Dudenhofen. Seinen Anhängern galt er als Galionsfigur – den Behörden war er ein Dorn im Auge. Jahrelang spielte Christian Hehl nicht nur eine Rolle in Teilen der Ultra-Szene des SV Waldhof, vielmehr zählte er zu den bekanntesten Köpfen des extrem rechten Spektrums in Deutschland. So hatte die Beisetzung des im Oktober im Alter von 53 Jahren verstorbenen gebürtigen Ludwigshafeners einige Brisanz. "Es ist ein Spagat", erklärte dazu eine Polizeisprecherin. Bestattungen stünden unter besonderem gesetzlichen Schutz, die Pietät müsse gewahrt bleiben. Gleichzeitig seien Sicherheitsinteressen, etwa die von Medienvertretern und Anwohnern, zu berücksichtigen. Darum hatte die Verabschiedung der Szenegröße schon im Vorfeld besondere Maßnahmen erforderlich gemacht.
Polizei mit starkem Aufgebot vor Ort
Die Ortsgemeinde Dudenhofen sensibilisierte ihre Bürger für den bevorstehenden Aufmarsch und mögliche Gefahrenlagen. Am Tag der Beisetzung musste die Verkehrsführung im Bereich des Friedwalds geändert werden. Zu der nicht als Versammlung eingestuften Zeremonie zog es rund 300 Trauergäste aus nah und fern. Den anderthalb Kilometer langen Weg vom Ortszentrum in die Natur legten sie angeführt von Trommlern zurück. In überwiegend szenetypischer Kleidung ging es zur Andachtsstelle, bevor die Asche des Verstorbenen an einem Baum beigesetzt wurde.
Während der aus dem Bayerischen stammende Trauerredner eine "Szenefigur von Format" beschwor, die von "Freunden wie Feinden respektiert" worden sei, kümmerten sich Polizeibeamte um die Sicherheit der Journalisten. Dass dies nötig war, bewiesen vereinzelte Beleidigungen aus den Reihen der Teilnehmer, denen strafrechtlich nachgegangen wird. Zu größeren Problemen sei es aber nicht gekommen, auch nicht zu Gegenkundgebungen, sagte eine Sprecherin der Polizei. Man sei mit einem starken Aufgebot an Einsatzkräften vor Ort gewesen.
Zweistellige Anzahl an Vorstrafen
Innerhalb des rechtsextremen Milieus machte sich Hehl einen Namen als Bindeglied zwischen Rechtsrock, Hooligans und Parteipolitik. Er war Mitglied der „Nationalistischen Front“, des Netzwerks „Blood and Honour“ sowie der NPD. Für letztere saß Hehl von 2014 bis 2019 im Mannheimer Gemeinderat. Seine Kontakte zur Skinhead-Szene nutzte der zwischenzeitliche Betreiber eines Plattenladens bei der Veranstaltung von Konzerten. Die Folgen seines „Idealismus“ – so die Sichtweise der Gesinnungsgenossen während der Trauerfeier – spiegelten sich in einer zweistelligen Anzahl an Vorstrafen wider: Verurteilungen unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung, Landfriedensbruch und Handel mit Betäubungsmitteln stehen zu Buche. 2014 verfügte der SV Waldhof ein zweijähriges Stadionverbot.
Eklat beim Pokalspiel des SV Waldhof gegen Nürnberg
Nachdem sich Hehl an den flüchtlingskritischen Demonstrationen in Kandel noch beteiligt hatte, wurde es um ihn allmählich ruhiger. Chronische Herz- und Nierenbeschwerden machten dem Mann zu schaffen, der sich in der Folge selbst als „gemäßigter“ bezeichnete. Noch einmal für Schlagzeilen sorgte die Personalie Christian Hehl am 18. Oktober. Waldhof-Stadionsprecher Stephan Christen widmete Hehl die Startaufstellung des Vereins im Pokalspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Die politischen Hintergründe des kurz zuvor Verstorbenen seien ihm nicht bekannt gewesen. Nach zunehmendem Druck aus der Öffentlichkeit trat Christen, der 29 Jahre im Amt war, „aus freien Stücken mit sofortiger Wirkung“ zurück.
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