Kinder

Mannheimer Neckarstadt-West: Wie steht es um die Bildungschancen?

Ganztagsschulen, Hausaufgabenbetreuung und Spielplätze. Der Bildungsrundgang der Partei Die Linke in der Mannheimer Neckarstadt-West zeigt Angebote und Probleme auf.

Von 
Sylvia Osthues
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Der Bildungsrundgang startet an der Hans-Zulliger-Schule, der bisher einzigen Schule in der Mannheimer Neckarstadt-West mit Ganztagsbetrieb. © Sylvia Osthues

Mannheim. In der Neckarstadt-West leben viele kinderreiche Familien mit niedrigem Einkommen. Um nach der Schule eine gute Betreuung zu ermöglichen, gibt es etliche Angebote. Der Bildungsrundgang der Linken-Bezirksbeiräte in der Neckarstadt-West, Wolfgang Westerhaus und Philipp Fränkle, in Kooperation mit der Fraktion LTK und der Linken Mannheim, begann an der Hans-Zulliger-Schule.

„Warum stehen wir hier?“, fragte Bezirksbeirat Westerhaus. Die Schule, in der 55 Kinder mit psychischen Beeinträchtigungen und Lernproblemen von 50 Lehr- und Fachkräften auf die Mittelstufe vorbereitet werden, habe ein „Alleinstellungsmerkmal“. „Was die Hans-Zulliger-Schule von anderen unterscheidet – sie ist die einzige Schule in der Neckarstadt-West im Ganztagsbetrieb.“ Für viele Eltern sei ein großes Problem: Wer kümmert sich nachmittags um die Kinder, wenn die Eltern selbst bei der Arbeit sind und sich finanziell keine Betreuung leisten können?

„In der Neckarstadt-West gibt es 600 Grundschüler, verteilt auf die Humboldt- und die Neckarschule, die etwas größer ist“, berichtete Westerhaus. Zum Thema verlässliche Grundschule erklärte er: „An manchen gibt es auch einen Hort, der normalerweise von circa 30 Prozent der Kinder besucht wird; in der Humboldtschule sind es nur drei Prozent und an der Neckarschule elf Prozent.“ Der Migrationsanteil an der Neckarschule liege bei knapp 90 Prozent, in der Humboldtschule bei 91 Prozent und das Startchancen-Programm des Bundes würde nicht bei allen Schulen greifen.

Beim Projekt „Campus Neckarstadt-West“ gibt es für Mannheimer Grundschüler ein warmes Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung

„Ein weiteres Problem ist: Wie kriegen wir Erzieher für den Vorschulbereich?“, so Westerhaus. Grundschullehrer würden relativ gut bezahlt, Erzieher nicht. „Und was ist, wenn der gesetzliche Regelanspruch kommt?“, fragte Stadträtin Nalan Erol. Die Linken-Politiker forderten „bessere Bezahlung für Erzieher“.

In der Neckarstadt-West, die oft als Problemstadtteil bezeichnet wird, gibt es verschiedene Kinderprogramme, die sozial benachteiligten Kindern zugutekommen – und zwar kostenlos. Für Westerhaus sind diese Angebote „unverzichtbar, weil sie für Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe sorgen können“.

Im Bürgerhaus Neckarstadt-West stellt Yvette Bödecker (rechts) die „Neckarstadt Kids“ vor. © Sylvia Osthues

Ein „Leuchtturmprojekt“ mit derzeit 85 Kindern ist der „Campus Neckarstadt-West“. Die städtische Einrichtung mit drei Standorten, Kaisergarten, Kleine Riedfeldstraße und bald auch im ehemaligen „Aufwindhaus“ in der Lutherstraße, gibt es seit 2020. Dort bekommen Grundschulkinder ein warmes Mittagessen und Hausaufgabenbetreuung. Danach gibt’s Spiel- und Sportangebote. Das Projekt wird gemeinsam mit den Grundschulen durchgeführt. Dorthin werden Kinder gezielt empfohlen. Andere Projekte können dagegen von allen Kindern besucht werden, die es möchten.

Sportlich-kreatives Angebot beim Mannheimer Verein „Neckarstadt Kids“

Im Bürgerhaus stellte Yvette Bödecker die „Neckarstadt Kids“ vor: Der Verein wurde 2018 von engagierten Bürgern gegründet. Heute hat er über 100 Mitglieder. „Anlass für die Gründung war die Tatsache, dass die Neckarstadt-West ein Stadtteil mit großen sozialen Problemlagen ist, aber über keine gute soziale Infrastruktur zur Förderung der dortigen Kinder verfügt“, erklärte Bödecker. Es gebe weder eine Ganztagsschule noch attraktive Freizeitmöglichkeiten und auch keinen Sportverein. „Neckarstadt Kids“ biete Kindern im Grundschulalter ein regelmäßiges sportlich-kreatives Angebot am Nachmittag.

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Der Verein kooperiere eng mit mehreren Stadtteilakteuren – Bürgerhaus, Alte Feuerwache, Schulen und anderen. Aktuell gibt es 14 Kurse pro Woche – für mehr als 160 Kinder. Das Programm, das bisher ausschließlich über Spenden finanziert wurde, erhielt in diesem Jahr erstmals einen Zuschuss von der Stadt in Höhe von 5000 Euro.

Der „Neckarstadt Cup“ wird von den „Neckarstadt Kids“ als „Krönung“ aller sportlichen Aktivitäten angesehen. Das Ereignis, an dem regelmäßig circa 150 Grundschüler teilnehmen, findet in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal statt: Der Start ist am Freitag, 4. Juli, um 17 Uhr.

Der Bildungsrundgang der Partei Die Linke Neckarstadt-West führt auch vorbei am Spielplatz Fröhlichstraße. © Sylvia Osthues

Der Rundgang endete vor dem Neubau der Humboldt-Grundschule mit der Feststellung, dass es im Quartier mit der Einwohnerzahl einer Kleinstadt keine Oberstufe an den Schulen gibt. Unterwegs wurden auch Alltagsprobleme wie das Fehlen attraktiver Freizeitmöglichkeiten angesprochen und Lösungsvorschläge unterbreitet, die kontinuierlich im Bezirksbeirat und Gemeinderat eingefordert werden. Es gibt zwar zwei hervorragend sanierte Spielplätze – an der Ackerstraße für kleinere Kinder, umgebaut mit Bürgerbeteiligung nach dem Spielplatzkonzept, und an der Fröhlichstraße für größere Kinder, finanziert im Rahmen der lokalen Stadterneuerung (LOS) zu 60 Prozent mit Mitteln aus dem Bund-/Länderprogramm städtebauliche Erneuerung – aber es fehlen Wasserspender und auf dem Spielplatz Fröhlichstraße auch ein Sonnenschutz.

„Das große Klettergerüst aus Stahl können Kinder im Sommer kaum nutzen, wobei Kinder aus Familien mit wenig Geld, die keine Möglichkeit haben zu verreisen, auf Freizeitmöglichkeiten vor Ort angewiesen sind“, bedauerte Teresa Curcio, Bezirksbeirätin Neckarstadt-Ost. Stadtrat Dennis Ulas erklärte, die Linke habe schon zweimal Wasserspender für diese Spielplätze beantragt. Die Sommer würden immer trockener und heißer. Den Hinweis der Verwaltung auf den Spielplatz im Herzogenriedpark findet Ulas nicht praktikabel. „Der Weg dahin ist für Kinder viel zu weit.“

Freie Autorin

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