Mannheim. Mannheim, deine Baustellen. So in etwa hätte der Titel lauten können, unter dem Oberbürgermeister Christian Specht am Montag zahlreiche Journalistinnen und Journalisten auf dem Neuen Meßplatz empfängt. Die Stadtverwaltung hat zu einer Baustellentour eingeladen. Sechs Projekte in knapp vier Stunden stehen auf dem Programm – da ist es überflüssig zu erwähnen, dass trotzdem nicht alle Bauvorhaben im Fokus stehen.
Brücken etwa bleiben außen vor, dafür rücken neben den „Klassikern“ Nationaltheater, Multihalle und Kombibad auch drei Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in die Öffentlichkeit. Auch oder gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten investiert die Stadt, lautet die Botschaft. Wie es um die besichtigten Baustellen steht:
Ausstattung des Kombibad im Herzogenried reicht von Rutschenturm bis Infinity-Pool
Planschbecken, Schwimmerbecken, Spaßbecken, Rutschenturm, Kursbecken, Sprungturm, eine Kletterwand, die aus dem Wasser ragt, ein Infinity-Pool und das angeschlossene Freibad: Das neue Kombibad im Herzogenried soll zweifelsohne das Schmuckstück der Mannheimer Bäderlandschaft werden. Der Rundgang durch die Baustelle beeindruckt nicht nur den Oberbürgermeister sichtlich, wenn auch augenscheinlich noch einiges zu tun ist.
Auf dem Boden des künftigen 50-Meter-Beckens robbt ein Arbeiter auf einem Wagen liegend über die Edelstahlplatten, um diese zu verschweißen. Hier und da stehen noch Materialstapel herum und auch der Boden ist noch nicht überall trittfest. Specht findet vor allem am 50-Meter-Becken Gefallen, das durch ausfahrbare Wände in zwei 25-Meter-Becken unterteilt werden kann.
Die Stadt lässt sich das neue Bad direkt neben Herzogenriedpark und Neuem Meßplatz viele Millionen kosten: 65 sind es nach letztem Stand. Als das Kombibad 2017 beschlossen wurde, waren lediglich 31,5 Millionen Euro veranschlagt, danach haben auch Pandemie und Ukraine-Krieg die Preise teilweise massiv steigen lassen. Bei Baubeginn im Mai 2022 waren bereits 50 Millionen Euro bewilligt worden. Eröffnet werden soll das Kombibad Mitte nächsten Jahres, nachdem zunächst von 2025 ausgegangen worden war.
„Mit dem Kombibad, dem Herzogenriedpark, der Multihalle, der Messe und dazu eine der größten Schulen und das Eissportzentrum haben wir rund um den Meßplatz eine richtige Ballung von verschiedenen Freizeit- und Sporteinrichtungen hier vor Ort. Deswegen war das Kombibad schon eine wichtige, grundlegende Entscheidung an dieser Stelle“, sagt der Oberbürgermeister, ehe wir das Kombibad verlassen.
Die nächste Station ist die:
Multihalle im Herzogenriedpark soll für alle frei zugänglich sein
Die liegt nur wenige Fußminuten vom Bad entfernt. Künftig soll die Halle frei zugänglich sein. „Das ist die Voraussetzung, die viele Fördermittelgeber an uns richten“, sagt Specht. Die Baustelle in der zur Bundesgartenschau 1975 eröffneten und nun sanierungsbedürftigen Halle gehört zu den optisch spektakulärsten der Stadt.
Ein Gerüst und unzählige Streben stützen Teile der Deckenkonstruktion aus Holz. Die Diskussion um die Baustelle ist bekannt. Im November hat der Gemeinderat entschieden, die Sanierung fortzusetzen: Schließlich hatte die Stadt bis dato bereits knapp 20 Millionen investiert. Weitere Millionen stehen im Raum.
Die Sanierung wurde bereits abgespeckt und nur auf den größeren Teil begrenzt. Dort stehen jetzt die Gerüste unter dem beeindruckenden Holzdach – das einzige Mannheimer Gebäude im Atlas der Weltarchitektur, wie Specht erklärt. Man müsse sich überlegen, wie man die Halle künftig stärker ins Stadtbild integriere und sie genauso zur Attraktion werden lasse wie etwa das Schloss. Bis es so weit ist, muss aber erst einmal saniert werden – und das Gerüst die Dachkonstruktion wieder freigeben können.
Der nächste Brocken in Mannheims vielfältiger Baustellen-Landschaft ist ebenso bekannt.
Das Nationaltheater
Über dessen Generalsanierung wurde in den vergangenen Jahren viel gesprochen, diskutiert, gestritten. Neue Informationen gibt es am Montag nicht.
Zwar lässt Specht beim Gang über schmale Gerüststufen, durch die Bunkerflure und den neuen Probenraum gleich mehrfach wissen, dass für die Generalsanierung nur noch 20 bis 30 Millionen Euro fehlen, von denen 20 Millionen für das Haus und zehn Millionen für den Goetheplatz vorgesehen seien.
Diese Zahl korrigiert die Sprecherin des Oberbürgermeisters am Dienstag auf Nachfrage aber wieder: Nach wie vor fehlen 39,5 Millionen Euro. Wo das Geld herkommen soll, um einen Baustopp zu vermeiden, ist offen. Andererseits: Eine Ruine stehen lassen, Strafen zahlen und die vielen bereits investierten Millionen abschreiben? Eine Fortsetzung der Debatte folgt – ganz sicher.
Beachtlich ist auch die Summe, die die Stadt in die Humboldt-Grundschule in der Neckarstadt steckt.
Baustelle Humboldt-Grundschule in der Neckarstadt liegt im Zeitplan
Mehr als 50 Millionen Euro investiert die Stadt in den Ausbau zur Ganztagesschule. Addiert man dazu die Kosten der nicht weit entfernten Multihalle und des Kombibads, „wissen Sie, warum wir momentan so an der Wand stehen und dass wir riesige Projekte am Laufen haben, die uns extrem fordern“, sagt Specht.
Etwa 450 Kinder aus der Neckarstadt-West sollen hier betreut werden und dabei auch vom grünen Park im Hof profitieren, der erhalten bleibt. Vor dem Schulhaus ist es sandig, Bagger rollen an. Es staubt, ist laut und dreckig. Im Haus zeichnen sich bereits Konturen von Mensa und Sporthallen ab.
Die Baustelle, sagt Architekt Heiko Müller, liegt derzeit sogar unter den kalkulierten Kosten und im Zeitplan. Eine Nutzung ist laut einer Stadtsprecherin zum Schuljahr 2027/28 denkbar, die Fertigstellung der Mensa 2028/2029 realistisch.
Bildungspolitisch ebenfalls wichtig ist die Mensa der Gerhart-Hauptmann-Schule in Rheinau-Süd.
Gerhart-Hauptmann-Schule erhält moderne Mensa
6,5 Millionen Euro kostet der Ausbau, der zum Schuljahr 2026/27 abgeschlossen sein soll. Die Mensa soll neben Platz zum Essen auch Raum für Veranstaltungen oder Versammlungen bieten. Auf der Terrasse vor dem Haus ist es vielleicht auch möglich, das Klassenzimmer mal ins Freie zu verlegen, hoffen Architekten und Oberbürgermeister.
Apropos: Betreuung. Ein paar Kilometer entfernt steht die Familienkita auf der Hochstätt mit einem Jahr Verspätung vor der Eröffnung.
Baukosten für Familienkita auf der Hochstätt liegen bei rund neun Millionen Euro
Die Kita ist derzeit neben dem Neubau untergebracht und soll Ende des Jahres ins neue Haus ziehen. In dem sind Räume zum einen lichtdurchflutet, zum anderen aber über Metallgitter über dem Fenster oder Jalousien sonnengeschützt. Hinter dem Haus lädt ein Garten zum Spielen oder zum Schaukeln ein.
Die rund neun Millionen Euro teure Kita ist für den Stadtteil von großer Bedeutung und soll den Anspruch aller Kinder im Betreuungsalter erfüllen können, erklären Vertreterinnen des Fachbereichs. „In der Standortkonzeption ist geplant, dass das Haus erweitert werden könnte, wenn die Bevölkerungszahl im Stadtteil weiter wächst.“
Und was bleibt von der Baustellentour?
Mannheim investiert – muss das aber auch. Das Geld ist knapp, die Herausforderungen sind groß. Nicht zuletzt durch Großprojekte. Ob kleinere Projekte deshalb auf absehbare Zeit hinten angestellt werden müssen? „Mein Ziel ist, zu verhindern, dass laufende Projekte gestoppt werden müssen“, sagt Specht.
Dabei hätten Bildungs- und Betreuungsprojekte sowie technische und Verkehrsinfrastruktur Priorität. „Ich kann aber momentan nicht ausschließen, dass wir auf einige andere Projekte über längere Zeit verzichten müssen, wenn sich die Situation weiter so verschlechtert wie in den letzten Wochen und Monaten.“ Deshalb sei es wichtig, dass man bei Projekten wie dem Nationaltheater von Land und Bund nicht im Stich gelassen werde.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei Mannheims Baustellen muss im Zweifel gelten: Substanz schlägt Glanz!