Mannheim. Am späten Mittwochnachmittag wartet der Nachwuchs des Mannheimer Hockeyclubs vor dem MHC-Clubhaus schon aufgeregt auf ganz besondere Gäste, für die man ein eigenes großes „Herzlich willkommen“-Plakat in ukrainischer Sprache gestaltet hatte: Mit der Damenmannschaft des ukrainischen Clubs MSC Sumchanka erwartete man fast die komplette ukrainische Hockeynationalmannschaft - die Damen des MSC stellen das Gros des Nationalteams. Gegen 17 Uhr brachte schließlich der erste Kleinbus mit dem Geschäftsführer des Mannheimer HC, Falk Tischer, am Steuer die ersten Gäste von ihrer Unterkunft in Sandhofen ans Neckarplatt. Drei weitere Kleinbusse mit den weiteren Teammitgliedern aus Sumy sollten folgen.
Das Team aus der Ukraine wurde von den MHC-Kindern mit einem herzlichen Empfang bedacht, der nach der anstrengenden Anreise aus Italien ein erstes Lächeln in die Gesichter der Hockeyspielerinnen aus der ukrainischen Stadt Sumy zaubern konnte. „Der Impuls, den MSC Sumchanka hier aufzunehmen, kam von unseren Bundesligadamen. Im Rahmen der EuroHockey Club Trophy 2022 im italienischen Cernusco sul Naviglio vom 15. bis 18. April sind sie dem Team aus der Ukraine begegnet und haben mitbekommen, dass sie wohl nicht zurück nach Hause können. Bis jetzt waren sie mit Unterstützung des italienischen Hockeyverbandes in Bra untergebracht und nun haben wir uns ihrer angenommen“, berichtet Tischer.
Wohnen in Sicherheit
Nachdem sie nach elfeinhalb Stunden Busfahrt in Mannheim angekommen waren, wurden sie auf Wohnungen verteilt, wo sie dann auch schon mal etwas Zeit für sich hatten, bevor sie dann zum MHC gefahren sind. Dass sie in den Wohnungen auch die Verpflegung haben, die sie brauchen, dafür haben Thomas Gögel und Kerstin Arlt gesorgt, die die Aktion federführend übernommen haben. „Von der Firma Essity wurden vier neu renovierte Werkswohnungen zur Verfügung gestellt, in denen wir jetzt jeweils sechs Personen untergebracht haben“, freute sich Kerstin Arlt, dass die Aktion nicht nur beim MHC auf breite Unterstützung gestoßen ist.
„Unsere Unterbringung ist sehr gut“, findet denn auch die ukrainische Nationalspielerin Valeriia Tyshchenko. „Für uns ist es wichtig, dass wir hier sicher sind“, weiß die 24-jährige, dass Sumy derzeit kein sicherer Ort ist, schließlich liegt die Stadt im Nordosten der Ukraine nicht allzu weit von der russischen Grenze entfernt. Auch wenn das Gebiet nach der Einkesselung durch russische Truppen im März seit April wieder unter ukrainischer Kontrolle steht, war Sumy schon wieder unter russischem Raketen- und Artilleriebeschuss. Was das bedeutet, weiß Valeriia Tyshchenko genau. „Dort wo ich wohne, wurde das Nachbarhaus gegenüber getroffen, und soweit wir wissen, ist die halbe Stadt zerstört“, schwingt die Sorge um Freunde und Angehörige bei ihr mit.
Bald Rückkehr in Frieden?
„Wir versuchen jeden Tag Kontakt zu halten“, ist nicht nur Tyshchenkos größter Wunsch, möglichst bald in eine dann hoffentlich friedvolle Heimat zurückkehren zu können.
Am Mittwoch wurden die MSC-Damen von den MHC-Damen mit einem eigens vorbereiteten Abendessen verköstigt. Doch auch vom Glashaus Catering, das das Restaurant im MHC-Clubhaus betreibt, wird Hilfe kommen, berichtet Wirt René Huhle, der schon bei einer anderen Hilfsaktion für die Ukraine mit angepackt hat. „Wir haben schon im Rahmen der Hilfsaktion des Obst- und Gemüsegroßhandels Frey eine Menge Geschirr, Tische, Kleidung und 6000 Kaffeebecher gespendet und werden sicher auch für den MSC Sumchanka das eine oder andere Essen spendieren“, weiß Huhle, dass die Hilfe für die Ukrainerinnen auch mit Kosten verbunden ist.
„Wir haben im MHC eine Spendenaktion mit guter Resonanz gestartet, außerdem hat es innerhalb von vier Tagen Gelder aus dem Soforthilfefonds zugunsten ukrainischer Sportler des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gegeben“, berichtet Falk Tischer. Die Unterbringung in Mannheim sei zwar jetzt erst einmal auf vier bis sechs Wochen ausgelegt, aber zeitlich dennoch nicht begrenzt. „Die Unterkunft ist ja da. Sollten sich unsere Gäste für einen längeren Aufenthalt entscheiden, dann helfen wir natürlich bei den notwendigen Behördengängen. Sie haben auch eine eigene Kabine fürs Training und können auch den Hockeysport bei uns ausüben“, so Tischer.
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