Flugverkehr

Mannheimer will mit Online-Petition Fluglärm über der Stadt verringern

Fluglärm über Mannheim. Weil Flugzeuge aus Frankfurt noch eine geringe Höhe haben, sind die Maschinen oft deutlich hörbar. Ein Mannheimer will das nun mit einer Petition ändern - und sucht nach Unterstützung

Von 
Sebastian Koch
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Oft nur mit verhältnismäßig geringer Höhe: Flugzeuge, die aus Frankfurt kommen, überfliegen Mannheim häufig deutlich hörbar. © dpa

Mannheim. Der Stapel Papier, den Konrad Knoll vorbereitet hat, ist dick. Viele Ausdrucke liegen vor ihm – manche auf besagtem Stapel, andere sind auf dem Tisch ausgebreitet. „Ich erkläre mal, was ich schon unternommen habe“, beginnt er. Und, so viel sei verraten: Es ist durchaus beeindruckend, was Knoll unternommen hat.

Eigentlich lebt die Familie in einem Idyll. Die Straße in Neckarau liegt weit weg vom Berufsverkehr. Auch an diesem Nachmittag ist es ruhig – im Haus, vor allem aber außerhalb. „Das kennen wir leider auch ganz anders.“ Der Lärm, der die Familie plagt, kommt nicht von der Straße oder etwa von spielenden Kindern. Die Knolls leiden unter dem Lärm, der entsteht, wenn Flugzeuge regelmäßig von Frankfurt aus kommend und in noch verhältnismäßig geringer Höhe über ihren Garten hinwegfliegen.

Mit einer Online-Petition will Konrad Knoll nun erreichen, dass der Korridor, den Flugzeuge für ihre Strecken nutzen, bereits „deutlich vor Mannheim aufgeweitet“ und so die „gesamte Breite der Rheinebene“ genutzt werde, ist dem Text zu entnehmen. „Ferner beantragen wir, dass die alternative Flugroute über Luxemburg (Abbiegen nach Westen nähe Alzey) verstärkt genutzt wird.“

Viele Rückmeldungen

Am 16. Dezember 2021 protokollierte Knoll mithilfe der Seite flightradar24.com minutiös den Verkehr über Neckarau. Er notierte Uhrzeit, Flugnummer, Flugziel, Flugzeugtyp, Überflugsort, Höhe, Geschwindigkeit und vor allem die Lärmbelastung von „nicht hörbar“ bis – etwa um 22.45 Uhr bei Flug LH 510 nach Buenos Aires – „extrem laut“.

Im September 2019 hatte auch die Grünen-Fraktion den Fluglärm im Ausschuss für Umwelt und Technik thematisiert. „Bei Beschwerden über Fluglärm geht es meistens nicht um den Rhein-Neckar-Flugplatz, sondern um den Flugverkehr von und nach Frankfurt“, erklärt Fraktionsvize Gerhard Fontagnier, der auch im Aufsichtsrat des Rhein-Neckar-Flugplatzes sitzt, drei Jahre nach dem Antrag im Gespräch mit dieser Redaktion. Es mache sich „bemerkbar“, dass Maschinen über Mannheim eine geringe Flughöhe hätten, die mit erhöhtem Lärm einherginge. „Die Höhe der Flugzeuge im Steigflug ist je nach Größe der Maschine 3400 bis 4600 Meter mit starker Lärmentwicklung als Folge“, heißt es dazu auch in der Petition. „Bewohner der einige Kilometer entfernten seitlichen Dörfer bekommen wenig mit.“

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Weil Flugzeuge nur einen engen Lärmkegel in einem schmalen Korridor erzeugten, könne es passieren, dass Maschinen, die über Neckarau zu hören sind, etwa in nördlichen Stadtteilen kaum wahrgenommen werden, erklärt Knoll. „Mannheim ist das erste größere Siedlungsgebiet nach dem Start in Frankfurt und wegen der geringen Flughöhe bei voller Beschleunigung besonders laut.“

Petition soll den Druck erhöhen

Fontagnier erklärt, die Kommune habe „nur sehr wenige Möglichkeiten“, auf den Lärm Einfluss zu nehmen. „Die Kontaktaufnahme der Stadt mit entsprechenden Stellen hat zu keinem Ergebnis geführt, weil gesagt wurde, es sei alles rechtens.“ Angela Wendt, lärmschutzpolitische Sprecherin der Fraktion, kennt die Problematik. „Bei Lärmthemen kommt man als Kommune regelmäßig an Grenzen“, erklärt sie. „Man sieht Probleme, sieht, dass Leute in Bedrängnis sind und teilweise vor Lärm gar nicht mehr können, kann das aber nur weitergeben und kaum selbst eingreifen.“

Auch Knoll hatte bereits mit zahlreichen Stellen Kontakt: Verwaltung, Abgeordnete, Flugsicherung, Flughafen, Regierungspräsidium, oder auch Fluglärmkommission – der Stapel an Schriftverkehr ist vielfältig. „Positiv war, dass wir nirgends einfach abgespeist worden sind, sondern viele Rückmeldungen bekommen haben“, sagt Knoll. Wirklich helfen habe aber niemand können.

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Die Petition soll den Druck erhöhen. „Speziell die Aufweitung des Korridors auf ca. 20 km Breite und das systematische Verteilen der morgens und abends oft im Fünf-Minutentakt startenden Flugzeuge scheint uns noch der einfachste und schnellste Weg, um die Lärmbelastung erträglicher zu machen“, heißt es. „Derzeit fliegen praktisch alle Maschinen Richtung Süden, egal, ob Italien, Spanien, Mallorca, Kanaren, Südafrika oder Südamerika über Mannheim. Je nach Lage der Destination könnte bereits vorher aufgespalten und Flüge in Richtung Festland-Spanien über Luxemburg gelenkt werden.“

Unterschriften noch bis März 2023

Die Flugsicherung erklärt auf Anfrage dieser Redaktion hingegen, es gebe keinen Spielraum, die Korridore für die Flugrouten aufzuweiten. Man dürfe nicht vergessen, dass „angrenzende Kontrollsektoren“ den Flugverkehr „an einer bestimmten Position erwarten“, weil sie ihrerseits den kreuzenden Verkehr verarbeiten müssten, teilt ein Sprecher mit. „Aus diesem Grund ist kein beliebiges Aufweiten möglich“, erklärt er weiter. „Alternativrouten über Luxemburg würden nicht auf dem kürzesten Weg zum Zielflughafen führen und werden deshalb nicht berücksichtigt.“ Auch habe die Flugsicherung „keine Kenntnis von verhältnismäßig vielen Beschwerden aus der Region Mannheim“.

Laut Wendt und Fontagnier könnte eine starke Petition vielleicht dennoch etwas bewirken. „Wenn der Druck aus der Bürgerschaft entsprechend groß ist und sich dem dann zum Beispiel auch die Stadt anschließt, könnte man, zumindest was die Nachtstunden angeht, vielleicht schon etwas durchsetzen“, sagt Fontagnier. „Dafür müsste eine Petition mit vielen Unterschriften aber politisch richtig was lostreten.“

Diese Hoffnung hegen auch die Knolls. Die Petition „Weniger Fluglärm aus Frankfurt über Mannheim“ kann noch bis Ende März 2023 auf dem Online-Portal openpetition.de unterstützt werden. Mehr finden Sie unter dem Link

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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