Sport

Mannheimer Megatalent: Kletterer Yannick Nagel peilt olympische Medaille an

Deutscher Meister, Europameister, Vizeweltmeister: Der 18-jährige Yannick Nagel kletterte in den vergangenen Jahren von einem Titel zum nächsten. Doch ein ganz großes Ziel hat das Mannheimer Megatalent noch vor Augen

Von 
Florian Karlein
Lesedauer: 
Yannick Nagel und sein Vater im Interview mit Florian Karlein und bei den Klettervorbereitungen und dem Klettern selbst. © Christoph Blüthner

Mannheim. Während Yannick Nagel mathematische Probleme lösen muss, kämpfen andere Sportkletterer um die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 - und Paris war eigentlich auch das Ziel des Megatalents der Mannheimer Ortsgruppe des Deutschen Alpenvereins (DAV). Doch das neue Ziel des frischgebackenen 18-Jährigen steht bereits fest: Los Angeles 2028. Dabeisein soll dann aber nicht alles sein.

Am Kletterturm auf Franklin ist es frisch an diesem herbstlichen Nachmittag, die Sonne scheint. Bestes Kletterwetter, bestätigt Yannick Nagel: „Ein bisschen kalt, da schwitzt man nicht. Könnte nicht besser sein.“ Nach ein paar Klimmzügen mit einem Arm legt er sich den Klettergurt um die Hüften und schnürt das Sicherungsseil mit einem Seemannsknoten fest.

Nagel vs. Reporter: Ungleiches Wettklettern

Wir haben uns zu einem kleinen Wettklettern verabredet. Ich Schwierigkeitsgrad 5+, er 10 - klingt nicht ganz fair, aber eine einfachere gibt es unter den mehr als 60 Routen für mich eben nicht. Und das an einem der in der Fläche größten Klettertürme Deutschlands: auf rund 900 Quadratmetern können sich die Sportlerinnen und Sportler an der Abraham-Lincoln-Allee austoben. Und das tut Yannick Nagel direkt. Er greift die ersten angeschraubten Kunststeine an der rund 18 Meter hohen Wand, schwingt von links nach rechts, die Beine baumeln in der Luft. Alles noch zum Aufwärmen. Vor einem Wettkampf dauert das auch schon mal eine ganze Stunde. Der durchtrainierte junge Mann ist komplett in seinem Element.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt.

Dann geht es los - die Stoppuhren sind kaum gezückt, da ist Nagel schon ganz oben angekommen. Nicht mal eine Minute braucht er für die Route. „Fürs Training sind die Kletterrouten gut, aber nicht besonders anspruchsvoll“, hatte er vorher gesagt. Und das dann an der Wand bewiesen. Im „MM“-Video, das jetzt auf Youtube verfügbar ist, hört man ihn nach dem Senkrechtsprint kaum schnaufen. „Das ging flott. Firlefanz“, sagt er lässig, während er das Seil ganz oben einhakt.

Wenig überraschend entscheidet er das Wettklettern gegen mich durch technischen K.o. locker für sich. Was bei ihm so leicht aussieht, hat mich schnell an körperliche Grenzen gebracht. Zu wenig Beineinsatz, dafür alles aus den Unterarmmuskeln, die hinterher nicht aufhören zu pulsieren. Anfängerfehler. Nach wenigen Metern ist für mich Schluss.

Auch international durchgestartet

Ein Blick in Yannick Nagels sportlichen Lebenslauf zeigt, dass ich mit der Niederlage in guter Gesellschaft bin. Mit 16 Jahren wird er vergangenes Jahr Deutscher Meister bei den Herren in der Disziplin Lead, mit 17 dann denkbar knapp Deutscher Vizemeister 2023. Auch international ist der Heidelberger Gymnasiast richtig durchgestartet: In seiner Altersklasse U20 kletterte er sich zum Europameister im Bouldern sowie im Lead und wurde im südkoreanischen Seoul sogar Vizeweltmeister im Bouldern.

Yannick Nagel macht Aufwärmübungen für Finger und die Unterarme. Hinten: Vater Klaus Nagel. © Christoph Blüthner

Schon im Alter von neun Jahren hat er das Wettkampfklettern für sich entdeckt. Ein Besuch des Weltcups in München 2015 hat dann das Feuer so richtig in ihm geweckt, erzählt er: „So was wollte ich auch.“ Bis dahin, so bezeichnet Nagel es selbst, war das Klettern eher nur Familiensport. Klettergene trägt er in sich - auch seine Eltern Klaus und Nicole hängen begeistert an Felswänden und in Seilen, haben ihren Sohn schon früh mit zu Ausflügen genommen. Auch die jüngere Schwester Clara ist beim DAV aktiv.

Natürlich sind seine Eltern stolz auf das, was der junge Sportler bislang erreicht hat. „Vor allem freuen wir uns aber, dass er Spaß an dem Sport hat“, sagt Vater Klaus, „er diszipliniert und motiviert ist, das alles mit der Schule zu verbinden.“ Trotz mehrerer Stunden Training am Tag scheint die Schule für den 18-Jährigen ein Klacks zu sein. Notenschnitt: 1,4. Sein Vater ist beeindruckt von der Disziplin seines Filius’. Auf dem Weg zum Profisport muss der ja sowieso schon extrem auf seine Ernährung achten. Weil Yannick Nagel seit seinem 14. Lebensjahr am Diabetes-Typ 1 leidet, sogar noch mehr.

Olympische Spiele in Los Angeles als Ziel

An der Kletterwand merkt man das nicht. Sein Selbstbewusstsein demonstriert Nagel an diesem Nachmittag auf Franklin immer wieder, zeigt an der Kletterwand kleine Sprünge. Natürlich auch, wenn die Kamera läuft. Unmissverständlich macht er seine Pläne für die Zeit nach dem Abitur klar: „Voller Angriff auf die große internationale Erwachsenenszene. LA 2028 - da geht’s dann auch um eine Medaille, hoffe ich.“

„MM“-Lokalchef Florian Karlein beim dilettantischen Klettern. Yannick Nagel sichert ihn. © Christoph Blüthner

Seine Eltern halten ihm für ein paar Profi-Jahre den Rücken frei. Dass sich Yannick Nagel nach dem Abi im Frühjahr erst einmal um seine sportliche Karriere kümmert, ist für seinen Vater vollkommen in Ordnung. Er schaut zu seinem Sohn, der gerade mal wieder an einem Griff hängt. Auf seinem schwarzen Pulli prangt ein goldener Bundesadler: Das Talent gehört mittlerweile zum Perspektivkader der deutschen Kletternationalmannschaft.

Überhaupt: Klettern und Bouldern boomen in Deutschland. Auch in Mannheim, so DAV-Vorsitzender Peter Welk. „Bei uns in der Sektion tragen dazu die Erfolge unserer Leistungsgruppe und insbesondere von Yannick bei.“ Der Vorstand habe sich entschieden, den Leistungssport finanziell zu fördern. „Zusätzlich haben wir mehrere gute und sehr engagierte Trainer, die viel Zeit für die Athleten opfern und sie nahezu täglich beim Training und bei Turnieren begleiten.“ Yannick Nagel selbst ist durch seine Titel Markenbotschafter des Vereins. Auch über seinen Instagram-Kanal, dem mittlerweile deutlich über 2500 Menschen folgen. „Soziale Medien werden für Sportler immer wichtiger“, weiß er. Eine große Reichweite macht ihn für Sponsoren interessant. Und die braucht er, um als Profi zu klettern.

Mehr zum Thema

Neue Folge

Podcast "Mensch Mannheim": Wieso die BASF einer der größten Weinhändler Deutschlands ist

Veröffentlicht
Von
Karsten Kammholz
Mehr erfahren
Verkehr in Mannheim

Parkleitsystem in der Mannheimer Innenstadt wird modernisiert - das soll sich ändern

Veröffentlicht
Von
Sylvia Osthues
Mehr erfahren
Weihnachten

Auf diese Adventskalender freuen sich die Mannheimer

Veröffentlicht
Von
Tanja Capuana
Mehr erfahren

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke