Rapper, Abtreibungsgegner und Nackedei

Mannheimer Stadtrat Julien Ferrat zieht im Amtsblatt blank - warum nur?

Bislang machte Stadtrat Julien Ferrat vor allem mit Provokationen auf sich aufmerksam. Mit seiner neuesten Aktion ist das nicht anders. Die Amtsblatt-Redaktion distanziert sich. Und wir fragen uns: Was soll das?

Von 
Anna Suckow
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Angelehnt an das Jugendmagazin "Bravo" hat Stadtrat Julien Ferrat das Format "Bodycheck" für seine kommunalpolitischen Ansichten weitergedacht. © Julien Ferrat

Mannheim. Der umstrittene Stadtrat Julien Ferrat von der Wählervereinigung „Die Mannheimer“ sorgt für die erste kleine Provokation in der neuen Wahlperiode. Im Wahlkampf hatte der Kommunalpolitiker angekündigt: „Langweilig wird es mir nicht.“

Das bezog er scheinbar nicht auf meinungsstarke Redebeiträge, sondern auch auf Aktionen außerhalb der kommunalen Bürgervertretung. Im aktuellen Amtsblatt der Stadt Mannheim jedenfalls nimmt Stadtrat Ferrat jenes Sprichwort wörtlich und lässt für die Politik die Hüllen fallen. Die Amtsblatt-Redaktion sieht sich zu einer Klarstellung genötigt.

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Angelehnt an den Stil der Bodycheck-Reihe der Jugendzeitschrift Bravo beantwortet Ferrat mehrere Fragen, beispielsweise: „Wie war dein erstes Mal im neuen Gemeinderat?“. Im Zuge dessen lässt Ferrat die Leserinnen und Leser dann wissen: „Kommunalsex, also Sex in kommunalen Einrichtungen, ist glaube ich ein Fetisch, den fast jeder Stadtrat hat.“

Bodycheck - was ist das eigentlich?

Bei Bodycheck handelte es sich um eine Rubrik in den 1990er Jahren in der Jugendzeitschrift Bravo.

Ein Format, wie Ferrat es hier verwendet, existiert in dem Magazin immer noch. Auf einer Doppelseite zeigen sich unter dem Titel „That’s me“ Jugendliche verschiedener Geschlechter nackt und mit Selbstauslöser fotografiert. Dazu beantworten sie offen und frei Fragen rund um Pubertät, Sexualität und Körpergefühl. afs

Der Politiker geht im „Amtsblatt-Bodycheck“ auch auf das ehemalige Mannheimer Stadtoberhaupt ein. So antwortet er beispielsweise auf die Frage „Wie stehst du zum ehemaligen Oberbürgermeister Peter Kurz?“ mit den Worten: „Die politische Beziehung mit Peter war am Ende leider überhaupt nicht gut.“ Wenig später teilt der Kommunalpolitiker mit, dass das Strafverfahren, das der damalige Oberbürgermeister gegen ihn angestrengt hatte, letztendlich gegen die Ableistung von Sozialstunden im Altersheim eingestellt wurde.

Mannheimer Amtsblatt-Redaktion hält sich lieber bedeckt

Um Missverständnisse in Anbetracht der teils frivolen Fragen zu vermeiden, sieht sich die Mannheimer Amtsblatt-Redaktion zu einer Klarstellung gezwungen: „Wir weisen darauf hin, dass die Fragen nicht von der Redaktion des Amtsblatts gestellt wurden.“ In der Amtsblatt-Rubrik „Stimmen aus dem Gemeinderat“ können sich die Mannheimer Gemeinderatsmitglieder nämlich frei artikulieren.

Rapper, Abtreibungsgegner und nun Nackedei

Mit schonungslosem Bildmaterial kennt sich der 33-Jährige aus. Neben mehr oder minder eloquenten Youtube-Videos (wie etwa "Mannheimer Ghetto".  Der Gemeinderat stufte es im November 2016 als "vulgär, sexistisch und beleidigend" ein) machte Ferrat in der Vergangenheit weniger mit seinen politischen Pointen auf sich aufmerksam, als mit gezielten Provokationen.

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Weit unter die Gürtellinie und Geschmacksgrenzen. In einem fast vierminütigen Rap-Clip warb er 2017 dafür, auch bei widrigen Umständen und gegen den Willen der Eltern nicht abzutreiben. Ferrat hatte eine "zensierte" und eine "unzensierte" Version ins Netz gestellt. Letztere enthält eine kurze Sequenz mit Details einer Abtreibung. Dazu machte er auch mit gefälschten Unterschriften und zahlreichen Partei-Wechseln auf sich aufmerksam (von der Linken zur Familienpartei zu parteilos).

Gibt es eigentlich auch Inhalte bei Julien Ferrat?

Zu seinen politischen Zielen teilt Stadtrat Julien Ferrat im „Amtsblatt-Bodycheck“ mit, die Lethargie und Behäbigkeit im Gemeinderat aufbrechen zu wollen. „Was die gängigen Konventionen im Gemeinderat sind, interessiert mich herzlich wenig“, lässt der Kommunalpolitiker verlauten. „Viele Stadträte nehmen sich sehr ernst, liefern aber nur sehr wenig“, findet Ferrat.

Da stellt sich die Frage: Was möchte der Kommunalpolitiker denn außer nackter Tatsachen an harten Inhalten liefern? 

Inhaltlicher Schwerpunkt des 33-Jährigen soll nach seiner eigenen Aussage das Thema Mieten werden. So will er etwa die Gründung einer städtischen Wohnungsbau-Genossenschaft beantragen. Wer für 1.000€ der Genossenschaft beitritt, soll – solange er Mitglied ist – freien Eintritt in den Luisenpark, Herzogenriedpark und alle städtischen Schwimmbäder erhalten. Dies wäre eine eloquente Form der Kapitalbeschaffung, um den Wohnungsbau in Mannheim voranzutreiben, so Ferrat.

 

Redaktion

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