Mannheimer Polizei

Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-West bei Kriminalität besser als sein Ruf

Sie gilt als Mannheimer Brennpunkt, teilweise gar als No-Go-Area. Doch die Zahlen der Polizei belegen das für die Neckarstadt-West nicht.

Von 
Steffen Mack
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Besser als sein Ruf: Der Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-West. © Esther Lehnardt

Mannheim. Wer Mathematik nicht nach der ersten Schulklasse gedanklich abgewählt hat, kennt das Phänomen. Bei niedrigen absoluten Zahlen fallen prozentuale Veränderungen schnell gewaltig aus. Das betont nun im Bezirksbeirat Neckarstadt-West Revierleiter Christian Zacherle. Daher sei ganz gut, dass man hinten im Publikum die Zahlen auf seinen Folien sicher schlecht lesen könne, scherzt der Polizeidirektor.

Als Beispiel nennt er etwa Vergewaltigungen, die ja zu den schlimmsten Straftaten gehörten. In der Neckarstadt-West hätten sie 2025 gegenüber dem Vorjahr von vier auf sechs zugenommen. Jede Einzelne sei zwar eine zuviel. Aber der Anstieg um 50 Prozent klinge dramatischer, als er sei. Noch krasser sehe es bei Wohnungseinbrüchen aus. Der Zuwachs von sieben auf 20 bedeute ein prozentuales Plus von 185 Prozent.

Mannheimer Revierleiter: Cannabis-Freigabe „nicht zu Ende gedacht“

Insgesamt bedeuteten die fast 1800 im vorigen Jahr von der Polizei in dem Stadtteil erfassten Straftaten einen Anstieg um 7,5 Prozent, berichtet Zacherle. Aber umgerechnet auf ganz Mannheim machten sie nur ein Zehntel der Taten aus. „Das ist okay.“

Cannabis-Konsum ist in der Mannheimer Neckarstadt-West weit verbreitet. © Michael Brandt/dpa

Da hakt SPD-Bezirksbeirat Kai-Uwe Herrenkind nach. Demnach gelte der Stadtteil mit mittleren Werten also zu Unrecht als Hotspot für Kriminalität. Auch CDU-Stadtrat Jürgen Dörr, früher ebenfalls Polizeidirektor, stellt fest: „Die Neckarstadt-West ist nicht so schlecht wie ihr Ruf.“ Der Revierleiter bestätigt, nach seiner Ernennung hätten ihn viele bemitleidet. Das sei stark übertrieben gewesen.

Zwar sei der Anteil ausländischer Tatverdächtiger mit 73 Prozent deutlich höher als in der ganzen Stadt mit 53 Prozent. Doch das entspreche den Bevölkerungsstrukturen. Beunruhigend sei indes, dass die Zahl der Unter-14-Jährigen zugerechneten Taten quer durch die Nationalitäten um 64 Prozent zugenommen habe. Das müsse man im Auge behalten. Eine von mehreren Erklärungen sei möglicherweise, dass in Schulen genauer hingesehen und schneller angezeigt werde. Ob in denen die Gewalt in der Neckarstadt-West ansteige, fragt Schülerladen-Leiterin Claudia Arnold. Zacherle verneint. Wenn das so wäre, hätten es ihm seine gut vernetzten Leute mitgeteilt.

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Auch gute Nachrichten hat er. So sei die Rotlicht-Kriminalität rund um die Lupinenstraße massiv zurückgegangen, ebenso die Gewalt gegen Polizeibeamte. Ob die Ursache für Letzteres mehr Respekt vor der Polizei sei, wolle er nicht mit Sicherheit sagen, scherzt Zacherle. Vielleicht liege es eher an Bodycams. Dass heikle Situationen mit Kameras dokumentiert würden, sei auch nicht schlecht für seine Kollegen.

Und das 45-Prozent-Minus bei Rauschgiftdelikten führt er klar auf die Cannabis-Freigabe zurück. Wenn man ihn da nach seiner persönlichen Meinung frage: „Mir geht es nicht ums Kiffen selber. Aber das Gesetz ist nicht zu Ende gedacht“, findet der Revierleiter. Könne etwas legal konsumiert werden, müsse es auch legal zu kaufen sein. So sei die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt nach wie vor groß. Die Polizei tue ihr Möglichstes, um Dealer zu fassen – so laufe monatlich ein Einsatzzug in Zivil „etwas verlottert“ über den Alten Meßplatz. Doch am nächsten Tag stünden schon neue Dealer da.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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