Kommunalpolitiker - Stadtrat der Familienpartei veröffentlicht Rap-Video, in dem Abtreibung gezeigt wird. Hier eine Übersicht über die Aktionen, mit denen Ferrat bisher von sich reden machte

Immer Ärger mit Julien Ferrat

Von 
Steffen Mack
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Sogar eine Weihnachtsansprache hat Julien Ferrat auf der Online-Plattform Youtube veröffentlicht. Da sitzt der Stadtrat mit gefalteten Händen vor einem Mannheim-Plakat und dankt allen Fans, die sein Skandalvideo "Mannheimer Ghetto" im Spätherbst angeklickt haben. Dann kündigt er "neue Projekte aus dem Bereich Kunst und Unterhaltung" an. Gestern verschickte er hierzu die erste Pressemitteilung. Überschrift: "Politiker zeigt Abtreibungsvideo in Rapsong." Hier eine Übersicht über die Aktionen, mit denen Ferrat bisher von sich reden machte.

Abtreibungsvideo: In dem fast vierminütigen Rap-Clip wird dafür geworben, auch bei widrigen Umständen und gegen den Willen der Eltern nicht abzutreiben. Ferrat hat eine "zensierte" und eine "unzensierte" Version ins Netz gestellt. Letztere enthält eine kurze Sequenz mit Details einer Abtreibung. Ferrat sagt, er habe sie im Internet gefunden. Mit dieser "relativ harten" Szene ("reicht, wenn man sie einmal sieht") wolle er zeigen, wie dieser Eingriff eigentlich ablaufe. "Diesen Schockmoment setze ich dem feministischen Übergewicht bei diesem Thema entgegen, er sollte Schwangeren zu denken geben." Ob denen damit geholfen wäre, bezweifelt allerdings die Beratungsstelle pro familia. "Wir halten davon gar nichts", sagt Annette Baumann-Nitsche. Frauen, die zu ihr kämen, seien emotional stark unter Druck. Da bewirke so ein Video "nur noch mehr Scham und Schuldgefühle, nicht ausreichend verhütet zu haben".

Video "Mannheimer Ghetto": Ferrats vorheriges Video befasste sich in derbster Sprache mit den Zuständen in der Neckarstadt-West. Der Gemeinderat stufte es im vergangenen November als "vulgär, sexistisch und beleidigend" ein. Der fraktionslose Stadtrat wurde offiziell gerügt, gegen seine Treuepflichten verstoßen zu haben. Der 25-Jährige verteidigte sich zwar unter Verweis auf die künstlerische Freiheit. Aber er löschte das Video und bat im Kulturausschuss um Entschuldigung. In seiner Weihnachtsansprache auf Youtube mokiert er sich jedoch erneut über "Sittenwächter" in der Kommunalpolitik und weist darauf hin, wie man sich jenen Clip nach wie vor anschauen könne.

Gefälschte Unterschriften: Für öffentliche Aufregung sorgte der Lehramtsstudent auch schon an der Mannheimer Universität. Dort soll er Anfang 2014 für die Zulassung bei einer Wahl Unterschriften gefälscht haben. Deswegen zahlte Ferrat eine Geldbuße von 3600 Euro.

Austritt bei den Linken: Als die Uni-Vorwürfe bekanntwurden, versuchte die Linke, Ferrat von ihrer Liste für die Kommunalwahl zu streichen. Doch dafür war es zu spät. Er trat aus der Partei aus und zog im Sommer 2014 als Unabhängiger in den Gemeinderat ein.

Streit in der Familienpartei: Im September 2015 schloss sich der Stadtrat der Familienpartei an, die zuvor in Mannheim keine Rolle gespielt hatte. Wegen eines Zerwürfnisses zwischen Bundespartei und baden-württembergischem Landesverband kam ein Jahr später jedoch eine Diskussion darüber auf, ob der Neueintritt korrekt war. Der Streit darüber schien beigelegt, als Ferrat im vergangenen November selbst zum Landesvorsitzenden gewählt wurde. Doch offenbar halten die parteiinternen Unstimmigkeiten an.

Künftige Pläne: Hinter vorgehaltener Hand wird geraunt, Ferrat habe es auf das Mandat der Familienpartei im Europaparlament abgesehen, für das es keine Prozent-Hürde gibt. "Das kann ich ganz klar dementieren", sagte Ferrat gestern dem "MM". Sein Schwerpunkt bleibe die Mannheimer Kommunalpolitik.

Seine Stationen

  • Julien Ferrat ist am 28. Juli 1991 als Sohn einer französischen Mutter geboren worden. Seit 1995 hat er die deutsche Staatsbürgerschaft.
  • In den Gemeinderat kam er im Sommer 2014 auf der Liste der Linken. Diese hatten allerdings vorher noch vergeblich versucht, ihn wieder zu streichen - weil er bei einer Wahl an der Mannheimer Universität Unterschriften gefälscht haben soll.
  • Im Streit darüber trat Ferrat bei den Linken aus, nahm sein Mandat aber als Einzel-Stadtrat wahr.
  • Mittlerweile ist er in der Familienpartei, zu deren baden-württembergischem Landesvorsitzenden man ihn kürzlich gewählt hat.
  • Ferrat sitzt im Kulturausschuss des Gemeinderats und will sich dort vor allem für die freie Szene engagieren. Dort ist der Lehramtsstudent - etwa mit seinen Rap-Videos - auch selbst aktiv. ena/sma

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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