Gemeinderat

Mannheimer SPD-Stadträtin Heberer zieht sich zurück

Über die Kommunalwahlliste der Mannheimer SPD ist noch nicht viel bekannt. Nun gibt es aber einen Paukenschlag. Ihre dienstälteste und mit Abstand bekannteste Stadträtin wird nicht mehr draufstehen. Das sind die Gründe

Von 
Steffen Mack
Lesedauer: 
Helen Heberer, aufgenommen im Sommer vergangenen Jahres, ist in der Mannheimer Stadtgesellschaft vielfältig engagiert. Das will sie bleiben. © Thomas Tröster

Mannheim. Es wird ein Abgang nach 25 Jahren. Als Helen Heberer in den Mannheimer Gemeinderat einzog, regierte in Bonn ganz frisch Kanzler Gerhard Schröder mit einer komfortablen rot-grünen Mehrheit. Bezahlt wurde 1999 noch in D-Mark. Siemens bot das erste Handy mit grafischem Display an. Die knapp 23,5 Millionen Mobilfunk-Anschlüsse in Deutschland wurden aber vorwiegend nur zum Telefonieren genutzt.

Für Aufsehen sorgte indes eine Studie, wonach schon zwei Jahre später zwei Drittel der Haushalte mit dieser sich rasant ausbreitenden Erfindung namens Internet verbunden sein könnten. Und, ach ja, der SV Waldhof stieg nach einer überragenden Saison in die 2. Liga auf, war die letzten elf Spieltage Tabellenführer.

Helen Heberer ist bekannt für feine Ironie

Auch wenn damals das meiste anders und einiges besser war, ist eine erfreuliche Konstante geblieben. Sobald diese Woche im Gemeinderat die ganztägigen, oft bis in den späten Abend gehenden Haushaltsberatungen beginnen, ist Heberer noch dabei.

Bei einer Konferenz 2010 im Mannheimer Stadthaus: SPD-Politikerin Helen Heberer mit dem damaligen Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (links) und dem Mannheimer OB Peter Kurz. © Markus Prosswitz / masterpress

Hat man mit ihr im Vorbeigehen Blickkontakt, dürfte die SPD-Stadträtin bei manchem Redner - Parteibuch egal - mit leicht ironischem Lächeln die Augenbrauen hochziehen, wenn eine Wortmeldung wieder deutlich üppiger als nötig ausfällt. Tagelange Etatdebatten, das lässt sie im Telefonat mit dem „MM“ gut erkennen, wird die bald 73-Jährige künftig wenig vermissen.

73-jährige SPD-Politikerin tritt nicht mehr an

Die Entscheidung, bei der Kommunalwahl nächstes Jahr nicht mehr anzutreten, sei ihr „kein bisschen“ schwergefallen, betont Heberer. Sie freue sich darauf, endlich mehr Zeit für ihre vielfältigen anderen Aktivitäten in der Mannheimer Stadtgesellschaft zu haben. An vorderster Stelle nennt die Bloomaul-Preisträgerin den Freundeskreis des Marchivums und den Stadtbild-Verein, deren Vorsitzende sie ist, sowie ihre Tätigkeit als Ortskuratorin der Denkmalschutz-Stiftung.

Helen Heberer bei einer SPD-Veranstaltung im Jahr 2006. © Troester

Sie bereue allerdings auch keinen Tag ihrer langen Zeit im Gemeinderat, sagt Heberer. 25 Jahre seien einfach ein guter Zeitpunkt, um aufzuhören. Wurde das dienstälteste Fraktionsmitglied mit seinen demnächst 73 Jahren dazu möglicherweise etwa gedrängt - die Jusos fordern ja massiv eine Verjüngung? „Ach was“, sagt Heberer, „die wollten mich sogar überreden, weiterzumachen.“

Helen Heberer saß zehn Jahre im Landtag

Die Bekanntheit der früheren Kreisvorsitzenden, die auch zehn Jahre im Stuttgarter Landtag saß, hätte der SPD sicher zahlreiche Stimmen beschert. Im Raum habe daher auch gestanden, nochmal auf Platz 48 der Kommunalwahlliste anzutreten, berichtet Heberer. „Aber das habe ich ja schon zwei Mal gemacht und bin trotzdem rein gewählt worden.“ Da wolle sie nicht am Ende „Ätschi-Bätsch“ sagen müssen, weil sie ihr Mandat diesmal nicht annehmen würde.

Mehr zum Thema

Kommentar Schwere Zeiten für die Mannheimer SPD

Veröffentlicht
Kommentar von
Steffen Mack
Mehr erfahren
Höhere Aufwandsentschädigung

Mehr Geld für Mitglieder des Mannheimer Gemeinderats

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren
Kommunalwahl

CDU Mannheim wählt Kranz auf Platz eins - und sorgt für Überraschung

Veröffentlicht
Von
Waltraud Kirsch-Mayer
Mehr erfahren

Fraktionschef Reinhold Götz würdigt Heberer als in der Stadtgesellschaft hoch anerkannte Politikerin, die es stets geschafft habe, einen ausgewogenen Weg zwischen Tradition und Moderne zu finden. Als kulturpolitische Sprecherin habe sie nicht nur für Nationaltheater, Museen und Orchester viel getan, sondern ebenso für die Freie Szene. Auch an der Entstehung von Popakademie und Musikpark habe sie mitgewirkt. Götz würdigt zudem ihr großes Engagement für den Denkmalschutz sowie im Futteranker-Verein für die Tierhilfe.

Götz und Seidenglanz jetzt ganz vorn auf Wahlliste 

Der Fraktionschef soll die SPD-Liste dem Vernehmen nach gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Melanie Seidenglanz anführen. Von den ersten Fünf bei der Kommunalwahl 2019 ist Götz als Einziger noch verfügbar. Ralf Eisenhauer wurde Baubürgermeister, Thorsten Riehle ist als neuer Wirtschaftsdezernent nominiert, Lena Kamrad arbeitet mittlerweile als hauptberufliche Fraktionsgeschäftsführerin und Isabel Cademartori sitzt im Bundestag.

Ein Bild von der Einschulung von Helen Heberer. © Privat

Außer Heberer und Riehle wollen offenbar alle derzeitigen SPD-Gemeinderatsmitglieder wieder antreten. Das macht die Verjüngung der Fraktion, von den drei großen der derzeit mit Abstand ältesten, wohl nicht ganz einfach. Hinter den Kulissen haben die Jusos vernehmbar darauf gepocht, dass ihre Spitzenkandidaten Annalena Wirth und Kai-Uwe Herrenkind unter die ersten Zehn gesetzt werden.  Wie von mehreren Quellen zu hören ist, mit Erfolg. Beschlossen werden soll die - angeblich noch nicht ganz fertige - Liste am Donnerstagabend zunächst im Kreisvorstand, ehe dann darüber am Samstag ein Parteitag abstimmt. Auf dem wären auch Kampfkandidaturen möglich.

Debatten zwischen SPD-Nachwuchs und Establishment 

Zwischen SPD-Nachwuchs und Establishment hat es in den vergangenen Monaten einige Male gerumpelt. Da gibt es auch wichtige Allianzen - Herrenkind ist Cademartoris Büroleiter - sowie interessante Querverbindungen. So arbeiten die Juso-Kreisvorsitzenden Hamun Zourmand und Klara Scheffler für den Landtagsabgeordneten Boris Weirauch, Lena Kamrads Ehemann.

Sich untereinander beruflich zu beschäftigen, ist auch bei anderen Parteien nicht unüblich. Unter anderem leitet Grünen-Fraktionschefin Stefanie Heß das Büro der Landtagsabgeordneten Elke Zimmer, FDP-Stadtrat Volker Beisel tut das für den Berliner Parlamentarier Konrad Stockmeier. Bei der CDU stellte einst der Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel Stadtrat Thomas Hornung - nach dessen Wechsel von den Grünen zu den Christdemokraten - als Büroleiter ein. War eine andere Zeit, allerdings keine ganz andere Epoche wie vor 25 Jahren.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke