Naturschutz - Ornithologische Sensation in der Stadtmitte

Mannheimer Konkordien-Kirchturm: Uhu-Küken geschlüpft

Von 
Susanne Räuchle
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Blick durch die Webcam, als die Eier noch geschlossen waren: Das Uhu-Weibchen mit dem Gelege im Turm der Konkordienkirche. © Peter Böcker/Gerhard Rietschel

Mannheim. Durchbruch in der Nacht zum Dienstag: Ein erstes Uhu-Junges hat sich aus der Schale gehackt, sorgt vor laufender Kamera für eine ornithologische Sensation mitten in der Mannheimer City, im Turm der Konkordien-Kirche. Naturschutzbeauftragter Gerhard Rietschel und Uhu-Beobachter Peter Böcker sind zusammen mit der Gemeinde der Vogelfreunde begeistert. Bubo bubo – so der lateinische Name des imposanten Nachtgreif – hat sich nach einer aufregenden Balzshow und Brutsaison erfolgreich durchgesetzt und bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, im Netz, in Film und Fernsehen.

Eine kleine Sensation, nach all den Dramen und Kämpfen, die sich in den vergangenen Wochen in himmlischer Höhe abspielten. Die Rupf- und Reißgeschichte beginnt am 22. Dezember, erstmals lässt sich ein kleines Uhu-Männchen im Horst blicken, seine lauten Lockrufe bleiben nicht unerhört, eine doch recht kapitale Greifin erhört das Balzen, fliegt am 10. Januar auf zur Vogelhochzeit in Konkordien ein. Bei der Paarung stellt sich das Männchen jedoch nicht besonders geschickt an.

„Wie in einem Stundenhotel“

Der junge Wilde, der 2020 im Speyerer Dom das Licht der Welt erblickt hatte, ist nicht gut drauf, könnte man sagen. Die beiden balzen zwar bis Ende Januar, er apportiert frische Täubchen als Liebesgaben, doch dann scheint die Alte die Lust zu verlieren, sie bleibt einfach weg, er scharrt und krächzt nachts allein im Kirchturm. Diese Situation nutzt ein Turmfalkenpaar, das sich ab 4. Februar tagsüber verlustiert und schon fest einrichten will, er bringt ihr Mäuse und andere Leckereien. Die Hausbesetzung missbehagt wiederum dem stärkeren Wanderfalken.

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Er beobachtet argwöhnisch von der Wetterfahne aus die Umtriebe in seinem Stammsitz. Ende Februar fliegt er dann einen Kampfangriff, verjagt die schwächeren Turmfalken. Anfang März turteln daneben noch Ringeltäubchen emsig im Nest, doch denen wird der Boden in dieser Bude rasch zu heiß, aus Respekt vor den Falken suchen sie das Weite. Es folgt die Wanderfalkenepisode, auch diese Vögel nehmen ihre Fortpflanzungspflicht sehr ernst. „Es ging an manchen Tagen zu wie in einem Stundenhotel,“ so Rietschel, der zusammen mit Böcker die Entwicklungen im Blick hat. Am 7. März dann der nächste Showdown im Horst. Das Falkenweibchen ruht erstmals im Frieden der Nacht im Horst, da taucht um 21.45 Uhr der Uhu auf, verscheucht die aus dem Schlaf Aufgeschreckte, die panisch flieht.

Von nun an sind die Machtverhältnisse geklärt. Die kapitale Uhu-Lady sonnt sich sogar tagsüber in ihrem Triumph, das Speyerer-Dom-Männchen versorgt sie mit „Vogel-Futter“, und am 15. März, 18.45 Uhr, liegt das erste Ei in der Mulde. Ein zweites folgt einige Tage später und am 21., zum Frühlingsanfang, dann das dritte. Nun das große Erfolgserlebnis, ein kleines zartes Uhu-Junges wird von der Alten behütet und gewärmt. Nummer zwei und drei werden in den nächsten Tagen freudig erwartet. Stadttauben und anderes Beutegetier rund um Konkordien leben ab sofort gefährlich. Die Uhus werden schlagende Beweise für ihre Vormachtstellung im Vogelreich liefern und ihre Brut bestens versorgen.

Auf Fernmeldeturm ausgewichen

Übrigens: Das in die Flucht getriebene Wanderfalkenpaar fand ein von Rietschel hergerichtetes Quartier auf dem Fernmeldeturm. Dort landeten die Vertriebenen in letzter Sekunde, sie mit prallem Eierbauch. Jetzt liegen auch dort drei Eier im Nest.

Info: Video auf Youtube: https://bit.ly/3v7VjqG 

Uhu-Watch im Turm

  • Über den Link Uhu Konkordien kann man bei Youtube das Treiben im Turm von Konkordien verfolgen. Immer wieder stellt Peter Böcker spannende Szenen ins Netz.
  • Seit 17 Jahren beobachtet eine Kamera im Turm der Kirche das Treiben im Horst, wo seit 1994 Wanderfalken brüteten.
  • Wanderfalkenexperte Gerhard Rietschel hat das Projekt initiiert und betreut es vor Ort, Peter Böcker steuert die Kameras von Recke bei Münster aus und installiert jedes Jahr neueste Überwachungs-Technik.
  • Der Verein für Naturkunde finanziert die technische High-End-Ausrüstung.

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