Zu den wichtigsten Pflichten des Oberbürgermeisters gehört es, Sitzungen des Gemeinderats zu leiten. Doch am Dienstagnachmittag überträgt Christian Specht diese Aufgabe als Erstes seiner Stellvertreterin Diana Pretzell. Schmunzelnd ruft die Umweltdezernentin von den Grünen einen „ganz wichtigen Tagesordnungspunkt auf“. Nachdem die Klage eines Bürgers gegen Spechts Wahl endgültig gescheitert ist, kann der Christdemokrat nun offiziell als Stadtoberhaupt verpflichtet werden.
Das übernimmt, wie die Amtseinführung Ende September, erneut seine Parteifreundin Marianne Seitz, die mit dienstälteste Stadträtin. Specht gelobt Treue der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen sowie, sich insbesondere für die Interessen der Kommune und ihrer Bewohner einzusetzen. Als Stadtoberhaupt habe sich für den 56-Jährigen ein Kindheitstraum erfüllt, sagt Seitz, vor einer Woche 75 geworden. Und für sie quasi auch, nun „als Volksschülerin“ den Mannheimer Oberbürgermeister vereidigen zu können.
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Dann ist die Zeremonie vorbei, doch Seitz fällt gerade noch rechtzeitig ein: „Er kriegt noch ä Gschänk!“ Sie hat ihm einen selbstgebackenen Käsekuchen mitgebracht.
Specht dankt lachend: „Das ist die erste Verpflichtung, bei der es keine Blumen gibt, sondern selbstgemachten Käsekuchen!“ Das sei wirklich „sehr, sehr nachhaltig“. Dafür gibt es auch Lob von Pretzell.
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Anschließend wird ein Mann als Gemeinderatsmitglied verabschiedet, der Seitz’ Käsekuchen wohl - oder jedenfalls Spechts Amt - auch gern bekommen hätte: Thorsten Riehle. Der Sozialdemokrat legt sein Mandat nieder, weil er am 1. März als Bürgermeister für Wirtschaft und Kultur beginnt. Für ihn rückt Nazan Kapan nach, schon von 2014 bis 2019 SPD-Stadträtin. Sie wird ebenfalls vereidigt, bekommt aber soweit erkennbar keinen Käsekuchen.
Ergebnisse des Kindergipfels
Für Specht wiederum ist seine offizielle Verpflichtung noch mit weiteren Vorteilen verbunden. Er hat nun sämtliche Rechte, auch solche, die wegen des laufenden Rechtsstreits noch ruhten. Dazu gehört in erster Linie, im Gemeinderat mitabstimmen zu dürfen. Bei 48 sonstigen Mitgliedern muss das nicht entscheidend sein, aber bei ganz knappen Mehrheiten könnte es schon.
Doch an diesem Dienstag voller Harmonie ist man davon meilenweit entfernt. Nach rund zehn Minuten sind bereits die ersten sechs Tagesordnungspunkte erledigt, ungefähr eine Stunde später ist es der gesamte öffentliche Teil. Weil strittige Themen in Ausschüssen vorberaten wurden, inklusive Abstimmungen, geschieht das alles ohne Debatten.
Mit nur einer Ausnahme, die den mit Abstand breitesten Raum einnimmt: die Rückschau auf den bereits dritten Mannheimer Kindergipfel im vergangenen Sommer. Rund 200 Mädchen und Jungen aus insgesamt 14 Mannheimer Schulen diskutieren bei der Buga drei Tage lang miteinander, Vertretern der Verwaltung und Kommunalpolitik.
Nun sitzen einige von ihnen oben auf der Besuchertribüne, so eine Delegation von der Integrierten Gesamtschule IGMH. Zwei konkrete, beim Kindergipfel entwickelte Projekte werden dann unten im Ratssaal vorgestellt. Jugendliche von der Konrad-Duden-Realschule planen einen Automaten für kostenlose Damen-Hygieneartikel, und Hans-Christian-Andersen-Grundschüler von der Schönau präsentieren ihre Vorstellungen vom perfekten Schulhof. Dazu haben sie mehrere Modelle mitgebracht. Die bekommen ähnlich viel Lob wie Seitz’ Käsekuchen.
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