Mannheim. Drei Mannheimer unter den zehn besten Triathleten der Welt? Was sich wie ein unwahrscheinlicher Traum anhört, wurde 2004 Realität, als Normann Stadler auf Hawaii Ironman-Weltmeister wurde, Alexander Taubert als Vierter und Timo Bracht als Achter ins Ziel kam. 21 Jahre später, am 11. Oktober, kann sich die Erfolgsgeschichte wiederholen. Mit Weltmeisterin Laura Philipp (Neckargemünd), Merle Brunnée und Laura Jansen (beide Heidelberg) hat der TSV Mannheim diesmal drei Triathletinnen in seinen Reihen, die auf der Vulkaninsel wieder ganz vorne mitmischen können.
Bracht, heute Sportlicher Leiter des erfolgreichen Soprema Teams, erlebte die WM auf der Pazifikinsel selbst 14 Mal als Athlet. Im Interview spricht der 50-Jährige über die Herausforderungen, die bei 3,86 Kilometern Schwimmen, 180,2 Kilometern Radfahren und 42,12 Kilometern Laufen warten, die Chancen von Laura Philipp und sein prägendstes Hawaii-Erlebnis.
Herr Bracht, was sind Ihre Erinnerungen an Hawaii?
Bracht: Auf der Insel liegt etwas Positives in der Luft. Der Geruch, die Wärme, die Musik, die überall läuft. Hawaii ist die schönste Gegend der Welt. Aber es ist ein Zwiespalt. Der Genuss und die positiven Eindrücke schlagen dann zum Rennen hin um, wo du übertrieben gesagt durch die Hölle musst. Beim Ironman überwiegen dann die Aspekte große Hitze, Wind – der zu einem richtigen Sturm wird – sowie die Weite und Unbarmherzigkeit der Strecke. Mit das Brutalste, was es gibt, für einen Triathlon.
Was war Ihr persönlich schwierigster Moment auf der Insel?
Bracht: 2006 gab es wenige Tage vor dem Rennen ein Erdbeben. Auf einmal hat alles im Zimmer gebebt, das Licht ging aus. Es war ein Schock. Meine Frau und ich hatten überlegt, ob wir schnell aus dem 2. Stock vom Balkon springen. Dann standen wir im Schlafanzug auf der Straße und wussten nicht, ob alles zusammenstürzt. Es gab eine Tsunami-Warnung, und wir mussten auf eine Anhöhe flüchten. Da war der Wettkampf ganz weit weg. Wenn es die Erde aufreißt und diese bebt, dann beschreibt das auch das Rennen ganz gut. Das ist ein großes Naturerlebnis. Du merkst, dass du nur Gast auf der Insel bist.
Und Ihr schönster Moment?
Bracht: Eigentlich alle Zieleinläufe. Egal, wie die Platzierung auch war. Das immer wieder zu schaffen, trotz des Drucks und was man sich vornimmt. Die Vorbereitung verletzungsfrei zu absolvieren und die Qualifikationen zu schaffen. Die letzten einhundert Meter Richtung Ziellinie zu laufen ist einzigartig.
Timo Bracht
- Timo Bracht wurde am 22. Juli 1975 in Waldbrunn geboren. Heute lebt der 50-Jährige mit seiner Familie in Eberbach.
- 2001 startete Bracht erstmals als Student auf Hawaii, schaute noch zu den Profis auf, ehe er Profi wurde und 2011 mit Platz fünf sein bestes Hawaii-Resultat feierte.
- Auf der Langdistanz wurde Bracht Europameister , gewann den Challenge Roth und war fast zwei Jahrzehnte auf Weltklasse-Niveau unterwegs.
- Heute ist Bracht unter anderem Sportlicher Leiter des Soprema Team TSV Mannheim mit Frauen-Teams in der 1. und 2. Bundesliga.
Wird Weltmeisterin Laura Philipp ihren Titel verteidigen?
Bracht: Ich weiß, dass sie in sehr guter Form ist und dass sie mental unglaublich stark ist. Ich sehe sie im Neckartal trainieren, da fährt sie mit dem Fahrrad fast an meiner Haustür vorbei. Die klassischen Zutaten sind alle da, jetzt muss sie am Renntag nur noch alles zusammenbringen. Sie hat absolut das Zeug zur Titelverteidigung und ist meine Topfavoritin.
Warum ist sie die beste Triathletin der Welt geworden?
Bracht: Sie hat ein großes Talent, das sie allerdings erst spät entdeckt hat. Dass sie in jungen Jahren nicht so viel Sport gemacht hat, kommt ihr jetzt entgegen. Sie ist nicht so ausgebrannt, hat dadurch eine hohe Motivation und schraubt an jedem Detail. Der größte Unterschied ist, dass sie unglaublich wettkampfstark ist. Wenn es zählt, kann sie über sich hinauswachsen. Sie ist nah dran an der perfekten Athletin, auch wenn sie Schwächen im Schwimmen hat und bei der Hitze auf Hawaii noch nicht das perfekte Rennen gezeigt hat.
Die Hitze spielt eine große Rolle. Warum ist es sinnvoll, früh anzureisen?
Bracht: Je mehr du in der Hitze trainierst, desto mehr passt sich der Körper an. Bei Belastung unter Hitze steigt die Körperkerntemperatur an und ab einem bestimmten Wert macht der Körper dann langsamer, was du im Wettkampf nicht haben möchtest. Deshalb versuchst du mit viel Training in der Hitze die Körpertemperatur zu regulieren, damit sich der Körper daran gewöhnt.
Wie weit sind Merle Brunnée und Laura Jansen, die beide noch berufstätig sind, von der Weltspitze entfernt?
Bracht: Sie sind ein gutes Stückchen weg. In der Teildisziplin Radfahren ist Merle aber absolute Weltspitze und ich denke, sie kann die schnellste Radzeit auf Hawaii fahren. Auch im Laufen ist sie Weltspitze, nur im Schwimmen noch weit weg. Sie ist eine Kandidatin für die Top 10.
Und Laura Jansen?
Bracht: Laura kann im Bereich von Laura Philipp schwimmen, ist aber beim Radfahren und Laufen einen Tick schwächer. Auch sie bewegt sich um Platz zehn herum.
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