitmachen“, entgegnet der Mann und räumt ein, dass auch er überlegt auszusteigen. Nicht nur sei es mit dem neuen System komplizierter geworden. Noch dazu komme, dass die meisten Frauen schon vor der Einführung der neuen Regeln nur kurze Strecken gefahren wären, schildert der Taxifahrer seine Eindrücke. Oft seien die Frauen sogar nur so weit gefahren, bis die sechs Euro, die es als Rabatt gibt, erreicht waren. „Wir zahlen dann sogar einen Euro drauf, das rentiert sich einfach nicht“, gibt er zu bedenken.
Seit 2019 gibt es das Frauen-Nachttaxi in Mannheim. Gedacht ist es für Frauen und Mädchen ab 14 Jahren, damit sie spät nachts noch sicher nach Hause kommen können – auch ohne dicken Geldbeutel. Deshalb gibt es für jede Fahrt sechs Euro Rabatt, solange sie in Mannheim startet. Fünf Euro davon bezuschusst die Stadt, einen Euro geben die Taxiunternehmen dazu, die sich beteiligen.
Während das alte System ohne viel Nachdenken funktioniert hat, braucht es beim neuen System zwar etwas mehr Anlauf. Dafür funktioniert das einwandfrei. So klappt die digitale Registrierung auf Anhieb. Auch die Fahrt, abgesehen von den Startschwierigkeiten, läuft reibungslos ab. Ein kurzer Anruf bei der Taxizentrale, dann steht fünf Minuten später der Wagen vor der Tür. Bevor ich die Wohnung einer Freundin in der Neckarstadt-West verlasse, rufe ich schon mal die Webseite des Frauen-Nachttaxis auf, die ich mir auf meinem Smartphone samt Anmeldedaten gespeichert habe. Denn die Webseite ist trotz Online-Suchmaschine nicht so leicht zu finden, auf der Homepage der Stadt gibt es nur einen Verweis zur Vorabregistrierung.
Mittlerweile bin ich fast zu Hause in der Neckarstadt-Ost angekommen – und während der Fahrt dahinter gekommen, was vermutlich mein Fehler vor dem Einsteigen war: Direkt nach der Anmeldung muss man auf den roten Knopf „für Taxifahrt anmelden“ klicken. Erst dann wird die Fahrt freigeschaltet, ist die Nummer aktiviert. Tatsächlich erscheint nach dem Einloggen eine kurze Anleitung auf dem Display, die ich missverstehe. Zwar heißt es darin „Die Fahrt kann nur beginnen, wenn Sie angemeldet sind“. Allerdings begreife ich nicht, dass damit das erneute Anmelden über den roten Button gemeint ist.
Nummer zuerst aktivieren
Wer das direkt versteht oder es einmal ausprobiert hat, sollte beim nächsten Mal keine Probleme mehr haben. Denn das System funktioniert gut. Vor der Haustür angelangt zeigt das Taxameter 9,10 Euro an, ich muss nur 3,10 Euro bezahlen. Trotzdem greife ich tiefer in die Tasche, will mich mit einem Trinkgeld bedanken. Damit sich die kurze Fahrt als Frauen-Nachttaxi für den Mann hinterm Steuer am Ende doch noch gelohnt hat.
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