Mannheim. Sieben der wichtigsten Lokalpolitiker auf einen Streich: Diese Gelegenheit wollten sich rund 180 angemeldeten Zuschauerinnen und Zuschauer, für die der Platz in der ausgebuchten Abendakademie reichte, nicht entgehen lassen. Zumal sie auch Fragen stellen konnten – dafür war beim Kommunalwahl-Check des „Mannheimer Morgen“ fast die Hälfte der rund zweistündigen Veranstaltung reserviert.
Edith Germer vom Almenhof griff ein Thema auf, das viele Mannheimerinnen und Mannheimer umtreibt: die Veränderung bei der Grundsteuer. Denn die ist nicht nur eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommune, es müssen auch alle Bürger sie bezahlen: entweder als Hausbesitzer komplett oder als Mieter anteilig, da diese Kosten umgelegt werden dürfen. Durch die Neubemessung kann sich der fällige Betrag laut Germer jedoch für einige vervierfachen. Darum wollte die Almenhöferin von Holger Schmid (ML) wissen, ob daran gedacht wird, den Hebesatz zu reduzieren.
Jurist Claudius Kranz (CDU) hält Grundsteuer-Regelung für „verfassungswidrig“
„Ich glaube, an dieser Stelle spielt unser Oberbürgermeister ein bisschen auf Zeit“, antwortete Schmid. Dieser hoffe, unterstellte der ML-Fraktionschef, dass Gerichte die Steuerbescheide für ungültig erklären werden. Denn die ganze Sache ist recht komplex, ergänzte Claudius Kranz (CDU): Baden-Württemberg habe sich bei der Neuordnung für einen Sonderweg entschieden, bei dem alleine die Größe des Grundstücks und nicht die Art der Nutzung den Ausschlag gibt. So kämen vor allem auf die Bürger im Norden der Stadt, wo die Grundstücke historisch bedingt recht groß sind, erhebliche Kostensteigerungen zu.

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Der Jurist machte keinen Hehl daraus, dass er die aktuelle Regelung für verfassungswidrig hält. Entscheiden die Gerichte aber anders, sagte wiederum Schmid, „glaube ich, dass wir den Hebesatz senken werden müssen“. Schließlich soll die Umstellung unterm Strich für die Kommune einkommensneutral erfolgen, also weder weniger noch mehr Geld in die Kasse spülen.
Angelika Bettels aus Neckarau sprach ein weiteres Thema an, das vor allen Dingen vielen jungen Eltern unter den Nägeln brennt: „Was wollen Sie tun, um mehr Kita-Plätze zu schaffen?“, fragte sie Birgit Reinemund (FDP), die zuvor erklärt hatte, dass stadtweit 5000 Plätze fehlten.
„Ich habe das Gefühl, dass die Politik das Thema immer nur vor den Wahlen erkennt“, sagte Bettels. Schließlich habe das Problem schon bestanden, als ihr ältester Sohn, der inzwischen 30 Jahre alt sei, klein war. Reinemunds Antwort zielte auf zwei Faktoren ab. Den schnelleren Bau von Einrichtung: „Wir brauchen nicht für jeden Kindergarten einen Architektenwettbewerb.“ Und Ansätzen zur Lösung des Personalmangels, etwa die Ausgliederung der nicht-pädagogischen Arbeit, zusätzliche finanzielle Anreize für Erzieher sowie ein flexibles Buchungssystem für die Betreuungszeiten.
Jürgen Dörr, CDU-Bezirksbeirat in Wallstadt, wollte von Reinhold Götz (SPD) wissen, wo denn die 500 neuen bezahlbaren Wohnungen gebaut werden sollen, die die SPD – wie sie es auf ihren Plakaten fordert – in den nächsten fünf Jahren jährlich errichten lassen will. „Mir fehlt die Idee, wo die in Mannheim gebaut werden können“, sagte Dörr.
Fertigstellung der Konversionsflächen Franklin und Spinelli, Umsetzung der geplanten Projekte am Collini-Center und der Otto-Bauder-Anlage sowie Aufstockungen und Lückenschlüsse, antwortete der SPD-Spitzenkandidat. Und fügte hinzu, dass die Quote für bezahlbares Wohnen erhalten werden müsse: „Wir sehen das als soziale Frage. Das hat für uns Priorität!“
Ein kurzes Raunen im Publikum löste gar die Frage von Claudia Scholten an Claudius Kranz aus: „Was tun Sie für den Baumerhalt auf dem Lindenhof und den angrenzenden Stadtteilen?“ Die Antwort war indes wenig überraschend, schließlich sind sich die hiesigen Parteien bei der vom Regierungspräsidium geplanten, äußert umstrittenen Sanierung des Rheindamms weitgehend einig: „Es wäre ein Unding“, sagte Kranz, wenn man in einem „Naturparadies wie dem Waldpark“ breitflächig Bäume und Sträucher fällen würde. „Ich möchte es mir gar nicht vorstellen.“
Grüne wollen Wirtschaft in Mannheim mit Start-Up-Technologie nach vorne bringen
Bei all dem ging es Christoph Gutknecht, CDU-Bezirksbeirat in Neckarau, viel zu wenig um Wirtschaft, Digitalisierung und Innovationen. Darum fragte er Nina Wellenreuther von den Grünen: „Wie wollen Sie die Wirtschaft nach vorne bringen?“
Unter anderem mit dem Innovationszentrum Green Tech, das die Grünen gefordert hätten und das nun im früheren Musikpark umgesetzt werde, antwortete deren Spitzenkandidatin: „Genau diese Start-up-Technologie brauchen wir: kluge Köpfe, die sich um unsere Energiewende kümmern.“ Zudem wolle ihre Partei weiter Geld in die Infrastruktur investieren und die erneuerbaren Energien ausbauen: „Das ist der Dreh- und Wendepunkt für einen guten Wirtschaftsstandort.“ Wellenreuther räumte aber auch ein: „Bei der Digitalisierung hinkt die Stadt in der Tat etwas hinterher.“
Nur der Vollständigkeit halber: Dennis Ulas (Linke) und Rüdiger Ernst (AfD) wurden nichts gefragt. Edith Germer hat der Kommunalwahl-Check dennoch „sehr gut“ gefallen: „Die Diskussion war sachlich und nicht so emotional aufgeladen“, sagte sie nach dem Ende. „Einfach eine gute Infoveranstaltung.“
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