Wirtschaft - GBG-Chef Karl-Heinz Frings will mit dem aus der Insolvenz übernommenen Inklusionsbetrieb den Mieter-Service stärken

Mannheimer Markthaus-Belegschaft wird aufgestockt

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Die Regale gefüllt, die Stimmung gut: Amna Ansari (l.) und Sonja Schmitt im Second-Hand-Kaufhaus von Markthaus in Neckarau. © Achim Keiper

Betten, Bilder, Buntstifte, Bären, Bücher, Bratpfannen: Wer im Neckarauer Markthaus auf Schnäppchenjagd geht, sollte angesichts des riesigen Sortiments aus zweiter Hand viel Zeit zum Stöbern mitbringen. In der Halle brummt es – natürlich mit Corona-Abstandsregeln. Verflogen ist die noch vor Wochen spürbare Angst vor dem drohenden Aus. Nach abgeschlossenem Insolvenzverfahren hat der Inklusionsbetrieb seit Mitte April (wir berichteten) wieder eine Zukunft. Welche Strategie das Enkelunternehmen der GBG-Gruppe verfolgt, erläutert Geschäftsführer Karl-Heinz Frings.

„Wir sind kein rettender Engel, der für die Stadt Mannheim auftritt“, stellt Frings klar. Er berichtet, warum die zwei Second-Hand-Kaufhäuser – sie bieten Dienste für Transporte wie Haushaltsauflösungen an – sowie die vier Lebensmittelmärkte in Wallstadt, Friedrichsfeld, Weinheim und Edingen-Neckarhausen „hervorragend“ in das Service-Konzept der Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft passen. „Unsere älteren Mieter haben oft keine Möglichkeit mehr, zu Fuß einzukaufen“, nennt Frings als Beispiel. Er verfolgt mit Sorge, dass der Einzelhandel aus vielen Quartieren verschwinde. Auf der Schönau, wo die GBG mit mehr als 3000 Wohnungen vertreten ist, kann er sich „gut vorstellen“, den Rückzug von Supermärkten mit einem Lebensmittelladen nach Markthaus-Konzept auszugleichen. „Es geht nicht nur um die Nahversorgung unserer Mieter – auch um soziale Kontakte“ , so der GBG-Chef. Schließlich haben sich Markthäuser als soziale Treffpunkte in einer Art moderner Tante-Emma-Läden bewährt.

Von einer „riesigen Erleichterung für alle“ spricht Melanie Kundell, die seit neun Jahren zum Team des Inklusionsbetriebs gehört. „Unsere Stammkunden sind nicht nur den Lebensmittelmärkten treu geblieben“, freut sich die Personalleiterin. Großer Andrang herrscht auch in den zwei Second-Hand-Kaufhäusern, die mehrere Wochen schließen mussten – nicht wegen des anhängigen Insolvenzverfahrens, sondern aufgrund der Corona-Maßnahmen. Obwohl die Spendenannahme in der Neckarauer Floßwörthstraße erst seit gut einer Woche wieder geöffnet hat, präsentiert sich das Lager bereits gut gefüllt – was die Mitarbeiter beruhigt. Schließlich ist es für das Markthaus überlebenswichtig, dass gut erhaltene Gebrauchsgegenstände wie überschüssige Geschäftswaren gestiftet werden, um sie preisgünstig zu verkaufen. Zu den regelmäßigen Kunden zählen nicht nur Menschen mit geringen Einkünften, sondern auch Bürger mit ganz bewusst verändertem Konsumverhalten. „Manche kaufen gebrauchte Bücher und bringen sie uns nach dem Lesen wieder als Spende“, schildert eine Mitarbeiterin.

Auch wenn die gemeinnützige Markthaus-Gesellschaft auf dem Konzept beruflicher Eingliederung von Menschen mit Handicaps basiert, sieht Frings eines als unumstößlich: Die von der GBG-Tochter „Service Haus“ übernommenen Einrichtungen müssen sich wirtschaftlich tragen. Derzeit werde analysiert, warum die zwei Jahrzehnte erfolgreichen Betriebe in finanzielle Schieflage gerieten. Für diese Aufgabe hat die GBG erfahrene Führungskräfte aus den eigenen Reihen einsetzt. Am 1. Juni übernahm Markus Abegg, Bereichsleiter Digitalisierung, die Geschäftsführung.

Einigung mit Transportarbeiter

Auch wenn sich organisatorisch künftig einiges ändern dürfte, so bleibt das Prinzip: Bei dem (staatlich anerkannten) Inklusionsbetrieb soll mindestens jede zweite Stelle mit einem Mann oder einer Frau besetzt sein, die zum Kreis der Menschen mit Schwerbehinderung gehören – ob körperlich oder seelisch. Frings kündigt an, dass die von einst mehr als 100 auf 70 Beschäftigte reduzierte Belegschaft aufgestockt werden soll – schrittweise um 25 Kräfte. „Dann wären wir fast wieder bei einer Personalstärke wie vor der Insolvenz.“ Und mit dem Transportarbeiter, der wegen seiner Kündigung vor das Arbeitsgericht gezogen war, so ist zu hören, gab es inzwischen eine gütliche Einigung. „Wir blicken zuversichtlich nach vorn“, umreißt Personalleiterin Kundell die Stimmung der „Markthäusler“.

Filialen in Mannheim

  • Gut erhaltene Sachspenden nimmt das Neckarauer Second-Hand-Kaufhaus (Floßwörthstraße 3-9) montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr sowie samstags von 9.30 Uhr bis 17 Uhr an.
  • Im Markthaus Ifflandstraße 1 gelten die Zeiten montags bis freitags von 9.30 bis 19 Uhr und samstags von 13.30 bis 18 Uhr.
  • Infos zu Transportleistungen oder zu Haushaltsauflösungen gibt es unter 0621/833 68 33.

Freie Autorin

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