Mental Health

Das war der Festakt zum 50-jährigen Jubiläum des ZI in Mannheim

Viel Prominenz im Mannheimer Schloss: Das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit blickte auf 50 Jahre zurück – und zugleich nach vorn. Zudem wurde erstmalig der Heinrich-Lanz-Preis verliehen.

Von 
Lea Seethaler
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Viel Prominenz beim Festakt zum 50-jährigen Jubliäum des ZI Mannheim. © Nikola Haubner, Nikola Neven Hau

Mannheim. Mit einem Festakt im Mannheimer Schloss hat das Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert. Die Ministerin für Wissenschaft und Kunst des Landes Baden-Württemberg, der Oberbürgermeister der Stadt Mannheim und weitere Festredner sprachen vor rund 300 geladenen Gästen über die besondere Bedeutung, die dem Klinikum und Forschungsinstitut zukommt: für den Fortschritt in Psychiatrie und Neurowissenschaften, in der Versorgung der Menschen in Mannheim und in der Aufklärung über psychische Erkrankungen.

Festredner Peter Falkai, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität und Ärztlicher Leiter des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München, spannte in seiner Festrede einen Bogen von den Reformbestrebungen der 1960er und 1970er Jahre bis in die Gegenwart. Dabei hob er auch die entscheidende Rolle von Heinz Häfner bei der Gründung des ZI hervor. „Das ZI hat die Entwicklung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Forschung und Krankenversorgung in Deutschland entscheidend mitgestaltet“, sagte Falkai.

1975 als Modellinstitut für psychiatrische Krankenversorgung und Forschung gegründet, sollte das Zentralinstitut beispielhaft in der Praxis zeigen, wie eine moderne, wohnortnahe Versorgung psychisch erkrankter Menschen gestaltet sein muss und wie moderne Forschung zur Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten beitragen kann.

Wissenschaftsministerin Petra Olschowski beim Festakt. © Nikola Haubner, Nikola Neven Hau

Wissenschaftsministerin Petra Olschowski würdigte die Leistungen des ZI. Es stehe seit Jahrzehnten für exzellente Arbeit. „In der psychiatrischen Forschung gehört das Institut zu den führenden Einrichtungen Europas“, sagte sie. „Auch der Gesundheitsstandort Baden-Württemberg profitiert: ZI-Forschende bringen ihre Expertise insbesondere in unseren Innovationscampus Health + Life Science Alliance ein. Hier bündeln universitäre und außeruniversitäre Einrichtungen der Region Rhein-Neckar ihre Kompetenzen in den Lebens- und Gesundheitswissenschaften.“ Ihre Anerkennung und ihr Dank gelte allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ZI, „die sich jeden Tag für die Forschung, Lehre und Krankenversorgung einsetzen.“

ZI Mannheim: Mitten in der Stadt anstatt am Stadtrand

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht sagte. „Es war eine visionäre Entscheidung des damaligen Sozialbürgermeisters Hans Martini und des damaligen Oberbürgermeisters Hans Reschke, das ZI als Modellinstitut nach Mannheim zu holen und mitten in der Stadt ein Grundstück zur Verfügung zu stellen.“ Die Entscheidung für die Innenstadt entsprach dem reformpsychiatrischen Konzept: Psychisch erkrankte Menschen sollten dort Hilfe erhalten, wo sie leben.

Mannheims OB Christian Specht bei seiner Rede. © Nikola Haubner, Nikola Neven Hau

Die lange Verbindung zwischen dem ZI und der Universität Heidelberg nahm die Rektorin der Universität, Frauke Melchior, in den Blick. „Das starke Zusammenwirken von ZI und Universität Heidelberg über gemeinsame Berufungen, wissenschaftliche Verbundprojekte sowie besonders auch die Health + Life Science Alliance Heidelberg-Mannheim führt zu Erfolgen in Forschung, Lehre und Transfer, die weit über die Metropolregion Rhein-Neckar hinaus strahlen“, sagte Melchior mit Nachdruck.

Aktuell bilden drei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Sonderforschungsbereiche wissenschaftliche Brücken zwischen der Universität Heidelberg und dem ZI. Die beteiligten Wissenschaftler befassen sich unter anderem mit den Ursachen von chronischen Schmerzen, mit Kontrollmechanismen bei Suchterkrankungen sowie mit den biologischen Grundlagen von Aggression bei psychischen Erkrankungen.

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„Was wir erreichen wollen, ist eine Präzisionsmedizin, eine personalisierte Medizin. Jeder psychisch Erkrankte soll individuell bestmöglich behandelt werden“, so formulierte der Vorstandsvorsitzende des ZI, Andreas Meyer-Lindenberg, das Ziel aller Bemühungen des ZI.

Mehr als je zuvor helfen heute moderne Technologien wie Smartphones, Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz dabei, aufschlussreiche Daten zu erheben und zu analysieren. Er beschreibt eine Perspektive, die hoffen lässt: „In den kommenden Jahren werden wir fundamental neue Erkenntnisse gewinnen und die Therapie psychisch erkrankter Menschen und die psychische Gesundheit insgesamt deutlich verbessern.“

ZI-Direktor Andreas Meyer-Lindenberg beim Festakt. © Nikola Haubner, Nikola Neven Hau

Neben Forschungsmitteln und Förderung durch das Wissenschafts- und Sozialministerium des Landes erhält das ZI immer wieder „großzügige Unterstützung von Stiftungen und philanthropischen Spenderinnen und Spendern, um besonders aufwändige und innovative Projekte in Forschung und Krankenversorgung voranzubringen“, teilt das Institut mit.

Der Kaufmännische Vorstand des ZI, Andreas-W. Möller, dankte allen Unterstützern des Instituts: „Nur mit Hilfe dieser Zuwendungen sind wir in der Lage, bestimmte wegweisende Projekte umzusetzen.“

Möller nannte beispielhaft das Hector Institut für Translationale Hirnforschung, das Hector Institut für Künstliche Intelligenz in der Psychiatrie sowie den jüngst angeschafften 7-Tesla-Magnetresonanztomografen. Er hob unter anderem das Engagement der Stiftungen des Ehepaars Hans-Werner und Josephine Hector, der Klaus Tschira Stiftung, der Beisheim Stiftung und der Dietmar Hopp Stiftung hervor. Auch den Mitgliedern des Fördervereins des Zentralinstituts dankte Möller für ihre wertvolle Begleitung und Unterstützung.

Heinrich-Lanz-Preis für translationale Forschung in der Psychiatrie verliehen

Im Rahmen des Festakts verlieh die Heinrich-Lanz-Stiftung den neuen Heinrich-Lanz-Preis für translationale Forschung in der Medizin. Der Preis zeichnet international angesehene Forscherpersönlichkeiten aus, die sich in besonderer Weise um die Verbindung von Grundlagenforschung und klinischer Anwendung verdient gemacht haben. Der diesjährige Preis wurde für den Bereich der psychischen Gesundheit vergeben.

ZI-Direktor Andreas Meyer-Lindenberg (links) und Vorsitzender der Heinrich-Lanz-Stiftung Wolfgang Pföhler (rechts) mit Preisträger Daniel R. Weinberger (Mitte), einer der renommiertesten Schizophrenie-Forscher weltweit. © Nikola Haubner, Nikola Neven Hau

Den mit 100.000 Euro hoch dotierten Preis erhält der US-amerikanische Psychiater und Neurowissenschaftler Daniel R. Weinberger. Weinberger hat die Forschung zur Schizophrenie und anderen psychischen Erkrankungen maßgeblich geprägt. Er war einer der Ersten, der die Rolle abweichender Gehirnentwicklung als Risikofaktor für psychiatrische Störungen erkannte und in den Fokus der Forschung rückte.

Dabei nutzte er bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie. Weinberger entwickelte zudem eines der ersten hochpräzisen Tiermodelle der Schizophrenie und konnte zeigen, wie genetische Variationen die kognitiven Funktionen und die Gehirnfunktionen des Menschen beeinflussen.

„Was Professor Weinberger besonders auszeichnet, ist seine Fähigkeit, Erkenntnisse aus der klinischen Arbeit in die Grundlagenforschung zu übertragen. Sein Lebenswerk hat dazu beigetragen, neue Diagnose- und Therapieansätze zu entwickeln und damit das Leben vieler Menschen mit psychischen Erkrankungen nachhaltig zu verbessern“, sagte Wolfgang Pföhler, Vorsitzender der Heinrich-Lanz-Stiftung, bei der Preisverleihung.

Wissenschaftliches Symposium mit renommierten internationalen Expertinnen und Experten

Ergänzend zum Festakt fand am Nachmittag ebenfalls im Mannheimer Schloss ein wissenschaftliches Symposium statt. Neben Daniel R. Weinberger referierten weitere internationale Expertinnen und Experten zu neuesten Entwicklungen und Fragestellungen der neuropsychiatrischen Forschung.

Vor dem Schloss hatten sich an diesem Tag eine kleine Mahnwache der Tierschutzpartei formiert. Andreas Parmentier und seine Mitstreiter fordern vom ZI die Beendigung aller Tierversuche. Mit bunten Plakaten haben sie am Tag des Festakts den Zaun am Schloss behangen und Grablichter aufgestellt. „Es stehen der Wissenschaft inzwischen innovative Methoden zur Verfügung, die Tierversuche überflüssig machen“, so die Partei.

Lou Boileau, Andreas Parmentier, Ivana Marhöfer und Deborah Mussoh bei der Mahnwache vor dem Schloss. © Lea Seethaler

Tierversuche mit höheren ethischen Standards und gleichzeitig besserer Qualität der Ergebnisse sollen zur Norm werden, hat sich derweil das ZI zum Ziel gesetzt. Dazu erforschen sogenannte 3R-Zentren wie das am ZI Mannheim Methoden, um das Tierleid zu verringern.

„3R“ - was verbirgt sich dahinter? Das Kürzel steht für die Begriffe Replace, Reduce, Refine und damit für Vermeiden, Verringern, Verbessern. Beispielsweise gilt der MRT-Scanner für Nagetiere als Ergänzungsmethode im Sinne dieses Prinzips. Der unblutige Blick ins Hirn mittels Magnetresonanztomographie ist nämlich schmerzfrei und im Gesamtablauf weniger belastend als operative Eingriffe am Tier. Und weil nicht für jeden Untersuchungszeitpunkt eine neue Gruppe von Nagern benötigt wird, kann die Zahl von Mäusen oder Ratten verringert werden.

Nicht weit von der Mahnwache der Tierschutzpartei, haben auch Anne Mallien, Leiterin Core Facility des ZI- Tierlabor und Jana Wilken von der Informationsinitiative „Tierversuche verstehen“ ein Zelt aufgebaut. Anne Mallien sagt: „Es ist wichtig, transparent zu sein, darüber, was wir machen und wie wir arbeiten. Und für die Leute auch heute da zu sein, wenn sie Fragen zu Tierversuchen und unserer Arbeit haben.“

Anne Mallien (ZI-Tierlabor) und Jana Wilken (Initiative "Tierversuche verstehen") an ihrem Stand vor dem Schloss. © Lea Seethaler

Biologin Jana Wilken sagt: „Ich selbst habe gemerkt, ich kann keine Tierversuche machen. Da fange ich an zu zittern. Aber ich habe in meiner Familie sehr viele Krankheiten. Meine Mama hat ALS.“ Sie macht eine Pause und sagt dann: „Und ich will, dass der Fortschritt hier schneller vorangeht, um Leid zu vermeiden“.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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