Mannheim. Die Mannheimer Vereine brauchen erhebliche Mengen an Energie, um ihre Sportstätten zu heizen und zu beleuchten. Seit Monaten werden deshalb bei vielen Vereinen Maßnahmen diskutiert, wie die steigenden Energiekosten aufgefangen werden können und wie man den Betrieb aufrecht erhalten kann. Die FDP/MfM-Fraktion im Gemeinderat befürchtet, dass diese zusätzliche Belastung Vereine und Verbände an ihre finanziellen Grenzen bringen könnte und hat eine Anfrage zum Thema zur Gemeinderatssitzung an diesem Dienstag eingereicht.
Die Liberalen argumentieren, dass bei den durch die Corona-Pandemie ohnehin stark gebeutelten Vereinen und Verbänden jetzt die Kosten für Strom und Heizung durch die Decke gingen. Im aktuellen Entlastungspaket der Bundesregierung würden sie bisher nicht berücksichtigt. Die Fraktion befürchtet, dass wertvolle Angebote im Jugend-, Sport-, Kultur-, Sozialbereich oder bei gesellschaftlichen Veranstaltungen eingeschränkt werden oder gar wegfallen müssen, wenn ein immer größerer Anteil der Mittel für Nebenkosten aufzuwenden sei. „Wenn städtische Zuschüsse zu großen Teilen bereits durch Energiekosten aufgefressen werden, muss die Stadt genau hinschauen“, führt Fraktionschefin Birgit Reinemund aus. Sie will außerdem wissen, ob die Stadt bereits Überlegungen anstellt, wie sie unterstützen kann, damit das ehrenamtliche Angebot trotz der Krisen aufrechterhalten werden könne.
Das Rathaus erklärt, der Energiekostenzuschuss der Stadt Mannheim sei schon lange ein fester Bestandteil der Sportförderung. Bereits 2020 wurde demnach auch der Jugendzuschuss an die Sportvereine pro jugendlichem Vereinsmitglied von 24 auf 27 Euro erhöht, so dass der Fördertopf insgesamt um weitere rund 60 000 Euro dauerhaft aufgestockt wurde. Pro Jahr stehen laut Stadt zudem 1,1 Millionen Euro zur Förderung von Baumaßnahmen im Sportbereich zur Verfügung. Wenn Vereine in ihre sportliche Infrastruktur investieren - dazu zählt auch eine energetische Sanierung - leistet die Stadt Unterstützung. Die Auszahlung der Zuschüsse nach vollständiger Abrechnung werde schnell durchgeführt, da in diesem Bereich kein Antragsstau vorliege, heißt es aus dem Rathaus.
Kein allgemein gültiger Lösungsweg
Trotz der bereits bestehenden Zuschüsse wird derzeit in der Stadtverwaltung diskutiert, wie die Vereine mit der neuen Herausforderung der deutlich steigenden Energiekosten umgehen können. „Gemeinsam mit dem Badischen Sportbund hat der Fachbereich Sport und Freizeit jüngst eine Vereinstour gemacht und mehrere Vereine besucht. Einen allgemein gültigen Lösungsweg in der Energiekrise gibt es jedoch leider nicht, da jeder Verein anders aufgestellt ist“, berichtet Corinna Hiss vom Sportdezernat.
„Das ist ein Thema, das uns seit Jahresbeginn beschäftigt, als sich Preissteigerungen abgezeichnet haben“, vermeldet Christian Berkes, Geschäftsführer des TSV Mannheim 1846, auf Nachfrage. Dabei gehe es einerseits um die hohen Energiekosten im eigenen Sportzentrum, aber auch um die gesellschaftliche Verantwortung: Der TSV will das Energiesparen gegenüber seinen Mitgliedern vorleben. „Wir haben geprüft, wie wir Fernwärme bekommen können, da waren wir erstmal etwas entspannter. Doch diese wird fast vollständig aus Steinkohle gewonnen, damit war ich dann nicht mehr so glücklich“, so der TSV-Geschäftsführer mit Blick auf den Klimawandel.
Seine Maßnahmen zum Energiesparen hat der TSV seinen Mitgliedern bereits vorgestellt. Die Sauna wird vormittags nur noch angeschaltet, wenn sich jemand in das digitale Buchungssystem eingetragen hat - ein System, das der Verein während der Corona-Pandemie installiert hatte. Nachmittags ist die Sauna aus-, abends angeschaltet. Die Folge: eine Einsparung von rund 2000 Kilowatt pro Woche. „Wir haben das mit unseren Saunagängern abgesprochen, die das absolut verständlich fanden und voll dahinter stehen“, berichtet Berkes.
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Weitere Maßnahmen zum Energiesparen werden geprüft, etwa der Verzicht auf die Beleuchtung des riesigen TSV-Logos oder der teilweise Verzicht auf die Außenbeleuchtung. Hierdurch könnten rund 10 000 Kilowatt pro Jahr gespart werden. „Da man ja manchmal auch betriebsblind ist, haben wir unsere Mitarbeiter gebeten, mit offenen Augen durch das Gebäude zu laufen und uns ihre Ideen mitzuteilen.“ Auch bezüglich der Raumtemperatur will sich der TSV anpassen. Der Verein will allerdings noch auf die Empfehlungen der Bundesregierung warten - und sich demokratisch mit seinen mehr als 4500 Mitgliedern abstimmen, damit niemand in der Umkleide friert.
Als Großverein ist der TSV der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Kreis angeschlossen, die eine Petition an die Ampel-Koalition in Berlin verfasst hat. Hierin fordern sie ein Entlastungspaket, Gelder für die Sanierung von Sportstätten für die Abkehr von fossilen Brennstoffen sowie das eigenverantwortliche Energiesparen der Vereine. „Ich glaube nicht, dass nur die Politik, sondern dass wir alle etwas tun müssen, um ein Sportzentrum nachhaltig aufzubauen. Der Klimawandel ist ja seit 30 Jahren angekündigt“, präzisiert Berkes.
Zudem haben zahlreiche Mannheimer Sportvereine einen Offenen Brief des SV Böblingen an den Badischen Sportbund Freiburg und Nord sowie den Württembergischen Landessportbund mitgezeichnet. Darin fordern sie, dass notleidende Vereine schnellstmöglich staatliche Unterstützung erhalten müssen und die Politik Maßnahmen ergreifen muss, um die Energiepreise wieder auf ein bezahlbares Niveau zu bringen. Ansonsten sei es „nur eine Frage der Zeit, bis der erste Verein zu extremen Maßnahmen greifen und den Betrieb in seinen Anlagen entweder erheblich einschränken oder Hallen und Sportzentren gleich ganz schließen muss - weil Gas und Strom unbezahlbar geworden sind.“
Auch der TSV Neckarau benötigt erhebliche Mengen an Energie: Die Beleuchtung und das Heizen der Sporthalle, des großen Vereinsgebäudes mit Umkleiden, Duschen, die Gaststätte und die Flutlichtanlage auf dem Fußballplatz kosten viel Geld. Schon jetzt werden mindestens 20 Prozent der Mitgliedsbeiträge für die Energiebeschaffung ausgeben. „Wir haben schon einiges getan, um unsere Energiebilanz zu verbessern“, berichtet der Vorsitzende Volker Proffen: Die Warmwasserbereitung durch Solarpanels, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, mit der tagsüber ein Großteil des Strombedarfs gedeckt werden kann, eine neue Dämmung sowie eine Niedertemperatur-Ölheizung, die vor drei Jahren installiert wurde.
Im Sommer sei der TSV Neckarau ohne externe Energie ausgekommen, aber im Winter komme der Verein nicht umhin, jeden Tag die Flutlichtanlage anzuschalten und Energie zu kaufen: 23 Mannschaften sind im Spielbetrieb, die Plätze seien jeden Tag ausgebucht. Mit einer W-Lan unterstützten Heizungssteuerung könne die Wärme passgenau reguliert werden. „Das würden wir schon machen, wenn es hart auf hart kommt. Aber wenn man geduscht hat, muss da schon ein gewisses Grundmaß an Wärme sein“, sagt Proffen. Die Stadt greife den Vereinen bereits mit zehn Prozent Zuschuss unter die Arme. „Bei einer Preissteigerung von 50 Prozent wird das aber nicht ausreichen, um das auch nur annähernd zu kompensieren. Persönlich befürchte ich, dass wir um eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge nicht umhinkommen.“
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