Mannheim. „LebensZeichen“ lautet das Leitmotiv der 27. Vesperkirche. Schon am Eröffnungssonntag mit festlichem Gottesdienst erfüllt pralles Leben das evangelische City-Gotteshaus „Konkordien“. Noch während die Speiseausgabe aufgebaut wird, herrscht an den 37 Tischen drangvolle Enge. „Essen to go“, das während der Corona-Pandemie eingeführt wurde, gibt es bewusst nicht mehr. Begegnungen und Gespräche sollen wieder im Mittelpunkt stehen.
Eine Seniorin beteuert, sie genieße nicht nur den Rinderbraten - „gutes Fleisch kann ich mir mit meiner winzigen Witwenrente sonst nicht leisten“. Sie freue sich außerdem, die nächsten Wochen unter Menschen zu kommen. Der Mann gegenüber nickt zustimmend.
OB Specht lobt Beitrag von Ehrenamtlichen
In der Vesperkirche, so betont Pfarrerin Ilka Sobottke beim Eröffnungsgottesdienst, „werden jene gesehen, die sonst nicht gesehen werden“. Oberbürgermeister Christian Specht, der in seiner „Kanzelrede“ aus dem Korintherbrief des Paulus gewissermaßen Honig saugt, leuchtet „LebensZeichen“ aus und lobt den Beitrag von Ehrenamtlichen, Gemeinsinn erlebbar zu machen.
In der Tat wäre die Vesperkirche mit mehr als 15 000 Gästen ohne engagierte Freiwillige undenkbar. Brötchen schmieren, gespendete Kuchen annehmen und aufschneiden, warme Speisen ausschöpfen und diese samt freundlicher Worte servieren, heißen Kaffee, Tee wie Kakao zubereiten, Geschirr abräumen - dafür und für noch mehr sind täglich bis zu 60 Helfende unerlässlich.
Erinnerungen an die Anfänge der Mannheimer Vesperkirche
Von Anfang dabei ist die Kirchenälteste Inge Schmidt. Sie erinnert sich noch gut daran, dass ein kleines Projektteam vor gut 27 Jahren bei einem Besuch der Stuttgarter Pionier-Vesperkirche, den Entschluss fasste: „Bei uns soll Essen nicht ausgegeben werden - wir wollen Menschen bewirten.“ Und dies in gastlicher Atmosphäre mit Blumenstöckchen auf den Tafeln und in Gläsern brennenden Teelichtern, zum Gottesdienstabschluss von Dekan Ralph Hartmann symbolträchtig mit Licht einer Altarkerze zum Leuchten gebracht.
Eher zufällig hat Mathias Streffer, Notar in Neckarsteinach, vor Jahren von der Vesperkirche gelesen und sich als Helfer angemeldet. Das Projekt gelebter Nächstenliebe, das den Blick für höchst unterschiedliche Lebensrealitäten schärft, hat ihn so begeistert, dass er sich bis zum Ende am 4. Februar in seiner Kanzlei tagsüber vertreten lässt, um im Organisationsteam mitwirken zu können.
In der kleinen Nebenküche sind starke Männer im Einsatz: Ein mit Tellern und Besteck gefülltes Sieb für die Spülmaschine wiege bis zu zehn Kilo, verrät Matthias Eichler, seit sechs Jahren an der „Schmutzgeschirr-Front“. Die Vesperkirche habe ihm einmal in schwieriger Zeit geholfen, erzählt Jurist Stefan Schliephake, der früher im Mannheimer Arbeitslosenzentrum Beratungsgespräche führte und nun als Pensionär seine Kompetenz einbringt. Auch Gemeinderatsmitglieder binden sich eine Schürze um, etwa SPD-Stadtrat Markus Sprengler,
Wunderbare Musik schwebt dank der von Heike Kiefner-Jesatko geleiteten Konkordien-Kantorei nicht nur beim Auftakt durch den Kirchenraum. Am Sonntag, 28. Januar (17 Uhr), wollen „Friends for Vesperkirche“ mit Jazz, Rock und Pop „LebensZeichen“ Flügel verleihen.
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