Mannheim. Dass in Mannheim gewählt wird, ist nicht zu übersehen. Überall in der Stadt hängen Plakate, mancherorts sogar sehr geballt. Mehr als 24 000 sind mittlerweile für die Kommunal- und die Europawahl am Sonntag angemeldet worden. Zwar wurden nicht wenige auch wieder abgerissen, wie die Parteien beklagen, wohl sogar mehr als je zuvor. Aber hinzu kommt noch eine erhebliche Dunkelziffer nicht angemeldeter Plakate, dazu später mehr.
Der „Mannheimer Morgen“ wollte von der zuständigen städtischen Tochter Event & Promotion auch wissen, wie viele Plakate die einzelnen Parteien jeweils angemeldet haben. Nachdem es offenbar einige Irritationen um Datenschutz und Zuständigkeiten gab, hat Geschäftsführerin Christine Igel eine entsprechende Anfrage vom 24. Mai nun am Mittwoch beantwortet. Demnach liegt die CDU mit 5200 angemeldeten Plakaten vor der FDP (4888) und den Grünen (2750). Es folgen SPD (2570), Linke (2200) und AfD (2000).
Auch Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung plakatiert
Von den nicht im Gemeinderat vertretenen Parteien haben „Die Mannheimer“ mit Ex-Stadtrat Julien Ferrat auffallend viele Plakate angemeldet, 2000 Stück. Es folgen die Mannheimer Liste und das Bündnis Sahra Wagenknecht, das nur bei der Euroawahl antritt, mit jeweils 500.
Im unteren Teil der Liste finden sich einige Splitterparteien, die ebenfalls am 9. Juni nur fürs Europäische Parlament kandidieren, für das keine Sperrklausel gilt. So eine Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung. Sie hat in Mannheim beachtliche 150 Plakate angemeldet. Schlusslicht ist die Familienpartei mit zehn.
Zahlreiche Plakate sind gar nicht angemeldet
Politische Werbung muss laut der städtischen Plakatrichtlinie grundsätzlich - also auch außerhalb von Wahlkampfzeiten - bei Event & Promotion angemeldet werden. Anzugeben sind Anlass, Zeitpunkt, Art sowie Anzahl der Werbeträger, Name und Anschrift einer verantwortlichen Person. Andernfalls sind politische Plakate unzulässig.
Das ist allerdings offensichtlich nicht allen ausreichend bewusst, wie ein Anruf bei Stadtrat Wolfgang Taubert von Mittelstand für Mannheim zeigt. Eigentlich sollte es um die Frage gehen, warum die Wählerinitiative diesmal auf Plakate verzichtet. Tut sie aber nicht: „Wir haben 150 bis 180 aufgehängt“, berichtet Taubert. Dass die vorher angemeldet werden müssten, sei ihm nicht klar gewesen.
Eine ähnliche Auskunft gibt Stadtrat Andreas Parmentier von der Tierschutzpartei, die ebenfalls kein einziges Wahlplakat angemeldet hat. Aufgehängt hätten sie aber 293, hinzu kämen sechs Großmotive von der Bundespartei, sagt Parmentier.
Sanktionen muss wohl niemand fürchten. Der Ordnungsdienst kann zwar unzulässige Plakate monieren und zum Entfernen eine Frist von einem Tag setzen, wie er das Anfang Mai bei einer Schwerpunktkontrolle in Abschnitten von Fressgasse und Kunststraße gemacht hat. Wird dem nicht Folge geleistet, könnte der Stadtraumservice das Abhängen übernehmen und in Rechnung stellen. Aber das geschieht generell eher selten. Und so kurz vor der Wahl vermutlich gar nicht mehr. Denn nach Sonntag sind die Plakate ohnehin innerhalb von sieben Kalendertagen zu entfernen.
Geldbußen sieht die städtische Plakatrichtlinie nicht vor. Bei Verstößen ist im Regelfall die einzig mögliche Konsequenz das kostenpflichtige Entfernen. Daher bleiben auch diejenigen ungeschoren, die ihre Wahlplakate unzulässigerweise schon Tage vor der Sechs-Wochen-Frist aufgehängt haben.
Auch wenn die bei Event & Promotion angemeldeten Plakate nicht vollständig sind, ergeben sie dennoch ein interessantes Bild. Und sie lassen Rückschlüsse darauf zu, wie viel Geld die Parteien für Plakate ausgeben - beziehungsweise die Kandidaten. Diese müssen beim Primus CDU laut Fraktionsgeschäftsführer Matthias Sandel ihre individuelle Wahlwerbung selbst bezahlen, die Partei übernehme nur die allgemeinen politischen Plakate.
Die günstigsten Plakate gibt es für 17 bis 18 Euro
Die FDP, mit den zweitmeisten Anmeldungen, übernimmt nach Angaben von Stadtrat Volker Beisel auch die Kosten für einige individuelle Wahlplakate. Die ersten 15 auf der Liste sowie der 48. (dieser Platz gilt als besonderes Sprungbrett) erhalten nach einem gestaffelten Modell jeweils zwischen 75 und 460. Wer mehr Plakate von sich wolle, müsse dafür selbst aufkommen.
So ist das auch bei den Grünen mit den drittmeisten Anmeldungen. Hier bekommen die ersten 20 jeweils 100 Plakate vom Kreisverband bezahlt, wie Stadtrat Chris Rihm berichtet. Für die „Top 4“ seien es jeweils 200.
Bei der SPD, der Viertplatzierten, erhalten laut Stadtrat Stefan Höß nur die ersten Vier auf der Kommunalwahlliste größere Kontingente. Er etwa bezahle für sich und seine ebenfalls kandidierende Tochter Samantha alles selbst.
Die günstigsten Plakate gibt es für 17, 18 Euro, davon entfallen 15 auf den Holzständer. Der lässt sich, sofern er nicht beschädigt wird, auch in mehreren Wahlkämpfen verwenden. Deutlich mehr Geld muss man für höherwertigere Plakate hinlegen, die sind oft auch empfindlicher.
Die von Event & Promotion angebotenen sogenannten Stimmgabeln kosten für Wahlwerbung dem Vernehmen nach rund einen Euro pro Tag, plus Mehrwertsteuer. Für sechs Wochen und 100 Plakate werden somit mehr als 4000 Euro fällig. Einige Kandidaten lassen sich ihren Wahlkampf also einiges kosten.
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