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Mehr als Sport: Drei Lebensgeschichten, die die Mannheimer MTG zum Zuhause machen

Rasenkraftsport und ein Schwiegervater, der das Clubhaus gebaut hat. Langjährige Mitglieder der Mannheimer MTG erzählen, warum ihr Herz für den Verein schlägt.

Von 
Valerie Gerards
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Die Mannheimer Turn- und Sportgesellschaft 1899 (MTG) ehrte 31 Mitglieder für ihre langjährige Treue, darunter Werner Leger (vorne Mitte), Linda Brandstädter und Dietmar Schöbel (v.l.). © Valerie Gerards

Mannheim. Es wurde feierlich in der MTG-Gaststätte: Die Mannheimer Turn- und Sportgesellschaft 1899 (MTG) ehrte 31 Mitglieder für ihre langjährige Treue – darunter ehemalige Spitzensportler, Trainerlegenden und engagierte Ehrenamtliche. Die Auszeichnungen für 25, 40, 50, 60 und sogar 70 Jahre Mitgliedschaft spiegeln die Vielfalt und Tiefe des Vereinslebens wider. Geehrt wurden unter anderem die deutsche Tennismeisterin Sina Haas, Erfolgstrainerin Nicole Eckstein, Leichtathletiktrainer Michael Manke-Reimers, Tennis-Seniorenweltmeister Jochen Bertsch und der Sportbürgermeister a. D. Lothar Mark. Hinter den Zahlen stehen Geschichten von Menschen, die ihr Leben mit dem Verein verwoben haben. Drei von ihnen erzählen, was die MTG für sie bedeutet.

Linda Brandstädter liebt und lebt die Mannheimer Turn- und Sportgesellschaft 1899

Für Linda Brandstädter ist die MTG Mannheim mehr als ein Verein. Sie ist ein Stück Heimat. Die 67-Jährige wurde für 40 Jahre Mitgliedschaft in der Tennisabteilung geehrt. Sie hat lange aktiv in der Damenmannschaft gespielt, erst bei den Damen, dann bei den 30+, später bei den 40+. Heute kann sie verletzungsbedingt nicht mehr spielen, aber sie kommt weiterhin jeden Donnerstag zum Training – zumindest zum „Après-Training“, wie sie es nennt: „Zum Essen und Trinken, weil ich halt leider nicht mehr spielen kann.“

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Brandstädter war nicht nur sportlich aktiv, sondern auch ehrenamtlich. Sie war 20 Jahre Jugendwartin und Schriftwartin in der Tennisabteilung. Mit Leidenschaft organisierte sie Feste und Kuchenverkäufe, um Geld für die Mannschaftskasse zu sammeln, hat von morgens bis abends drei Tage lang beim Kuchenverkauf gestanden, „aber ich hab’s gerne gemacht“, erzählt sie.

Brandstädter spricht mit spürbarer Wärme über den Verein: „Man liebt und lebt die MTG, muss ich jetzt so ehrlich sagen. Ich bin absolute MTG-lerin, habe auch immer stolz meinen Anzug mit MTG getragen.“ Ihre Familie ist eng mit dem Verein verbunden. Sie hat hier ihren Mann kennengelernt, ihre zwei Kinder waren von klein auf dabei und wurden vergangenes Jahr für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Auch ihr Schwiegervater, Josef Brandstädter, war Teil der MTG-Geschichte: Er hat das Clubhaus gebaut, war Architekt und im Vorstand.

Die MTG ist für sie ein Ort der Freundschaft und des Zusammenhalts. „Ich habe hier viele Freunde gefunden, mit denen wir immer noch sehr intensiven Kontakt haben. Im Prinzip das Wichtigste im Leben, was man hat – da gehört die MTG ganz fest dazu.“

Mannheimer Weltmeister Dietmar Schöbel: „Rasenkraftsport ist ein echter Geheimtipp.“

Rasenkraftsport-Weltmeister Dietmar Schöbel, 84 Jahre alt, wurde für 50 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Seine sportliche Laufbahn begann als Gewichtheber, doch nach einer längeren Pause – Bundeswehr, Beruf, Familie – stieß er 1974 durch einen Zeitungsartikel auf eine neue Disziplin: „Ich lese im Mannheimer Morgen: Rasenkraftsport – was ist denn das? Rasen? Kraftsport? Ich war neugierig.“

Rasenkraftsport ist ein Dreikampf aus Hammerwerfen, Gewichtwerfen und Steinstoßen. „Das kennen die wenigsten“, sagt Schöbel. „Bei den Männern wiegt der Stein 15 Kilogramm. Die Gewichte steigen mit der Altersklasse. Der Vorteil: Es gibt Alters- und Gewichtsklassen, das sorgt für Chancengleichheit.“

Besonders das Hammerwerfen hat es ihm angetan und fordert ihn bis heute heraus. „Hammerwerfen ist eine der schwierigsten Übungen überhaupt, technisch vergleichbar mit Stabhochsprung. Sie brauchen Jahre, um das einigermaßen perfekt zu können. Wenn Sie nicht robust gebaut oder gut durchtrainiert sind, können Sie den Hammer nicht halten, wenn er schneller wird.“

Er erzählt von den Kräften, die beim Wurf wirken: „Die machen heute vier Drehungen, haben einen Mordszug drauf – etwa 18 Meter pro Sekunde Zug beim Mann. Wenn der Draht reißt, fliegt man wie ein Geschoss in die andere Richtung. Ist mir auch schon passiert.“

Mannheimer Werner Leger, immer noch Leichtathlet mit dem Herzen

Werner Leger ist mit 92 Jahren das dienstälteste Mitglied der MTG Mannheim, geehrt für 70 Jahre Vereinszugehörigkeit. Seine sportliche Laufbahn begann 1945 beim Fußballverein 08 Mannheim, wo sein Vater Spieler und Funktionär war. „Ich habe sogar ein Vertragsangebot bekommen, 120 Mark im Monat. Aber mir war das Abitur wichtiger.“

Statt Fußball wurde Leichtathletik seine große Leidenschaft. „Ich war badischer Meister, aber bei den deutschen Meisterschaften oft Zweiter. Da waren Profis dabei, ich war Amateur.“ 20 Jahre lang war er aktiv, von 22 bis 42 Jahren. Danach wechselte er zum Tennis, doch die Leichtathletik blieb sein Herzenssport.

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Bis zum Alter von 88 Jahren lief er regelmäßig im Dossenwald, 3.000 Meter Waldlauf zweimal pro Woche. Heute macht er Nordic Walking. „Ich bin ein bisschen wackelig auf den Beinen, da wollten sie mir einen Rollator geben. Ich habe gesagt: Moment mal, ich nehme Stöcke, und das klappt perfekt.“

Auch als Funktionär hat Werner Leger Spuren hinterlassen. In den 1980er Jahren stand der Verein vor dem finanziellen Kollaps. Er war im Vorstand, hat zusammen mit anderen eine Spendenaktion gestartet und 10.000 Mark gesammelt. Damit konnten sie die Insolvenz abwenden. Der Verein liegt ihm bis heute am Herzen. Und die sportliche Tradition lebt weiter: „Mein Enkel Konstantin ist viermal badischer Meister geworden.“

Freie Autorin

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