Kreisparteitag

Mannheimer SPD kürt ihre Kommunalwahl-Kandidaten

Voller Geschlossenheit hat die Mannheimer SPD am Samstag ihre Liste für die Kommunalwahl im nächsten Juni zusammengestellt. Ihr Spitzenkandidat wurde sogar einstimmig gekürt, obwohl er nicht dabei sein konnte

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Steffen Mack
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Die drei Bestplatzierten unter den Anwesenden, Annalena Wirth (vorne v.l.), Melanie Seidenglanz und Karim Baghlani, mit vom Kreisvorsitzenden Stefan Fulst-Blei überreichten Rosen. Links unten Ex-Oberbürgermeister Peter Kurz. © Steffen Mack

Mannheim. Stefan Fulst-Blei blickt versonnen durch die Panoramafenster hinaus auf den Neckar. Das wirklich beeindruckende Hochwasser ist es nicht, das der SPD-Kreisvorsitzende beobachtet. Er kommt vielmehr auf einen Mann auf der anderen Flussseite zu sprechen. Vor allem wegen diesem ist die Mannheimer SPD am Samstagmorgen im Gewerkschaftshaus zusammengekommen, er hätte hier ein Heimspiel. Jener 69-Jährige, der viele Schlachten für die IG Metall geschlagen hat, soll seine Partei in die Kommunalwahl am 9. Juni 2024 führen. Doch ausgerechnet jetzt hat ihn, wie so viele in diesen Tagen, das Coronavirus erwischt. So kann Fulst-Blei nur herzliche Grüße „iwwa die Brick“ in die Neckarstadt-Ost senden, wo Reinhold Götz wohnt.

Aber die traditionsstarken Sozialdemokraten aus der Quadratestadt wissen sich auch in für sie nicht ganz so guten Zeiten zu behaupten. Dazu gehören selbstverständlich moderne Kommunikationsmittel. So wird der verhinderte Spitzenkandidat per Videobotschaft zugeschaltet.

Corona-bedingt ist Spitzenkandidat Reinhold Götz nur per Video zugeschaltet. © Steffen Mack

Vermutlich wurde die Aufnahme – aus Infektionsgründen vorbildlich – bei offenem Fenster gemacht, Götz trägt eine Daunenjacke. Bei seiner Rede sind Untertitel eingeblendet, was eigentlich nicht nötig wäre. Er artikuliert sehr sauber und nur in leichter Mannheimer Mundart. Weil der Ton anfangs etwas leise ist, wird zwei Mal zurück auf Anfang gespult.

Götz einstimmig gewählt

Die Hauptbotschaft des Fraktionschefs ist aber gleich klar zu vernehmen. Nach der leider verlorenen Oberbürgermeisterwahl im Sommer „müssen wir alles dafür tun, dass der progressive Teil des Gemeinderats weiter die Mehrheit stellt“. Dies dürfe nicht den Konservativen gelingen.

Die Voraussetzungen dafür schaffe nun „in hervorragender Weise“ – damit lobt sich Götz ein bisschen selbst – die von der Findungskommission erstellte Wahlliste. Eine solche Vielfalt gebe es bei keiner anderen Partei. Sie hätten nicht nur viele Junge, sondern auch Menschen mit unterschiedlichen Migrationshintergründen, Religionen und sexuellen Orientierungen gewinnen können, ebenso illustre Vertreter aus diversen Bereichen. Namentlich erwähnt Götz den Vorsitzenden der Mannheimer Architektenkammer, Dennis Ewert, auf Listenplatz 11.

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Zweitbestplatzierte hinter Götz, der mit tosendem Applaus und 81 von 81 Stimmen gewählt wird, ist seine Stellvertreterin Melanie Seidenglanz. Die stellt sich als „aus dem Grenzgebiet zwischen Käfertal und Waldhof“ kommend vor. Die 39-Jährige ist mit weitem Abstand „Nesthäkchen“ ihrer Fraktion. Das könnte sich nach der Wahl ändern. So stehen auf den nächsten Plätzen der 32-jährige Innenstadt-Bezirksbeiratssprecher Karim Baghlani, Bezirksbeiratssprecher und die 21-jährige Annalena Wirth, die mit 18 auf dem Lindenhof Ortsvereinsvorsitzende wurde und damit als jüngste in Deutschland Aufsehen erregte.

Die sehr massiven Forderungen der Jusos nach Verjüngung haben auch Kai-Uwe Herrenkind, den Büroleiter der Bundestagsabgeordneten Isabel Cademartori, auf den guten siebten Plätz sowie weiteren Nachwuchs auf die Liste gebracht.

Alle werden mit Ergebnissen zwischen 63,8 und 97,5 Prozent gewählt. Dies geschieht in größter Harmonie, es gibt keine einzige Kampfkandidatur. Allerdings zieht sich einer der Vorgesehenen verärgert zurück: Thorsten Schurse, Bezirksbeiratssprecher in Wallstadt, ist mit Platz 33 nicht einverstanden, weil vor ihm kein anderer Verkehrsexperte stehe. Durch seinen Verzicht rücken alle hinter ihm eine Position nach vorn.

Sonst geht es sehr launig zu, mehrmals wird herzhaft gelacht. Etwa als Baghlani bei seiner Vorstellungsrede „eines der letzten Worte“ von Peter Kurz zitieren will. Da ruft der Ex-Oberbürgermeister in der ersten Reihe: „Ich bin noch da!“ Sogar jetzt noch länger, wenn das Sprichwort über Totgesagte stimmt.

Riehles Hund darf nicht

Alle Fraktionsmitglieder treten erneut an, bis zwei heftig beklatschte Ausnahmen: Helen Heberer, die nach 25 Jahren nicht mehr antritt, und der als neuer Wirtschaftsbürgermeister gewählte Thorsten Riehle. Dessen Name steht dennoch auf der Liste, auf Platz 19 tritt sein Mann Markus Schwarz-Riehle an. Der kündigt an, sich für „unsere queere Community“ einzusetzen. Nachdem er als Hobby Spaziergänge mit seinem Hund genannt hat, erlaubt sich Sitzungsleiterin Cademartori einen kleinen Scherz: Fee, so heißt das Tier, hätten sie auch gern auf die Liste gesetzt. Aber das gehe aus wahlrechtlichen Gründen leider nicht.

Nach rund drei Stunden ist der Kreisparteitag vorbei. Mit Verweis auf das danach anstehende Waldhof-Spiel hat Fulst-Blei löblicherweise immer wieder zur Eile gemahnt. So ziehen sich blau-schwarze Solidaritätsadressen wie ein roter Faden durch die Vorstellungsreden. Ist das umjubelte 3:0 gegen Aue – nach zehn sieglosen Spielen – jetzt womöglich der SPD zu verdanken?

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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