Hintergrund

Mannheimer Kinos Atlantis und Odeon melden Insolvenz an

Atlantis und Odeon haben Insolvenz angemeldet. Für Besucher der beiden Mannheimer Kinos soll dies keine Auswirkungen haben. Im Gegenteil: Mit der Insolvenz sollen die Kinos in eine neue Zukunft geführt werden

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Florian Karlein
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Zwei Kinosäle gibt es im Atlantis in K 2, 32 in Mannheim. Etwa 150 verschiedene Filme laufen dort jedes Jahr. © Thomas Tröster

Mannheim. Die Atlantis Filmtheaterbetriebsgesellschaft hat Insolvenz angemeldet. Doch für Besucherinnen und Besucher der beiden Kinos Atlantis und Odeon, die das Mannheimer Unternehmen führt, soll die Insolvenz keine Auswirkungen haben, heißt es. Im Gegenteil: Mit der Insolvenz sollen die Kinos in eine neue Zukunft geführt werden. Das sind die Hintergründe.

Als Grund für den Insolvenzantrag, der bereits am 16. August gestellt wurde, nennt Erdmann Lange eine Nachforderung der MVV Energie in Höhe von rund 43 000 Euro. Die Forderung habe überrascht, erklärt der Programm-Chef der beiden Kinos.

Entstanden ist sie, weil der Energieversorger in den vergangenen 16 Jahren nur fünf Prozent des tatsächlichen Stromverbrauchs abgerechnet hat. „Trotz Zahlungsvereinbarung ist diese enorme Last für den Betrieb nicht tragbar und so blieb die Insolvenz der einzige Ausweg“, erklärt Tom Jost, der nach dem Tod des langjährigen Geschäftsführers und Gesellschafters Hans Laumann im vergangenen September vorübergehend die Geschäftsführung übernommen hat.

Hätte dem Mannheimer Atlantis der MVV-Fehler auffallen müssen?

Zwar will MVV-Sprecher Sebastian Ackermann die Höhe der Nachforderung weder bestätigen noch dementieren. Allerdings räumt er ein, dass der Fehler aufseiten des Energieversorgers entstanden ist. Im Jahr 2005 wurde ein sogenannter Wandlerfaktor nicht korrekt im Abrechnungssystem hinterlegt, so wurde dem Atlantis deutlich zu wenig berechnet.

Das Odeon in Mannheim ist die kleine Schwester des Atlantis. Auf einer Leinwand sind in G 7, 10 pro Jahr etwa 100 Filme zu sehen. © Thomas Tröster

Auf einen Großteil des zu wenig eingeforderten Rechnungsbetrags hat die MVV mittlerweile wegen einer Verjährung keinen Anspruch mehr. Das Energieunternehmen habe dem Kinobetreiber deswegen „gesetzeskonform eine Abrechnung über die letzten circa zweieinhalb Jahre seit Feststellung des Fehlers“ ausgestellt. Aber Ackermann macht deutlich: „Die MVV verwahrt sich gegen den Vorwurf, für die Insolvenz der Atlantis Filmtheaterbetriebsgesellschaft verantwortlich zu sein.“

Programmchef: „Uns hat die Forderung der MVV völlig überrascht“

Hätte dem Kinobetreiber 2005 nicht auffallen müssen, dass die Abrechnungen der MVV plötzlich um 95 Prozent eingebrochen sind? Mit den buchhalterischen und kaufmännischen Aufgaben war bis zu seinem Tod Hans Laumann betraut, sagt Erdmann Lange auf „MM“-Nachfrage. Lange, eigentlich für die Programmgestaltung und das Veranstaltungsmanagement zuständig, habe nach eigener Auskunft erst nach dessen Tod andere Aufgaben aus der Not heraus übernommen. „Uns hat die Forderung der MVV völlig überrascht“, sagt er. Ob Hans Laumann den Einbruch der Forderungen bemerkt hat oder nicht, wisse er nicht.

Jetzt jedenfalls steht die Nachforderung der MVV - und die sei für die Atlantis GmbH „wirtschaftlich nicht tragbar“, so Lange. Man habe die MVV „mehrfach hingewiesen, dass hier im Zweifel die Insolvenz droht“. Dass es Gespräche gegeben hat, bestätigen beide Seiten. So habe der Energieversorger dem Atlantis einen Ratenplan vorgeschlagen. Auf die Forderung komplett zu verzichten, sei aus „Fairness aller zahlenden MVV-Kunden“ gegenüber nicht möglich gewesen.

Insolvenz soll keine Auswirkung auf den Betrieb der Kinos haben

Die eingeleitete Insolvenz stelle keine Einschränkungen im Spielbetrieb dar, teilt das Atlantis mit. Lange wörtlich: „Unsere Besucherinnen und Besucher können sich weiter auf uns verlassen, wir wollen weiter täglich Programm anbieten. Die Kinos gehören eben zur Mannheimer DNA.“ Trotzdem gibt es für die Atlantis Filmtheaterbetriebsgesellschaft noch einen weiteren Grund, wieso die Stromkosten-Nachforderung zur Unzeit kommt. Der Insolvenzverwalter befinde sich derzeit in Übernahme-Gesprächen mit einem Investor. Die nachgeforderte Summe, so Lange gegenüber dieser Redaktion, „verunmöglicht für den Investor eine direkte Übernahme der GmbH“.

Zahlen zu Atlantis und Odeon

  • Die Atlantis Filmtheaterbetriebsgesellschaft betreibt zwei Kinos: Das Atlantis in K 2, 32 und das Odeon in G 7, 10.
  • Über zwei Säle verfügt das Atlantis, einen mit 275 Plätzen und einen mit 62 Plätzen.
  • Im Odeon gibt es einen Filmsaal mit 128 Plätzen.
  • Vergangenes Jahr wurden im Atlantis etwa 150 verschiedene Filme, im Odeon etwa 100 angeboten. Allerdings gibt es zwischen den Kinos Überschneidungen, weil manche Filme in beiden gezeigt werden.
  • Aktuell zählt die Atlantis GmbH zwei Festangestellte in Vollzeit und je nach Saison zwischen zwölf und 16 Teilzeitkräfte sowie studentische Beschäftigte.
  • Programm und Infos online unter atlantiskino.info

Lange bezeichnet die Gespräche mit dem potenziellen Investor als vielversprechend. Betreiber sollen die Planken Lichtspiele werden, die derzeit das ehemalige Cineplex auf den Planken in P 4 sanieren. Nach dem Tod von Hans Laumann sei die Atlantis GmbH wegen ungeklärter Erbschafts- und Nachfolge-Regelung in Schieflage geraten, schildert Programm-Macher Lange. „Es war ein ziemliches Drama mit einigen Wendungen in den letzten Monaten, aber jetzt hoffen wir auf ein Happy End.“ Zuletzt seien auch die Besucherzahlen spürbar gestiegen. Konkrete Zahlen will das Atlantis nicht herausgeben. Es lasse sich aber, so Lange, sagen, „dass die Kinos 2024 auf Kurs sind, das Niveau von 2019, also vor der Pandemie, wieder zu erreichen“. Auch Interimsgeschäftsführer Jost sehe nach seiner betrieblichen Aufarbeitung „eine solide Grundlage für die Zukunft“.

Von „positiven Gesprächen“ mit dem Insolvenzverwalter spricht Sven Mühlberger, Pressesprecher der Planken Lichtspiele. Innerhalb der „nächsten Wochen“ soll die Übernahme von Atlantis und Odeon abgeschlossen sein. Intensiver Kontakt zwischen den Planken Lichtspielen und den beiden Kinos sei während der Umbauarbeiten im ehemaligen Cineplex zustande gekommen. Mühlberger sagt, dass durch eine „Übernahme der Arthouse-Institutionen erhebliche Synergieeffekte gehoben werden können“. Atlantis und Odeon würden das cineastische Angebot der Planken Lichtspiele enorm ergänzen, sagt er auf „MM“-Anfrage.

Wiedereröffnung des ehemaligen Cineplex verzögert sich

Personell soll sich dann auch etwas ändern. Der Geschäftsführer der Planken Lichtspiele, Wolfgang Traber, würde Geschäftsführer der beiden Kinos werden. „Der Personalbestand wird vollständig übernommen“, heißt es weiter. Außerdem sei geplant, dass Erdmann Lange, bislang Programm-Macher im Atlantis und im Odeon, künftig auch das Programm für das neue Kino auf den Planken verantwortet.

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Dessen Umbau in P 4 läuft derzeit auf Hochtouren. Ursprünglich war die Eröffnung für diesen September vorgesehen, das wird wohl nicht klappen, bestätigt Planken-Lichtspiele-Sprecher Mühlberger: „Wir streben jetzt eine Eröffnung zum Ende dieses oder Anfang nächstes Jahres an.“

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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